Gegen Tote wird nicht ermittelt. Doch in der Betrugsaffäre um gefälschte Oldtimer sind viele Fragen ungeklärt und nicht alle Verfahren enden automatisch.
Die Klassiker-Szene war von den Ermittlungen rund um gefälschte Oldtimer erschüttert. Seit den Durchsuchungen bei Kienle Automobiltechnik Ende Mai 2023 stand der weltbekannte Restaurierungsbetrieb unter dem öffentlichen Verdacht, die Fahrgestellnummern von Oldtimern gefälscht zu haben. Der Vorwurf: Betrug. Es geht um Millionen. Die Beweise sollten erdrückend gewesen sein.
Doch der Hauptverdächtige, Klaus Kienle, wurde am 1. April 2025 tot aufgefunden. Er "starb im Alter von 77 Jahren in seinem Wohnhaus in Leonberg eines natürlichen Todes", berichtet die Stuttgarter Zeitung.
Mehrere Personen am Fall Kienle beteiligt
Gegen Tote wird nicht ermittelt und sie werden auch nicht angeklagt. Strafrechtlich kann und darf Kienle nicht belangt werden. Das muss jedoch nicht heißen, dass es keinen Prozess gibt.
Denn im Fall Kienle gibt es offenbar einen Anfangsverdacht gegen weitere Personen. Auf Nachfrage erklärt die Staatsanwaltschaft: "das genannte Ermittlungsverfahren wird wegen des Verdachts des gewerbsmäßigen Betrugs geführt und richtet sich gegen mehrere Personen."
Warum ein Strafverfahren wertvoll wäre
Betrug wird laut Strafgesetzbuch mit bis zu fünf Jahren Gefängnis bestraft, in besonders schweren Fällen sind bis zu zehn Jahre Freiheitsstrafe möglich. Doch die Strafe ist das eine. Für die Szene der Oldtimer-Sammler sei eine Rechtsauffassung viel wichtiger, findet Thorsten Link, der im Fall Kienle recherchiert hat und diese Recherchen in einer Dokumentation für den SWR zusammengefasst hat. Link findet: "Wenn es zu einem Strafverfahren kommt, gibt es die Chance, Begriffe zu definieren: Was ist eine Fälschung?" Auch die Rolle von Gutachtern und Auktionshäusern zu beleuchten, sei wichtig, findet der Moderator und Autor. Im Podcast mit auto motor und sport spricht Link über die Hintergründe zur Kienle-Doku.
Bisher gab es wenige öffentliche Verfahren, in denen es um den Betrug mit gefälschten Fahrgestellnummern geht. Solche Fälle wurden bisher meist diskret mit einem Vergleich in einem Zivilverfahren geklärt. Der Vorteil liegt auf der Hand: Der finanzielle Schaden wird ausgeglichen und die Beteiligten wahren nach außen ihr Gesicht.
Fazit
Die strafrechtlichen Ermittlungen gegen Klaus Kienle werden mit seinem Tod eingestellt. Doch die Ermittlungen wegen gewerbsmäßigen Betrugs laufen weiter. Denn die Staatsanwaltschaft hat mehrere Personen unter Verdacht, Oldtimer mit gefälschten Fahrgestellnummern verkauft zu haben. In der Firma Kienle Automobiltechnik GmbH gab es neben Klaus Kienle zwei weitere Geschäftsführer und einen Prokuristen.
Klar ist aber auch: Bis zu einer möglichen Verurteilung gilt die Unschuldsvermutung. Die Lebensleistung Klaus Kienles, einen weltbekannten Restaurierungsbetrieb aus dem Nichts aufgebaut zu haben, ist bewundernswert. Auch das gehört zur Wahrheit in einem komplexen und hoch spannenden Fall, der seit fast zwei Jahren nicht nur die Oldtimerszene bewegt und Ermittler beschäftigt.
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