Am späten Kultstatus des frühen Ford Granada war der Kinofilm „Absolute Giganten“ von 1998 nicht ganz unschuldig, und auch der legendäre Aral-Werbespot mit einem spanischroten Granada 2.8i GL S als Hauptdarsteller hat daran mitgewirkt, den Kölner Straßenkreuzer wieder salonfähig zu machen. Vorher wurde der Wagen mit dem orientalisch angehauchten Spießer-Image nur wegen seiner Geräumigkeit und Robustheit geschätzt.
Den Folgemodellen Mk2 und Mk3 ging es nicht besser. Dazu kam, dass sich ihre sachliche Form in Fan-Kreisen lange als Handicap erwies. Doch dank besserer Bleche und eines Minimums an Rostvorsorge war ihre Verfallsquote nicht ganz so groß. Auch waren die späten Typen vor allem bei Rentnern beliebt, die sie mit Hingabe pflegten.
Historie: britisch-kölsche Kooperation

Die Ford-Entwicklungsabteilungen in Dagenham und in Köln machten sich ab 1968 gemeinsam daran, einen einheitlichen Nachfolger für die britischen Oberklassemodelle Zephyr und Zodiac sowie für die deutsche 17-M-/20-M-Modellreihe zu konzipieren. Eine hintere Einzelradaufhängung an Schräglenkern nach dem Vorbild des Zodiac sollte Fahrkomfort und Straßenlage der M-Modelle deutlich übertreffen. Vorn wurde die Wende von den Ford-typischen McPherson-Federbeinen hin zu Doppelquerlenkern vollzogen. Auf dem Genfer Salon 1972 feierte der neue große Ford, intern Typ MH genannt, als Consul und Granada Premiere.
Der Consul spielte im baugleichen Duo den Part des Einsteigermodells mit Vierzylindermotoren und simplerer Ausstattung, mit den Ausnahmen Consul 2300 L und Consul 2300/3000 GT. Der Granada galt anfangs als Luxusmodell; Standard war der 2,3-Liter-V6. Der GXL trug Vinyldach und getönte Scheiben, ab 1974 setzte der Granada Ghia mit Schiebedach und Automatik noch eins drauf. Ab 1975 hieß die Modellreihe ab dem 1,7-Liter-V4 nur noch Granada.
Karosserie-Varianten: Limousine, Coupé, Turnier

Beim Granada 1 gab es noch vier KarosserieVarianten: den Fastback-Zweitürer mit Hüftschwung, der 1973 zum Coupé wurde, den klassischen Zweitürer mit Stufenheck, die viertürige Limousine und den fünftürigen Kombi mit dem Kölner Traditionsnamen Turnier. Das Fastback-Coupé wurde leider 1974 im Profil begradigt, anstelle des sexy Muscle-Car-Hüftschwungs kamen funktionale Entlüftungskiemen. Bei der zweiten Granada-Serie ab 1977 entfiel das Coupé, bei der dritten Modellreihe ab Herbst 1981 verzichteten die Marketingstrategen auf den Zweitürer, der zuletzt recht unharmonisch aussah und kaum verkauft wurde. Das fili- grane Turnier-Heck der Serie 1 blieb bis 1985.
Technik: Schräglenker statt Starrachse

Die Granada-Technik war zu ihrer Zeit konservativ und fortschrittlich zugleich. Während die V4- und V6-Motoren auf den Vorgängern aus dem Ford P7 basierten und das Dreiliter-Essex-Triebwerk mit 138 PS vom Zodiac aus England kam, war die neu entwickelte Schräglenkerachse eine technisch moderne Finesse. Während Hauptkonkurrent Opel bei Rekord und Commodore weiter auf die schraubengefederte Fünflenker-Starrachse setzte, bewiesen Consul und Granada eine konstruktive Überlegenheit, die sich vor allem auf den Fahrkomfort auswirkte.
Die bestehende Schräglenkerkonstruktion des Ford Zodiac wurde völlig überarbeitet und weiter verfeinert. Nun kam nach dem offensichtlichen Vorbild des Mercedes Strich-Acht ein isolierender Hilfsrahmen zum Einsatz. Vorne wich dagegen die modernere McPherson-Konstruktion einer klassischen Doppelquerlenkerachse. „Sie ist robuster und für große, schwere Wagen besser geeignet“, schrieb Ford im ersten Prospekt von 1972. Sicherheitstechnisch war der Granada auf dem damals neuesten Stand. Definierte Knautschzonen und eine formstabile Fahrgastzelle bedeuteten einen großen Fortschritt bei der passiven Sicherheit. Als wichtigen Fortschritt gegenüber dem P7 gab es endlich eine teleskopisch verschiebbare Sicherheitslenksäule.
Motoren: kultivierte V6 mit Hubzapfen-Trick

Die sämtlich gusseiserne Motorenpalette von Consul und Granada ist mit 17 verschiedenen Triebwerken in drei Modellgenerationen sehr verzweigt, die Angebotspolitik bisweilen inkonsequent. So verschwand der einzige Reihenmotor, der 1972 im Consul eingeführte OHC-Zahnriemen-Vierzylinder aus dem amerikanischen Ford Pinto, bereits 1975 zugunsten des 2.0 V6 wieder aus dem Programm. Fünf Jahre später tauchte er als „sportliche Alternative zum betont kultivierten Zweiliter-V6“ im Granada 2 wieder auf.
Dann erschienen plötzlich die artfremden Peugeot-Dieselmotoren im Programm und den Pinto-Motor gab es ein Jahr lang sogar als mageren 1600er mit 75 PS. Lange Zeit prägten jedoch die konstruktiv verwandten Kölner V4- und V6-Motoren das Angebot. Es sind robuste, stirnradgetriebene Arbeitstiere ohne besondere konstruktive Finessen. Die Nockenwelle liegt zentral im 60-Grad-V, lange Stößelstangen betätigen über Kipphebel die Ventile. Jedes Pleuel greift an einem separaten Hubzapfen an.
Es sind daher „unechte“ V4- und V6-Motoren mit versetzten Zylinderbänken, die zusammengeklappt einen Reihenmotor ergäben. Aus dieser Tatsache bezieht der V6 seine außergewöhnlich hohe Laufkultur bis in hohe Drehzahlbereiche. Die spezifische Leistung beträgt nur 44 bis 57 PS pro Liter. Ungünstig ist die Gestaltung der Ein- und Auslasskanäle, die Verbrauch und Leistung negativ beeinflusst. Bei den Sechszylindern münden noch in den Zylinderköpfen jeweils drei Kanäle in zwei. Beim 2.8i im Granada 2 mit 160 PS wurden Ventile und Kanäle vergrößert, ab 1981 wurden wieder 150 PS angegeben, ohne dass am Motor selbst etwas verändert worden war. Im Capri 2.8 Injection leistet die intern PR genannte Variante 160 PS. Auch das wieder ein seltsamer Widerspruch in der Ford-Modellpolitik. Der Dreiliter-Essex-V6 im Consul GT und im Granada 1 stammt aus England. Bei ihm befinden sich die Brennräume in den Kolbenböden, außerdem wartet er durchweg mit Zollmaßen auf.
Fahren: Platz, Komfort, Kraft

Das gemütliche Granada-Fahrgefühl aller drei Generationen wird vom komfortablen Fahrwerk, von der angenehmen Sitzposition und vom geräumigen Innenraum geprägt. Auch die Solidität des Aufbaus spürt man am satten Türenklang. Der große Ford ist keineswegs ein Leichtbau-Auto, entsprechend gediegen liegt er auf der Straße. Der jeweilige Motor bestimmt den Grad der Fahrfreude, die nicht unbedingt leistungsabhängig ist.
Die V4-Motoren suggerieren schon über ihren eigenwilligen, brutzeligen Klang ihre demonstrative Andersartigkeit. Sie wirken jedoch angestrengt, und ihr Temperament ist bescheiden. Die Peugeot-Diesel passen nicht zum gepflegten Komfort-Charakter des Wagens. Der Zweiliter-OHC bedeutet das Existenzminimum im Granada. Die Sechszylinder sind neben ihrer sprichwörtlichen Kultiviertheit auch durchzugskräftig und leistungsstark. Hier gilt das Prinzip: Je mehr Leistung, desto souveräner die Kraftentfaltung. Der Verbrauch von etwa zwölf Litern steigt selbst beim 2.8i kaum an, weil er niedertourig im Teillastbereich arbeitet.
Ford Granada 2.3 L | |
Außenmaße | 4633 x 1719 x 1416 mm |
Hubraum / Motor | 2294 cm³ / 6-Zylinder |
Höchstgeschwindigkeit | 161 km/h |