Vector W8 Twin Turbo: US-Sportwagen-Keil versteigert

Vector W8 Twin Turbo versteigert
:
Ist der Mega-Preis gerechtfertigt?

1990 Vector W8 Twin Turbo Chassisnummer 001 © Bring a Trailer / User: Adnogal 22 Bilder

In den USA stand kürzlich ein sehr seltener Vector W8 Twin Turbo zum Verkauf. Es handelte sich um das erste Exemplar des extremen US-Sportwagens.

Kompletten Artikel anzeigen

Der Vector W8 gehört ohne Frage zu einer ganz seltenen Fahrzeuggattung: Zu den Sportwagen, bei denen selbst unerschrockene Fahrerinnen und Fahrer unwillkürlich einen Schritt zurückweichen, sobald das Garagentor aufgeht und sie der schieren automobilen Gewalt gegenüberstehen. 2,08 Meter breit und kaum 108 Zentimeter hoch, scheint der Vector W8 zähnefletschend nur auf den Versuch zu warten, ihn in Betrieb zu nehmen.

Lamborghini Countach 25th Anniversary von 1988 10:14 Min.

Die Fahrertür des Vector W8 schwingt nach oben auf, der breite Seitenschweller gemahnt ein bisschen an den Mercedes-Flügeltürer, und die eingetunnelte Sitzposition im Cockpit vermittelt ziemlich viel vom spröden Charme eines Gruppe-C-Rennwagens, der aus dem Tank heraus verdächtig nach Nitroglyzerin riecht. Der Rodeck-V8 ist quer hinter dem Fahrer installiert und verfügt über zwei Garrett-Turbolader, Trockensumpfschmierung sowie eine elektronische Kraftstoffeinspritzung und Direktzündung. Die Dreigang-Automatik ist dem Vector W8 über einen Wandler verbunden, genug Drehmoment bieten sechs Liter Hubraum ja ohnehin schon direkt nach dem Aufwachen.

"Starfighter für die Straße"

314 km/h soll der Vector W8 gehen, sagte einst sein Erbauer. Der deutschstämmige Amerikaner Gerald Wiegert, der einst für General Motors zeichnete und auch die Welt der Militärflugzeuge liebte, wollte schon zu Beginn der 70er-Jahre "einen Starfighter für die Straße" bauen. Geplant als rein amerikanische Technik-Attacke, schwebte ihm als Fernziel vor, mit dem Vector W8 sämtliche europäischen Supersportwagen zu überholen. Die Voraussetzungen dazu hatte er mit 634 PS und maximal 854 Newtonmetern.

© Oliver Rieger
Vector W8 Twinturbo Amerikanischer Traum vom Supersportwagen

Der erste Vector W8 Twin Turbo wurde im September 1990 präsentiert, auf der New York Auto Show. In den nächsten Jahren entstanden 17 Kundenautos und zwei Prototypen. Die Preise für den Wagen lagen zwischen knapp 300.000 und mehr als 400.000 Dollar. In der Technik unterschied sich der Supersportler nicht wesentlich vom bereits 1981 präsentierten Vector W2, der jedoch nie über den Status eines Prototyps hinauskam. Dessen unrühmliches Ende: Bei einer Werbeaktion des Düsseldorfer Autohauses Becker, das den Supersportler in Europa vertreiben sollte, ging der W2 spektakulär in Flammen auf, statt die ebenfalls anwesenden Ferrari-, Porsche-, De-Tomaso- und Lamborghini-Modelle beim Beschleunigungsrennen hinter sich zu lassen.

Seltene Kaufgelegenheit

Kern des W8-Monocoques ist ein Rahmen aus Chrom-Molybdän-Rohr, verbunden mit Aluminium-Honeycomb-Waben, Carbon- und Kevlarteilen. Das Chassis wiegt nur 160, die Carbon-Karosserie 45 Kilogramm. Heute gehört er zu den superseltenen Youngtimer-Exoten, die unfassbar viel Geld kosten, sollte überhaupt einmal einer in den Handel kommen. Kürzlich war es so weit: Ein Exemplar stand bei der US-Auktionsplattform "Bring a Trailer" zum Verkauf. Und zwar nicht irgendeines: Es handelte sich um das erste gebaute Kundenauto mit der Chassisnummer 001.

© Bring a Trailer / User: Adnogal

Der von Rodeck zugelieferte Twin-Turbo-V8 mit sechs Litern Hubraum liefert 634 PS und maximal 854 Newtonmeter.

Besagter Vector W8 kam ordentlich rum auf der Welt. Dem Verkäufer zufolge wurde er ursprünglich an ein Mitglied der saudi-arabischen Königsfamilie verkauft. Dieser ließ ihn direkt von der New York Auto Show in die Schweiz bringen, wo er einige Jahre verbrachte. Später ging es für die Sportwagen-Flunder zurück in die USA. Erst nach Los Angeles, wo sie der jetzige Verkäufer entdeckte, 1999 erwarb und über die Zwischenstation Arizona in den US-Bundesstaat Michigan brachte. Der W8 befindet sich nicht mehr ganz im Originalzustand: Bei seiner Odyssee wurde die Karosserie an mehreren Stellen leicht beschädigt und danach ausgebessert. Der Vector rollt inzwischen auf 17-Zoll-Rädern, die formal den ursprünglichen 16-Zöllern nachempfunden sind, die dem Auto jedoch beiliegen.

Knöpfe, Tasten, Pixelfehler

Innen präsentiert der Vector W8 ein zerklüftetes Cockpit mit optisch unpassend anmutendem Dreispeichen-Lenkrad, in dem es vor Knöpfen, Tasten und Reglern nur so wimmelt. Eine Eigenheit ist das aus einem Flugzeug stammende Digital-Display mit bernsteinfarbener Anzeige, das beim angebotenen Exemplar allerdings Pixelfehler aufweist. Doch kein Problem – ein Ersatz-Display ist im Kaufpreis enthalten. Der fiel übrigens heftig aus: Nach 49 Geboten fiel der virtuelle Auktionshammer bei 740.000 Dollar (aktuell umgerechnet gut 690.000 Euro). Als Laufleistung nannte der Verkäufer ungefähr 4.000 Meilen (knapp 6.440 Kilometer); der Zähler für die Betriebsstunden meldet deren 164.

© Car Cave SRQ
Vector M12 mit Lamborghini-V12 zu verkaufen Dieser Vector M12 war in Top Gear zu sehen

Wie es der Firma Vector nach dem W8-Projekt weiter erging? 1993 ging das Unternehmen in Konkurs, die Besitzer wechselten, rund 20 Exemplare des weiterentwickelten M12 mit Lamborghini-Countach-Motor folgten. Dann übernahm Wiegert die Marke erneut – und kündigte sofort ein 2.000-PS-Coupé mit Zehnliter-V8 an, gut für 450 km/h, rund 100 km/h mehr als beim Vector W8. Damit war wieder alles beim Alten: Kraft muss man einfach wagen, wenn auch das erneute Scheitern fast folgerichtig war.

Fazit

Der Vector W8 ist ein beeindruckender Supersportwagen mit 634 PS und 854 Newtonmetern. Er wurde 1990 vorgestellt, hat eine bewegte Geschichte hinter sich und ist extrem selten. Wenn mal ein Auto auf den Markt kommt, ist dieses folgerichtig sehr teuer. Kürzlich stand ein Exemplar bei "Bring a Trailer" zum Verkauf. Es war das erste gebaute Kundenauto mit der Chassisnummer 001 und wechselte für 740.000 Dollar den Besitzer.

Tabelle (techn. Daten)

Empfohlener redaktioneller Inhalt
An dieser Stelle zeigen wir weitere Inhalte, die den Artikel ergänzen. Mit Klick auf den Button geht es weiter zu unserer mobilen Website.

Dieser Artikel kann Links zu Anbietern enthalten, von denen auto motor und sport eine Provision erhalten kann (sog. „Affiliate-Links“). Weiterführende Informationen hier.

Meist gelesen 1 BMW patentiert Superkondensator-Hybrid Schneller laden als Tanken 2 KGM startet in Deutschland durch Das ist der neue Dacia-Rivale aus Korea 3 Aus für das Teilegutachten Eintragungen werden schwerer und teurer 4 Tirol macht dicht Erste Sperrungen ab Karfreitag 5 Internet-Meme zu Tesla Cybertruck Gab es den Ruhrkohle-Cybertruck-Container wirklich?
Mehr zum Thema Sportwagen