Welche Autos sind betroffen?
Die Liste liest sich wie ein Spaziergang durch das Produktportfolio von Mercedes – der Fluch der Modulbauweise. Die Politik, möglichst viele Gleichteile einzusetzen, sorgt im Falle eines Falles für eine hohe Fehlerzahl. Betroffen sind die Baujahre 2012 bis 2017 der folgenden Baureihen in teils zwei Generationen (siehe auch Bildergalerie):
- A-Klasse
- B-Klasse
- CLA
- CLA Shooting Break
- GLA
- GLC
- GLK
- C-Klasse (der Generation W204 und W205)
- E-Klasse (Generation W212)
- E-Klasse Coupé (Typ C207)
Was war passiert?
Bei einer „Handvoll“ der o.g. Fahrzeuge löste der Fahrerairbag scheinbar grundlos aus. Bei den Untersuchungen der wenigen Fälle stellte sich heraus, dass dies meist bei langsamer Fahrt und stärkeren Lenkbewegungen passierte – typischerweise beim Rangieren. Und: Bei allen betroffenen Fahrzeugen war die Airbag-Warnleuchte aktiv. Sie zeigt normalerweise an, dass der Airbag bei einem Unfall nicht auslösen könnte.
Die Fehlermeldung des Airbagmoduls tritt auch auf, wenn die Durchführung der elektrischen Kontakte vom Fahrzeug ins Lenkrad defekt ist. Da im bewegten Lenkrad die Stromzuführung zur Airbagauslösung natürlich nicht via Kabel funktionieren kann, sitzt um die Lenksäule herum eine Cassette mit Leiterbahnen und im Lenkrad verschiedene Abnehmer (für die Schalter im Multifunktionslenkrad und eben den Airbag). Bei Mercedes heißt dieses Bauteil „Mantelrohrschaltermodul“. Zuweilen bekommen die Leiterbahnen darin Risse – wenn die Airbagkontakte brechen, geht die Warnleuchte an. Der Fahrer ist dann gehalten, die Werkstatt aufzusuchen. Soweit der ohnehin schon nicht besonders häufige, „normale“ Defektfall.
Bei der Handvoll betroffener Fahrzeuge kam aber ein vermutlich erheblich weiter verbreiterter Fehler hinzu: Die Erdung der Lenksäule funktioniert nicht zuverlässig. Beim Lenken werden dann statische Aufladungen der bewegten Kontakte nicht über die Erdung abgebaut, sondern können stattdessen bei der Entladung dem Airbag den elektrischen Impuls zur Auslösung übermitteln. Da der Airbag selbst einwandfrei funktioniert, sind die betroffenen Fahrer mit dem allerdings sicher gewaltigen Schrecken davongekommen.
Erdung der Lenksäule schafft Abhilfe
Die Fehlersuche war wegen der doppelten Ursache offenbar mehr als anspruchsvoll und angesichts der wenigen aufgetretenen Fehlauslösungen war die hohe Zahl potenziell betroffener Fahrzeuge überraschend.
Mercedes entschloss sich dennoch zu einem umfassenden Rückruf, der Anfang Oktober an die Sicherheitsbehörden der betroffenen Märkte gemeldet wurde. Die Halter werden angeschrieben. Beeilen sollten sich alle Mercedes-Besitzer, bei deren Auto die Airbag-Warn-Leuchte an ist.
Um die unkontrollierten statischen Entladungen zu unterbinden, werden die Lenksäulen der betroffenen Fahrzeuge geerdet – eine überschaubare Reparatur. Zeitaufwand: Etwa eine Stunde. Angesichts der vielen Fahrzeuge dürfte aber alleine das einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag verschlingen.