Wei Ma / Weltmeister EX5 (2018): Elektro-SUV für 15.000 Euro

Wei Ma / Weltmeister EX5 (2018)
Dieser Elektro-SUV kostet nur 15.000 Euro

Firmengründer Freeman Shen stand zuvor in den Diensten des chinesischen Autokonzerns Geely. Der wurde in Europa vor allem durch den Kauf von Volvo bekannt und hat mit Lynk & Co. seit kurzem eine zweite Marke auch in Europa am Start. Der Kauf von Volvo, das war Shens Meisterstück. Danach wurde er Vice-President von Volvo. 2015 machte er sich selbständig um selbst Autos bauen. Dazu akquirierte er hauptsächlich bei chinesischen Kapitalgebern Geld und wird wohl bald jenseits der auch bei den Konkurrenten zu beobachtenden 1,5 bis zwei Milliarden Euro landen. Ebenfalls wie bei den Konkurrenten suchte Shen in seinem Netzwerk ein internationales Team, das Design und Technik entwickelte und ließ natürlich eine neue Fabrik bauen. Der Knackpunkt dürfte der reibungslose Anlauf der Produktion sein – da müssen die Chinesen besser sein als beispielsweise Tesla, das zwar das Model 3 auf der Messe zeigte, aber aktuell kaum liefern könnte.

Elektro-SUV Weltmeister EX5 mit bis zu 460 Kilometer Reichweite

Das erste Weltmeister-SUV heißt EX5 und fährt rein elektrisch. Es gibt ihn mit drei Akku-Varianten für Reichweiten von 300, 400 oder 460 Kilometer. Um den Akku Batterie von 30 auf 80 Prozent zu laden, soll nach Angaben von WM Motor eine knappe Dreiviertelstunde reichen – bei welchem Ladestrom ist unklar. Das nicht genauer spezifizierte Batteriepaket versteckt sich, wie inzwischen üblich, im Fahrzeugboden zwischen den Achsen (Radstand: 2,70 Meter).

Der Motor treibt nur die Vorderräder an. Er leistet 160 kW (218 PS) und bringt 315 Nm maximales Drehmoment an. In der Version mit der größten Batterie soll er den SUV in weniger als 8 Sekunden auf 100 km/h beschleunigen, bei der kleinsten Batterie soll er trotz gleicher Leistung 10 Sekunden brauchen.

Der EX5 misst 4,58 x 1,83 x 1,67 Meter, liegt also etwa zwischen VW Tiguan und Tiguan Allspace. Produktionsstart war kurz vor Messebeginn (der Auto China in Peking Ende April 2018). Die Einstiegsversion hat einen 45 kWh großen Akku und soll in der Basisausstattung nur 15.000 Euro kosten (inklusive staatlicher Förderung). Damit zählt er selbst in China zu den günstigsten SUV auf dem Markt und steckt den Rahmen ab, den beispielsweise VW mit dem neuen Joint-Venture-E-SUV Sol E20X einhalten muss. Die Topversion des Weltmeister-SUV heißt EX5 Pro. Mit umfangreicher Ausstattung und 60 kWh-Batterie für die o.g. 460 Kilometer Reichweite soll er umgerechnet etwa 25.000 Euro kosten.

Weltmeister-Autos sind ständig online

Viel wichtiger aber ist, dass der Weltmeister die Gier der Chinesen nach digitalisierten Produkten und Vernetzung bedient. Wer in Peking durch die Straßen geht, sieht selten jemanden ohne Handy, selbst am Steuer ihrer Autos haben die Chinesen praktisch ständig ihr Smartphone in der Hand, über das WhatsApp-Pendant WeChat läuft nahezu jegliche Kommunikation, die meisten Unternehmen verbreiten ihre Pressemitteilungen mit zahlreichen Bildern darüber, bezahlen lässt sich auch damit (WeChat Pay). Dazu passend lautet der Claim von Weltmeister: „Always On“ – jederzeit online.

Der EX5 soll dank „künstlicher Intelligenz“ seinen Fahrer per Gesichtserkennung identifizieren. Teilen sich mehrere Personen den Wagen, soll beispielsweise jedes Familienmitglied einen eigenen Account bekommen – und schon hat der Weltmeister die Daten der Kunden, kann sie in ein eigenes Ökosystem entführen. Vorteil individueller Accounts für den Kunden: Autoschlüssel müssen nicht aufwändig getauscht werden, Einstellungen für Sitz, Musik, Telefon oder Klimaanlage kennt der EX5 schon, wenn der Fahrer einsteigt. Das Auto legt die Daten in einer Cloud und ist eben ständig online. Natürlich ist der Plan auch den nächsten Megatrend zu bedienen: Der EX5 soll nach und nach immer mehr autonom fahren können – damit die Chinesen beim zentimetergenauen Stauhopping in ihren verstopften Städten gefahrlos „always on“ sein können.

Vorerst kein Export

Europäische Autohersteller müssen die Start-ups in China genau solcher Konzepte wegen sehr ernst nehmen, denn die Anziehungskraft der Digitalisierung ist riesig. Nicht umsonst stellt VW für den Sol E20X umfangreiche Vernetzungsmöglichkeiten und einen besonders schnellen Internetzugang in Aussicht. Vor allem aber erlauben die digitalen Plattformen einen prima Schutz gegen ausländische Konkurrenz. Man denke nur an Facebook. Die Social-Media-Plattform hat weltweit mehr als zwei Milliarden Nutzer, aber die Zahl der chinesischen Nutzer dürfte sich auf die der staatlichen Kontrolleure beschränken: Facebook ist in China flächendeckend nicht erreichbar.

Einen Export seiner Weltmeister-Autos plant Firmenchef Freeman Shen aktuell nicht. „Wir konzentrieren uns zunächst ganz auf unseren Heimatmarkt China. Schließlich können wir in unserer neuen Fabrik selbst im Endausbau nur gut 100.000 Autos pro Jahr bauen“, sagte er am Rande der Präsentation auf der Auto China.

In einem zweiten Schritt könnte aber vor allem der deutsche Markt ein Ziel sein – bei dem Namen. Die aktuelle stattliche Förderung von Elektroautos in China rausgerechnet, würde ein EX5 aber hierzulande eher 30.000 Euro kosten. Dafür könnte es bis dahin auch den VW I.D. geben – kein SUV, aber ein deutsches Produkt mit mehr Leistung – und vermutlich eigenen Accounts für die Nutzer: Bei VW heißen sie I.D.

Wie aus Wei Ma Weltmeister wurde

Weil der ursprüngliche Firmen-Namen Wei Ma (was so viel bedeutet wie „prächtiges Pferd“) schon mal mit dem in China durchaus geläufigen „WM“ abzukürzen ist, kam Freeman Shen auf die Idee, sein Unternehmen „Weltmeister“ zu nennen. Das können Chinesen praktisch ohne „r“ aussprechen, liegen mit „Weltmaista“ nicht falsch und es hilft als offenkundig deutscher Begriff. Denn noch gibt es beim Ansehen der Autohersteller in China eine klare Reihenfolge: Europäische Marken stehen am höchsten im Kurs, dann folgen Importe aus anderen Ländern und danach chinesische Marken.

Deutsches Know-How im chinesischen Start-up, das gehört auch schon zum eingangs erwähnten Muster: Byton etwa hat den Ex-BMW-Baureihenleiter Carsten Breitfeld als CEO, Aiways lässt Roland Gumpert ein europäisches Zweit-Label aufbauen, auch Qoros startete mit deutschem Management.

Und Freeman Shen holte sich die Expertise des Konstruktionsdienstleisters Sinfonia Automotive – ein Unternehmen, das aus der Sportwagenschmiede Isdera hervorging, die in ab den 80ern mit eigenen Autos wie dem „Commentadore“ Aufsehen erregte.

Der neue Vorstandschef Stefan Peters von Isdera / Sinfonia lebt seit 15 Jahren in Shanghai und hat die Kundenakquise auf den dynamisch wachsenden chinesischen Markt ausgedehnt. Für Wei Ma, aka WM aka Weltmeister hat er mit seinem Team und Partnern aus dem Motorsport einen Aufmerksamkeitsmagneten aufgebaut, den „Commendatore GT“. Der Sportwagen hat natürlich Elektroantrieb. Zwei Elektromotoren, je einer an jeder Achse stellen 816 PS und mörderische 1350 Nm bereit. Die 105 kWh große Batterie ist das Highlight des 2+2-Sitzers: Sie wiegt nur 400 Kilogramm, weil ihre Zellen so in einer verklebten Karbonstruktur gepackt sind, dass jede einzeln von Kühlflüssigkeit umflossen werden kann. Mehr zu dem Elektrosportwagen gibt's hier.