Mercedes 190 E 2.3-16 und 2.5-16: Probleme, Preise, Infos

Mercedes 190 E 2.3-16 und 2.5-16 (W 201)
Robuster 16-Ventiler mit Ersatzteilsorgen

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Die Mercedes-Benz 190 E 16-Ventiler, die sportlichsten Mercedes seit der Pagode und dem 300 SEL 6.3, machten plötzlich allen klar, welche Reserven im Baby-Benz stecken. Der 190 E 2.3-16 dominierte die Pisten, später wurde der Hubraum auf 2,5 Liter aufgestockt. Erzrivale BMW schob verstört den M3 nach.

Extrovertierter Mercedes für den starken Auftritt

Heute hat die Generation der etwa 40-Jährigen die überlebenden Sechzehnventiler vom Baby-Benz fest im Griff. Etwa 1.000 Mercedes 190 E 16-Ventiler sind in Deutschland vom Kraftfahrt-Bundesamt noch offiziell gelistet. Technikbegeisterte und fahrfreudige Auto-Enthusiasten wie Christoph Rieger vom 2.3-16-Club halten die Fahne dieser faszinierenden viertürigen Sportwagen hoch, für die es weder direkte Vorgänger noch Nachfolger gab.

Mercedes-Benz 190 E 2.3-16 - Motorraum
Frank Herzog

Das Vorurteil, die Mercedes 190 E-Sechzehnventiler mit dem Cosworth-Kopf seien nicht standfest, widerlegen Exemplare, die mit der ersten Maschine über 300.000 KIlometer zurückgelegt haben und immer noch problemlos laufen. Da ist das wohl ungewöhnlichste und spektakulärste Modell des Achtziger-Jahre-Programms aus Bremen und Sindelfingen ganz Mercedes. Eigentlich passte das mutige und extravagante Homologations-Modell Mercedes 190 E 190 E 2.3-16 gar nicht ins Programm der seriösen Daimler-Benz AG.

Nur 5.000 190E 2.3-16 waren geplant

Mercedes 190 E 2.3-16, Seitenansicht
Archiv

Nur 5.000 Exemplare des Mercedes 190 E 2.3-16 sollten zunächst gebaut werden. Anfangs schienen Verkäufer und Kunden überfordert, dieses exklusive Sportgerät zu begreifen. Erstaunlich viele Damen um die 40 haben ihn als lederbezogene Luxusausgabe des kargen 190er missverstanden, pardon: interpretiert. Dann rief er wiederum engagierte Sportfahrer auf den Plan, denen ein 280 E zu schwerfällig und zu langweilig war. BMW-Abtrünnige fanden im Mercedes 190 E 2.3-16 den Biss und die Fahrfreude des ersten giftigen 323i wieder. Nur die GTI-Goldkettchenfraktion konnte ihn sich erst Mitte der Neunzigerjahre leisten. Trotz seines Nonkonformismus verkaufte sich der 2,3-Liter in vier Jahren fast 20.000 mal.

Seltene späte Version 2.5-16

Viel schneller verblühte der späte Mercedes 190 E 2.5-16. Er brachte es nur auf 6.700 Exemplare, die kompromisslosen Evolution-Modelle mitgerechnet. Schon 1990 kam dieses modische Achtziger-Jahre-Auto spürbar aus der Mode. Selbst zwei zusätzliche Farben konnten dies nicht verhindern: Ein schrilles Almandinrot-Metallic aus dem Kosmetikstudio oder ein schlichtes Silbergrau ergänzten beim Mercedes 190 E 2.5-16 die Palette. Manche Firmenchefs fuhren den Edel-190er als Zweitwagen, und Mercedes-Freaks stellten ihn sich schon damals als vermeintlich renditeträchtiges Sammlerstück für Schönwetterfahrten in die Doppelgarage.

Sperrdifferenzial und Niveauregulierung

Sein Charakter trägt reichlich widersprüchliche Züge, die eine Menge Spannung erzeugen: Der Mercedes 190 E 2.3-16 war so aufreizend, aber keineswegs billig gekleidet wie ein Disco-Girl mit kurzem Lederrock und Westernstiefeln von Prada, trug aber als Make-up ausgerechnet die Rentnerfarbe Rauchsilber-Metallic. Okay, Blauschwarz gab es noch als Alternative, das rockt mehr, passt besser zur Spoilergarnitur. Als wahre Sportskanone bietet der Mercedes 190 E 2.3-16 großformatige 7x15-Zoll-Räder, ABS, ein Lamellen-Differenzial mit 35 Prozent Sperrwirkung und die aufwendige hydropneumatische Niveauregulierung hinten auf.

Mercedes 190 E 2.3-16
Archiv

Auf Wunsch gab es die ab 1987 im Mercedes 190 E 2.3-16 auch vorn. Beste Zutaten also für gute Traktion und ein neutrales Fahrverhalten mit sehr weit gestecktem Grenzbereich. auto motor und sport schrieb in Heft 18/1984 im ersten Test: "Selbst Allradantrieb macht nicht wett, was an Fahrverhalten und Fahrsicherheit in diesem konventionell getriebenen Auto steckt." Nicht zuletzt machen all diese technischen Leckerbissen den Mercedes 190 E 2.3-16 in der Preisliste so teuer wie zwei gewöhnliche 190 Vergaser.

Aus Freude am Fahren: Schaltgetriebe

Mercedes-Benz 190 E 2.3-16 - Schalthebel
Frank Herzog

Zum fahraktiven Charakter des Salonsportlers Mercedes 190 E 2.3-16 passt vorzüglich das eng gestufte Fünfgang-Sportgetriebe von Getrag. Erst bei einer Schaltdrehzahl von 7.100/min regelt der Begrenzer ab, ein Beweis für das enorme Drehvermögen des Großkolben-Vierzylinders. Die Mercedes-typische samtweiche Viergang-Automatik nutzt dieses Potenzial nicht annähernd. Es gab sie auch noch beim Nachfolger 190 E 2.5-16 bis zum Produktionsende 1993, jedoch wurde diese Option selten gewünscht.

Heißer Cosworth-Kopf für biederen M102

Ausgerechnet Daimler-Benz, die Mutter aller Autohersteller, die den Ehrgeiz hat, möglichst alles selbst zu konstruieren, bezieht den aufwendig gegossenen und akribisch fein bearbeiteten Zylinderkopf für die beiden Sechzehnventiler vom britischen Spezialisten Cosworth. Als Block dient der bewährte M102 vom 230E, der Bohrung und Hub vorgibt. Zwei obenliegende Nockenwellen betätigen die Ventile direkt über Tassenstößel. Qualitätsprobleme verzögerten prompt den Serienanlauf um ein knappes Jahr. Später wird sich herausstellen, dass die Einfachkette selbst für den Serien-230 mit 136 PS zu schwach dimensioniert ist. Der Mercedes 190 E 2.5-16 bekam deshalb eine standfeste Duplexkette spendiert. Vorgestellt wurde der Mercedes 190 E 2.3-16 schon auf der IAA 1983. Serienanlauf war erst im September 1984. Sein spektakuläres Sportdebüt gab der Sechzehnventiler, der ursprünglich als seriennahes Rallye-Auto der Gruppe B die schwerfälligen Fünf-Liter-SLC und 280 CE ablösen sollte, im August 1983 auf der Hochgeschwindigkeitsstrecke in Nardo. Drei 220 PS starke Mercedes 190 E 2.3-16 fuhren dort unter der Regie von Mercedes-Rallye-Guru Erich Waxenberger drei neue Langstrecken-Weltrekorde mit einem Schnitt von 248 km/h heraus. Später, im Mai 1984, machte er beim Race of the Champions anlässlich der Eröffnung des neuen Nürburgrings Furore.

Ayrton Senna und der Baby-Benz

Mercedes 190E 2.5-16 Evo 2 Kurt Thiim Diepholz 1990
Mercedes-Benz

Zwanzig rauchsilberne Vorserien-Sechzehnventiler kreisten im Regen auf dem frischen Asphalt des GP-Kurses. Formel 1-Piloten aus fünf Jahrzehnten lieferten sich ein heißes Gefecht. Ein brasilianischer Nachwuchsfahrer namens Ayrton Senna da Silva gewann auf seinem Mercedes 190 E 2.3-16. Viele sparen sich die spröde, wie eine Formel klingende Typenbezeichnung und sprechen seitdem ganz einfach vom Senna-Auto, wenn sie den teuersten und sportlichsten Mercedes 190 meinen. Zur Legende wurde der Sport-190 jedoch vor allem durch seine DTM-Einsätze mit Klaus Ludwig, Ellen Lohr und Kurt Thiim sowie die harten Fights mit Audi V8 und BMW M3 E30 auf teils engen Stadtkursen.

LCD-Stoppuhr und Becker Avus Cassette

Mercedes-Benz 190 E 2.3-16 - Innenraum
Frank Herzog

Die Sportsitze mit den stark betonten Seitenwangen aus Leder halten einen fest umklammert. Man fühlt sich hinter dem Lederlenkrad auf Anhieb zu Hause, wie in jedem Mercedes. Die komplett ausstaffierte Mittelkonsole des Mercedes 190 E 2.3-16, angereichert mit Ölthermometer, Amperemeter und dieser verspielten LCD-Stoppuhr, beherbergt ein simples Becker Avus Cassette. Statt sportlicher Askese wie im BMW M3 herrscht gediegener, aber funktionaler Luxus. Dieser wird perfekt umgesetzt bei diesem Mercedes 190 E 2.5-16 von 1989, dessen schwarze Voll-Leder-Ausstattung noch appetitlicher wirkt. Kein Schalter bleibt blind, keine Fläche nackt bei der Menge an Sonderausstattungen, die in das einst über 100.000 Mark teure Auto eingeflossen sind. Das Separée im Fond ist im Mercedes 190 E 16-Ventiler streng zweigeteilt, Mittelarmlehne und hohe Sitzwangen machen die Vierventiler auch zu Viersitzern.

Das Schöne am Mercedes 190 E 16V ist seine Zwanglosigkeit. Man muss hinter dem feinen Lederlenkrad nicht rasen, der bereits untenherum satt und kernig klingende Vierzylinder dreht bereits ab 1.000/min ruckfrei und kraftvoll hoch. Ein sattes Drehmoment von über 200 Newtonmetern steht schon ab 3.200 Touren zur Verfügung. Der Chauffeur kann schaltfaul bummeln oder im Ernstfall die Spaßbremse Automatik wandlern lassen, ohne Frust zu spüren.

Zu dieser gelassenen Art zügigen Fahrens passt das bei aller Sportlichkeit immer noch komfortabel abgestimmte Fahrwerk der Mercedes 190 E 16-Ventiler, die deshalb auch als schnelle Reisewagen durchgehen. Und wie alle hoch drehenden Sportmotoren sind sie auch sparsam. Nur leise sind sie nicht, das Drehzahlniveau ist hoch, aber der helle, sägende, ja fast kreischende Klang inspiriert. Natürlich macht es mit beiden Spaß, die hohen Reserven zu nutzen, oberhalb von 4.500/min gibt sich der DOHC-Motor entfesselt.

Wer bei 6.000/min schaltet, hat noch Reserven

Mercedes-Benz 190 E 2.3-16 - Heckansicht
Frank Herzog

Wunderbar linear fühlt sich die Kraftentfaltung der Mercedes 190 E 16-Ventiler an, vehement stürmt die Nadel des Drehzahlmessers vorwärts. Wer bei 6.000 Touren schaltet, hat noch Reserven, schont den Motor und kommt mächtig voran. Das ungewohnte Schaltschema des erstaunlich exakt agierenden Sportgetriebes erlaubt auf engen Landstraßen stets freudvolles Pendeln in einer Ebene zwischen dem zweiten und dem dritten Gang. Kraftvolles Herausbeschleunigen auf dem Gipfel der Drehmomentkurve macht dabei wirklich Laune.

Das exzellente Fahrwerk der Mercedes 190 E 16V tut sein Übriges, um großen Fahrspaß aufkommen zu lassen. Die Wagen liegen straff und meistern schnell gefahrene Kurven praktisch ohne Seitenneigung. Ist etwa der viel preiswertere Mercedes 190 E 2.6 eine Alternative zum 2.3-16? Der Sechszylinder ist im Alltagsbetrieb nicht viel schwächer, gibt sich jedoch deutlich kultivierter. Aber es fehlt ihm die besondere Note – und man vermisst die stilistische und technische Extravaganz. Nur die Mercedes 190 E 16-Ventiler verkörpern so brillant und authentisch den modischen Sex-Appeal der Achtzigerjahre.

Technische Daten
Mercedes 190 E 2.3-16 Mercedes 190 E 2.5-16
Außenmaße4430 x 1706 x 1361 mm4430 x 1706 x 1361 mm
Hubraum / Motor2298 cm³ / 4-Zylinder2498 cm³ / 4-Zylinder
Höchstgeschwindigkeit235 km/h232 km/h