Jaguar XK8 (X100) Kaufberatung

Jaguar XK8 (X100) 1996-2005 Kaufberatung
Sportlicher Luxus-Brite ab 8.000 Euro

Inhalt von

Die Briten sind ja nicht dafür bekannt, wichtige Entscheidungen übers Knie zu brechen. Der Brexit, für den die Monty-Python-Kollegen das schmerzhaft-lustige Drehbuch geschrieben haben müssen, oder die Never-ending-Staffelübergabe bei den Windsors seien hier nur beispielhaft genannt. Doch die Jungs von der Insel können auch anders: Kaum war der XJ-S, dieses majestätische Schiff, 18 Jahre gereift, entschloss man sich bei Jaguar 1993, einen Nachfolger auf Kiel zu legen. Und dann ging es unerwartet und, ja, reibungslos richtig flott. Genfer Salon 1996: hochgeheime Präsentation des XK 8. Im April dann: Präsentation des Cabrios in New York. Herbst 1996: Auslieferung an die Kunden.

Und weil das Bewahren des Guten und Schönen ja hochgehalten wird, lebte der XJ-S im XK8 weiter, zumindest im Verborgenen. Denn der XK steht auf der Bodengruppe seines Vorgängers, gegen den der 15 Zentimeter kürzere und wahrlich modern gestaltete Nachfolger regelecht zierlich und dynamisch wirkt.

Der bessere SL?

Jaguar XK8, Heck
Archiv

Genau so war er gedacht, denn mit dem SL R 129 feierte Mercedes ja schon einige Jahre Verkaufserfolge, und da mochte Jaguar natürlich nicht tatenlos zuschauen. Die Aufgabe, einen modernen GT zu entwickeln, der als Coupé und Cabrio gleichermaßen blendend aussieht, bewältigten die Techniker und Designer um den deutschstämmigen Firmenchef Nick Scheele mit Bravour. Und das gilt auch für die neuen Achtzylindermotoren, die in Sachen Kraftentfaltung, Laufkultur und Verbrauch auf Anhieb einen guten Eindruck machten.

Generell an eine Fünfstufenautomatik gekoppelt, ersetzte der Vierliter Typ AJ-V8 als Sauger die Sechs- und, mit Kompressoraufladung als XKR, auch die trinkfreudigen Zwölfzylinder. Zur Modellpflege 2002 wuchs dann der Hubraum um 0,2 Liter, was zu 298 statt 284 respektive 396 statt 363 PS Höchstleistung führte.

Der XKR schiebt seitdem noch heftiger an, der Sauger zieht etwas fülliger durch, doch das allein wäre kein Grund, die Vierliter zu verschmähen. Wenn’s finanziell passt, sind die 4,2-Liter des Modelljahres 2003 die bessere Wahl, weil konstruktive Schwachstellen beseitigt und ein neues Getriebe verwendet wurde.

Besser mit sechs Gängen

Jaguar XK8, Motor
Archiv

Die geschmeidige, über die J-Gate-Kulisse betätigte Automatik erhielt da nämlich sechs Gänge und gewann zudem an Langlebigkeit. Vor allem bei den Kompressorversionen zeigte sie sich bis dahin nicht immer dem hohen Motordrehmoment gewachsen. Außerdem baute Jaguar im 4.2 Kettenspanner und Gleitschienen aus Aluminium-Druckguss ein, weil die im Vierliter verwendeten Teile aus Kunststoff häufiger zerbröselten.

Viele Vierliter wurden an dieser wunden Stelle bereits umgerüstet – sie sind der bessere Kauf als ein Low-Mile-Vierliter. Weniger Sorgen muss man sich um die nikasilbeschichteten Zylinderlaufbahnen der Baujahre vor 2000 machen. Die fielen durch verstärkte Riefenbildung auf, wobei die aber nur bei Re-Importen aus den USA auftrat und auf das dort schwefelhaltige Benzin zurückzuführen ist. In Deutschland wurde dieser Kraftstoff nie angeboten – kein Grund zur Sorge also.

Sind diese Punkte vor Besichtigung und Probefahrt geklärt, gibt es nur wenig, worauf man bei diesem Jaguar besonders achten müsste. Eine Getriebeölspülung alle 100.000 Kilometer, die Jaguar wie viele andere Hersteller niemals empfahl, zeugt vom Sachverstand des Verkäufers und schafft Vertrauen. Unterboden (da gibt es vor allem bei den Cabriolets hin und wieder braune Stellen an den Verstärkungsblechen) und Radläufe sollten so rostfrei sein, wie es die ab Werk gute Vorsorge erwarten lässt. Ein genauerer Blick muss auch dem Hilfsrahmen der Hinterachse gelten.

Das Leder, das dem intim geschnittenen Innenraum mit den bequemen Sitzen gemeinsam mit dem Holzfurnier seine besonders Note gibt, ist von sehr guter Qualität. Abnutzungserscheinungen deuten auf mangelnde Aufmerksamkeit des Vorbesitzers hin. Das gilt auch für Poltergeräusche von der Vorderachse, denn Querlenker und Spurstangenköpfe verschleißen relativ hochfrequent. Wer diese Verschleißreparaturen verschleppt, spart womöglich auch anderswo an der Wartung.

Vor allem die drehmomentstarken XKR-Modelle reizen zum Ausnutzen der vielen Leistung. Es ist immer wieder beeindruckend, wie ansatzlos die Leistung unter leisem Sirren des mechanischen Laders kommt und das gewiss nicht leichte Auto voranschiebt. Bei diesen Modellen ist eine elektronische Fahrwerksregelung (Computer Active Technology Suspension, CATS) serienmäßig an Bord, die für die Sauger optional angeboten wurde. Bei der Probefahrt sollte man auf Anomalien wie verschieden sanft ansprechende Dämpfer an einer Achse achten. Sie können darauf hinweisen, dass die Regelelektronik nicht mehr arbeitet wie gedacht, was in einer intensiven und teuren Fehlersuche enden kann. Überhaupt ist es ratsam, alle elektrischen Funktionen des gut verarbeiteten XK8 zu checken, wozu beim Cabrio natürlich auch die Verdeckbetätigung gehört.

Locker gleiten, das ist es

Jaguar XK8, Cabrioverdeck
Archiv

Das Verdeck ist einer der vielen Pluspunkte des Jaguar. Der federt auf wirklich üblen Straßen oder bei schneller Autobahnfahrt zwar keinesfalls schmuseweich, wie man es von einer Katze erwarten könnte. Aber er ist wegen des robusten, mehrlagig ausgeführten Verdecks auch als Cabrio ein famoser Gran Turismo und Ganzjahresauto, das dem SL R 129 auch die beheizbare Glasheckscheibe und den erheblich besseren Geräuschkomfort voraushat. Zeitgenössische Tests attestierten dem Jaguar bei 160 oder 200 km/h um drei Dezibel geringere Innengeräusche – der Mercedes ist also subjektiv doppelt so laut.

Spricht etwas gegen einen XK8 der ersten Generation? Nein. Es gibt noch genügend gepflegte Exemplare am Markt, die in Kennerhand reifen durften und nicht verheizt wurden. Ein ordentlich gewartetes Coupé ist zum Preis eines neuen Kleinwagens zu bekommen. Die Kompressormodelle locken allein mit der Macht der PS- und Nm-Zahlen. Doch schon die Sauger bieten so viel dezenten Luxus und unaufgeregte Souveränität, dass weniger sehr schnell als zu wenig empfunden werden kann.

Der XK8 ist zuverlässig, die Ersatzteilsituation ist gut. Alles ist zu bekommen, nichts kostet unanständig viel, wie zum Beispiel bei italienischen Exoten (ja, Maserati 4200, du bist gemeint). Manchmal gelingt auf der Insel Großes auch auf Anhieb und im Zeitplan.