Zwei Fahrzeuge rollen nebeneinander durch die abschüssigen Straßen von Downtown San Francisco: Der Toyota RAV4 von Marc Geller und eine alte Straßenbahn. Die Tram surrt geräuschvoll vor sich hin, der Elektro-Toyota gibt beim Fahren fast keinen Mucks von sich. Beide fahren natürlich mit Strom. Wie viele Meilen die Tram auf dem Buckel hat ist ungewiss, aber Marc Geller kann stolz auf den Tacho tippen. Mehr als 77.000 Meilen, umgerechnet fast 123.000 Kilometer, haben er und der Vorbesitzer des Autos schon mit dem Stromer zurückgelegt. Alles mit den Original-Batterien und ohne fühlbare Leistungseinbußen, betont Marc.
Toyota RAV4 EV ist von Brückenmaut befreit
Der Besitzer des Toyota RAV 4 EV und Berater für Solaranlagen wohnt in einem dieser hübschen viktorianischen Holzhäuschen, wie man sie aus der Fernsehserie "Die Straßen von San Francisco" kennt. Im Wohnzimmerfenster hängt ein Plakat mit dem Konterfei von US-Präsident Obama, darunter steht nur ein Wort: Hoffnung. Der RAV4 EV parkt vor einer kleinen roten Garage und ist mit Sticker-Botschaften gespickt. "Eat my voltage" lautet eine davon - friss meine Voltzahl. Am Stoßfänger prangt zudem der begehrte weiße Aufkleber "Access OK", der den Toyota RAV4 EV als Elektroauto von der Brückenmaut in San Francisco befreit. Die beträgt allein bei der Golden Gate Bridge sechs Dollar. Und selbst wenn Marc allein unterwegs ist, darf er dank des Stickers die Car Pool-Spur benutzen, die eigentlich für Autos mit mindestens zwei Personen an Bord reserviert ist.
150 Kilometer Reichweite im Elektro-Toyota genügen
Der Toyota RAV4 EV kommt mit seinen Nickel-Metallhydridbatterien rund 150 Kilometer weit. "Ich fahre selten längere Strecken, daher genügt mir die Reichweite fast immer", sagt Marc. Eine Ladung an der heimischen Steckdose dauert rund fünf Stunden. Weil der Elektro-Fan aus San Francisco seine eigene Solaranlage auf dem Dach hat, zahlt er beim Tanken nicht einmal die Stromkosten. Vor sechs Jahren hat der Amerikaner den Wagen von einem Privatmann für 38.000 Dollar gekauft. In den USA ist das viel Geld für ein Auto, bekommt man für diesen Preis doch schon einen voll ausgestatteten Wagen der oberen Mittelklasse.
Vom Think City zum Toyota RAV4 EV
Vor seinem Toyota RAV4 EV fuhr Marc den norwegischen Stromer Think City, mit dem er 60.000 Meilen zurücklegte. "Als ich den Think hatte, wollte ich einfach nie wieder Geld an der Tankstelle ausgeben", sagt Marc. Er sieht im Elektroauto auch eine gesellschaftliche Dimension. "Im Gegensatz zur Ölindustrie ist die Verteilung von Elektrizität reguliert, sie ist keinen wilden Preisschwankungen unterworfen", so der Stromer-Pilot. Die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko ist für ihn nur das Tüpfelchen auf dem i einer verfehlten Entwicklung. "Für die militärischen und diplomatischen Ressourcen, die man für den Zugang zum Öl braucht, zahlen wir zwar nicht an der Zapfsäule. Doch Öl bestimmt unsere internationalen Beziehungen und die Prioritäten der nationalen Sicherheit. Wir zahlen mit Blut und Steuern", sagt Marc. Er könne sich deshalb kaum etwas Patriotischeres vorstellen, als ein Elektroauto zu fahren.
Toyota RAV4 EV wurde fünf Jahre lang gebaut
Marcs Toyota RAV4 EV ist das Überbleibsel einer Zeit, in der der Durchbruch für Elektroautos für kurze Zeit greifbar nahe schien. Gebaut wurde der Nippon-Stromer von 1998 bis 2003. Die Japaner konnten allerdings nur rund 300 Stück pro Jahr absetzen. Der Toyota gehörte neben dem Ford Ranger EV und dem berühmten EV1 von General Motors zu den Elektroautos von damals. Bis 1998 sollten zwei Prozent aller verkauften Fahrzeuge und bis 2003 sogar 10 Prozent Zero Emission Fahrzeuge sein, also zumindest lokal keine Emissionen mehr verursachen. Durch massiven Druck von Lobbyisten und von der Autoindustrie selbst wurde das Gesetz gekippt und die ambitionierten Stromer-Programme wieder eingestampft - im Fall des GM EV1 sogar wörtlich: GM ließ fast alle der mehr als 1.000 Fahrzeuge verschrotten.
Toyota RAV4 EV war kein finanzieller Erfolg
Die Toyota RAV EV-Fahrer hatten mehr Glück, viele Leasingnehmer konnten ihre Autos dem Hersteller abkaufen. Nach Informationen des Interessenverbandes Plug-In America, der sich für die Verbreitung von Elektroautos und Hybridmodellen einsetzt, fahren von mehr als 1.500 gebauten Toyota RAV4 EV heute noch rund 800 auf Amerikas Straßen. Entsprechend froh und stolz sind die Besitzer. Von Problemen mit dem Wagen ist kaum etwas zu hören. Marc, der einer der Mitbegründer von Plug-In America ist, weiß von Toyota RAV 4 EV-Fahrern, die ihre Batterien bereits tauschen mussten. Die Kraftspender hätten aber rund 120.000 Meilen durchgehalten. Auch wenn der war, flossen Erkenntnisse über den Elektroantrieb in die Weiterentwicklung des Hybridsystems im Toyota Prius ein.
Nur ein gravierendes Problem bei hoher Laufleistung
Der Wartungsaufwand des Toyota RAV4 EV ist minimal. Marc weiß nur von einem gravierenden Problem zu berichten: Der Lüfter des Ladeanschlusses, der sich vorn am Kühlergrill befindet, versagte eines Tages seinen Dienst. Toyota habe ihm den Tausch des ganzen Anschlusses angeboten, zu einem Preis von 3.500 Dollar. Andere Elektroautobesitzer bei Plug-In America wussten allerdings Rat und halfen bei der Reparatur des Lüfters. "Letztlich hat mich das nur rund 35 Dollar gekostet", erzählt Marc.
Neuer Toyota RAV4 EV kommt ab 2012 vorerst nur in Amerika
Den neuen RAV4 EV will Toyota zusammen mit dem Elektro-Spezialist Tesla entwickeln. Details sind noch nicht bekannt, der Wagen dürfte aber leistungsstarke Lithium-Ionen-Akkus besitzen. Kaufen kann man das Auto 2012, aber erst einmal nur in den USA. Ob und wann auch die Deutschen in den rein elektrischen SUV-Genuss kommen, ist ungewiss. Marc Geller verfolgt die Entwicklung mit großem Interesse, hat sein nächstes Elektroauto allerdings schon im Auge: Er steht auf der Warteliste für den Nissan Leaf, der Ende des Jahres zu den US-Händlern rollen soll.