Mercedes F-Cell World Drive: Gestrandet im Brennstoffzellen-Auto

Mercedes F-Cell World Drive
Gestrandet im Brennstoffzellen-Auto

"Deutschland geht voran", hat die Kanzlerin gesagt, doch Deutschland sitzt schon seit der ersten Minute des F-Cell World Drive hinten auf der Ersatzbank. Vorn im Auto sitzen zwei Amerikaner und versuchen wieder einmal, der Welt das Tempo vorzugeben. Michael arbeitet für eine Internetseite in den Staaten, starrt gebannt auf den Tacho und gibt die Rekordzahlen an Beifahrer Jonny durch: "178", sagt er stolz, um gleich darauf aber zu monieren, dass danach der elektronische Begrenzer einsetzt. Immerhin hat der Schwung gereicht, um die chinesischen Kollegen zu überholen.

Vollgas bei der F-Cell World Drive

Mag ja sein, dass die im Auto mit der Nummer eins saßen, aber wer schon an der ersten Abfahrt auf der B27 das Navigationssystem nicht begreift und falsch abfährt, hat sein Recht auf die Führungsrolle bei der F-Cell World Drive offenbar verwirkt. Noch dazu, wo das speziell für die Brennstoffzellen-Weltreise entwickelte System "Tripy", doch mit Chinesenzeichen arbeitet.

Die frisch erworbene Führungsposition will Mike nicht mehr hergeben und vor allem keinen Meter "Unlimited German Autobahn" herschenken, ohne alles gegeben zu haben. Der Mann von "Auto Blog" schwärmt ausgiebig von seiner letzten Deutschland-Reise mitsamt Frau und Porsche, und so vergeht die Zeit bis Karlsruhe wie im Fluge, doch auch der Wasserstoff im Tank der Mercedes B-Klasse F-Cell hat sich erstaunlich schnell verflüchtigt.

Wasserstoff-Tank ist nach 227 Kilometern leer

Das Handy im Auto klingelt. "Wenn Sie ein Viertel oder später die Hälfte verbraucht haben; könnten Sie uns dann kurz Bescheid geben?" lautet die freundliche Anfrage von Mission Control. Vier Kilo Wasserstoff sind an Bord, ein Kilo sollte etwa für 100 Kilometer reichen. Wir können gleich mit klaren Antworten aufwarten: "Houston, wir haben da ein Problem. Unser Tank ist schon halb leer." Es ist etwas peinlich, wir sind gerade rund 100 Kilometer weit auf Höhe Baden-Baden.
 
Projektleiter Arved Niestroj gibt sofort das Kommando: "Nicht mehr schneller als 100", Michael nimmt alle Schuld auf sich und lässt Jonny von der "Auto Trend" weiterfahren. Die Durchquerung des Elsass hat etwas von Apollo 13. "Ich habe alle Systeme ausgeschaltet", sagt Mike. Ohne Aircondition und Sitzheizung geht die Reise durch das minus acht Grad kalte Frankreich, den Blick immer auf die Restanzeige. Das Tempo liegt nun bei nur noch 80. Es hilft nichts. Bei knapp 200 Gramm Restwasserstoff nach 227 Kilometern wird das Triebwerk abgeschaltet. "Wieviel ist das umgerechnet?" fragt Mike. "Weniger als ein Viertelpfünder" rechnet Jonny vor.

Chinesen stranden ebenfalls beim F-Cell World Drive 

Auto Nummer zwei des F-Cell World Drive wird blitzschnell auf einen Lastwagen geladen. Weiter geht’s im Besenwagen. 20 Kilometer weiter huscht das chinesische Auto durchs Bild, ebenfalls durch das zu hohe Anfangstempo gestrandet – 70 Kilometer vor der Tankstelle.

Die wurde provisorisch in einem Industriegebiet hinter Luneville eingerichtet und besteht aus einigen Druckflaschen-Gebinden und einem Mercedes-Transporter, der wie bei einer Schunkelparty fröhlich auf und ab wippt, weil drinnen eine dicke Pumpe den Wasserstoff  weiterbefördert. Weil die nicht ausreichend gekühlt werden kann, dauert das Tanken 20 Minuten statt drei, aber was soll’s? Wir haben schließlich 125 Tage Zeit.

Erstes Etappenziel des F-Cell World Drive in Reims

In Ermangelung deutscher Autobahnen verläuft der Nachmittag beim F-Cell World Drive durch die sonnige Champagne ganz ohne Reichweitensorgen. Um sechs leuchtet ein glutroter Feuerball das Portal der berühmten Kathedrale von Reims an. Hier wurden früher die französischen Könige gekrönt. Zur Krönung der doch noch geglückten, ersten Etappenankunft des F-Cell World Drive nach 520 Kilometern wird eine Magnum-Flasche Pommery geköpft. Michael zieht das Tagesfazit: "Das war doch schon mal ein schöner Test."