Die Dame am Tesla-Stand schüttelt den Kopf: „Sorry, wir sind total ausgebucht, ohne Termin können Sie nicht im Model X Platz nehmen.“ Argh. Enttäuschte Gesichter bei Redakteur und Fotograf. Dann schreitet ein Tesla-Mitarbeiter auf uns zu und gestikuliert, unter der Absperrung durchzukriechen. „Rein mit euch, aber ganz schnell!“, sagt er.
Tesla Model X als eines der begehrtesten Automobile in Genf
Diese Situation ist bezeichnend für die Begehrlichkeit, die das erste Elektro-Crossover von Elon Musk weckt – nicht nur bei der Fachwelt. Insgesamt sind bereits mehr als 30.000 Vorbestellungen eingegangen, in den USA fährt das Model X bereits medienwirksam auf den Straßen. Aber angeblich wurden bis Ende 2015 erst etwas mehr als 200 Model X ausgeliefert und lediglich 500 Stück produziert.
Das will Tesla natürlich steigern. Die Produktion des Model X sei nach anfänglichen Schwierigkeiten mit den aufschwingenden „Falcon“-Türen deutlich nach oben gefahren worden, so Tesla. Und was verbirgt sich hinter den Schwingen?

Ein Innenraum wie eine Senator-Lounge
Gut, die Fahrer- und Beifahrertüren öffnen fast ganz konventionell, der Show-Effekt bleibt größtenteils aus: Ein Druck auf die silber eingefärbte Fläche, die den Türgriff ersetzt und der Tesla gibt seinen Fahrerplatz frei.
Das stört aber nicht, denn als wir den ultra-weißen Innenraum schön bequem und fast stehend entern, fällt sofort auf, dass das Cockpit im Model X so aufgeräumt wirkt, wie wir es von einem Silicon-Valley-Unternehmen erwarten. Es kommt quasi ohne Knöpfe oder irgendwelche Kippschalter aus. Links des Lenkrads sitzt der Hebel für Blinker und Scheibenwischer, rechts der Gangwahlhebel, der offensichtlich aus dem Mercedes-Regal stammt.
Das Auge gleitet an den eleganten Lüftungsblenden entlang zum digitalen Kombiinstrument. Währenddessen rutscht der Fahrer in eine für ihn angenehme Sitzposition, fasst das samtige Alcantara auf dem Armaturenträger an und wundert sich. Wie hat Tesla geschafft, dem Model X dieses großartige Raumgefühl zu verpassen?
Das liegt einerseits daran, dass das Cockpit so faszinierend klar strukturiert wirkt. Der riesige 17 Zoll große Touchscreen sieht alles andere als deplatziert aus und trägt einen großen Teil zum scheinbaren Minimalismus im Model X bei. Auch gut: Anders als in diversen Studien wurde er vollständig in die Mittelkonsole integriert und ragt nicht ein Stück darüber hinaus.
Andererseits hat Tesla die Windschutzscheibe des Model X weit nach hinten gezogen, bis über den Kopf des Fahrers. Die leichte Tönung erlaubt heute auf der Messe, dass sehr viel Licht in den sowieso schon hellen Innenraum fällt. Ein bisschen kommst du dir vor wie in einer luxuriösen Lounge eines Frankfurter Bankengebäudes, von dem du über die ganze Stadt blicken kannst.

Tesla Model X mit drei fast vollwertigen Sitzreihen
Der gefühlte Platz begeistert auch in der zweiten Sitzreihe hinter Fahrer und Beifahrer. Auch hier sind alle Sitzplätze elektrisch verstellbar – gut für die Beinfreiheit. An Kopffreiheit mangelt es nicht, das könnte höchstens in der dritten, zweisitzigen Reihe passieren – wenn ein Passagier zwei Meter groß gewachsen ist. Die Beinfreiheit ist hier allerdings nur mittelmäßig, ungefähr so wie bei einem VW Polo oder in der Economy-Class im Flugzeug.
Aber hey: Dafür bietet das Tesla Model X auch Platz für insgesamt sieben Personen – und beschleunigt in der mehr als 130.000 Euro teuren P90D-Variante in nur 3,4 Sekunden auf 100 km/h. Und welches andere Auto kann das bieten? Ein SUV? Eher nicht. Ein Van? Ganz bestimmt nicht.
Von europäischen Herstellern wird der neue Konkurrent durchaus skeptisch beäugt. BMW-Vorstand Harald Krüger setzte sich in den Fond, aber auch die Kollgen von Daimler, Teslas Ex-Partner waren da.