Mercedes hört wieder auf Kundenwünsche: V8 mit Flat-Plane-Kurbelwelle bestätigt

Mercedes-AMG ersetzt den 4-Zylinder
V8 mit Flat-Plane-Kurbelwelle bestätigt

V8-Biturbo-Motor aus dem Mercedes-AMG E63
Foto: Mercedes

Mercedes korrigiert seinen Kurs und kündigt die Entwicklung eines V8-Hybridantriebs an. So bestätigt AMG, dass das neue CLE 63 AMG Coupé und Cabrio einen mild hybridisierten und per Doppelturbolader unter Druck gesetzten 4,0-Liter-V8 bekommt, der die Abgasnorm Euro 7 erfüllt. Inzwischen ist bestätigt, dass in dem V8 eine Flat-Plane-Kurbelwelle rotiert. Während bei einer Cross-Plane-Kurbelwelle die Hubzapfen in einem Winkel von 90 Grad zueinander stehen, beträgt dieser Winkel bei der Flat-Plane-Bauweise 180 Grad. Die Massenkräfte erster Ordnung gleichen sich bei einer Flat-Plane-Kurbelwelle selbst aus, da die zwei inneren und die beiden äußeren Kolben jeweils in einer gegenläufigen Auf- und Abwärtsbewegung sind. Die unterschiedlichen Beschleunigungen der Kolben bewirken aber freie Kräfte zweiter Ordnung, die nicht leicht ausgleichbar sind.

Deshalb ist die Flat-Plane-Bauweise für V8-Motoren mit geringen Hubräumen geeignet. Kleinere Hubräume ermöglichen kleinere Kolben und Pleuel, die wegen ihrer geringeren Größe leichter sind. Dies wiederum ermöglicht leichtere Massenausgleichs-Gewichte an den Kurbelwangen, was den Motor kompakt macht. Bei großvolumigen und langsam laufenden V8 ist eine Cross-Plane-Kurbelwelle von Vorteil, da sie die Massenkräfte zweiter Ordnung ausgleicht. Allerdings beschleunigt sie wegen ihrer hohen Massenträgheit langsamer, womit die Flat-Plane-Kurbelwelle für einen europäischen Sportmotor besser geeignet ist. Mercedes hat so eine Flat-Plane-Kurbelwelle erstmals beim AMG GT Black Series eingesetzt. Fans befürchten allerdings, dass der Motor nicht das geliebte V8-Bollern liefert – und fordern bereits jetzt einen Soundgenerator für den Innenraum.

8 Zylinder befeuern Emotionen

Der Antrieb könnte mindestens 585 PS leisten und soll die Enthusiasten zurückholen, die sich beispielsweise nicht mit dem Vierzylinder-Antrieb des C63 anfreunden konnten. Auch andere Modelle sollen weiter große Verbrennungsmotoren bekommen.

AMG-Chef Michael Schiebe drückt es so aus: Der C63 habe aus technischer Sicht zwar positives Feedback erhalten, aber nicht die gleiche emotionale Kraft entfaltet, wie die vorhergehenden V8-Modelle. Lange hatte man bei Mercedes gehofft, die Kunden durch umfangreiches Erklären von den deutlich effizienteren Downsizing-Antrieben überzeugen zu können. Diese Hoffnung hat sich anscheinend als ein wenig naiv erwiesen – Kunden und Händler ließ der technisch gut gemacht Vierzylinder-Antrieb kalt. Und dass die Technik den Kundenerwartungen entsprechen muss, lernt Mercedes jetzt wieder.

Zwölfzylinder bleibt erhalten

Und Mercedes hat weitere radikale Schritte angekündigt. So soll die S-Klasse ein umfangreiches Upgrade bekommen und wahrscheinlich sogar die Antriebsoption mit V12-Motor behalten. Dieser soll allerdings nur in ausgewählten Märkten verfügbar sein. Damit sind höchstwahrscheinlich finanzkräftige Regionen gemeint, in denen nicht so strenge Abgasvorschriften gelten wie in Europa – Kunden im arabischen Raum schätzen beispielsweise seit jeher hubraumstarke Luxus-Fahrzeuge.

In Deutschland dürfte der für ein Zivilfahrzeug schwer gepanzerte Mercedes S 680 Guard im Programm bleiben und der V12 geht auch an den italienischen Supersportwagen-Hersteller Pagani, der das Aggregat im Utopia einsetzt. Mercedes ist der einzige deutsche Pkw-Hersteller, der noch einen V12 im Programm hat. BMW baut seine Zwölfzylinder aktuell nur für seine Tochter Rolls-Royce.

70 Prozent Verbrenner bis 2027

Auch Mercedes kommt in Sachen Elektroantriebe gerade in der Realität an. Die Schwaben prognostizieren, dass Elektroautos bis 2027 zu 30 Prozent zu ihrem Umsatz beitragen werden. Mit einem Anteil in Höhe von 70 Prozent werden Verbrennungsmotoren die deutliche Mehrheit bei den Antrieben stellen. Für viele Verbrenner sehen die Ingenieure die Kopplung mit einem 48-Volt-System vor. Eigentlich wollte Mercedes bis 2030 rein elektrisch unterwegs sein – dieses Ziel ist anscheinend nicht mehr zu halten.

Beim Design kehrt Mercedes von der Unterscheidung zwischen Verbrenner- und Elektroantrieb ab. Die Zeit des von Fans als Seifenstück-Design empfundene Formgebung des EQS dürfte damit beispielsweise eher kurzfristig ablaufen. AMG selbst plant ebenfalls Designänderungen: Die Einstiegsmodelle sollen sich künftig optisch kräftig von den Top-Modellen unterscheiden. Was die Kunden der Einstiegsmodelle vielleicht schmerzt, dürfte die finanzkräftige Kundschaft der Spitzenmodelle freuen.