Ikuo Maeda ist Chefdesigner bei Mazda und hat einmal den Satz geprägt: "Fahrzeugdesigner lassen sich für gewöhnlich von der Modewelt inspirieren. Wir finden unsere Inspiration lieber an Orten, an denen sonst niemand sucht." Gemeint ist die Natur mit all ihrer Energie. Sie dient der aktuellen Designsprache von Mazda, die Kodo heißt, als Ideenpool. Im Kern geht es um Reduktion auf das Wesentliche, die Sensibilität für klare Formen als Statement. Da Design jedoch die eigenwillige Eigenschaft besitzt, von seinen Betrachtern höchst unterschiedlich wahrgenommen zu werden, kommt es meist zu folgenden Reaktionen: Während die einen angetan staunen, sprechen die anderen nicht darauf an.
Daher haben Autodesigner nur zwei Möglichkeiten. Entweder mit schlichten Linien und Formen zurückhaltende Blechkleider zu kreieren, die genau deswegen vielen Kunden gefallen. Weil sie nicht auffallen. Oder aber Modelle zu erschaffen, die polarisieren. Die sich mit ihren Linien auf jedem Parkplatz abheben. Und die Kritiker in zwei Lager spalten: pro und contra. Zeile liegt tiefer als in den Spalten daneben.
Traditionell anders
Mazda wählte bereits in der Vergangenheit den zweiten Weg. Beispiele sind der 121, dessen runde Karosserie alle Ecken und Kanten Anfang der 90er alt aussehen ließ. Oder der flache RX-8, der auf beide B-Säulen verzichtete und seine Fondtüren nicht nur versteckte, sondern entgegen der Fahrtrichtung aufklappte. Heute wissen wir: Er war jedenfalls dem Trend der viertürigen Coupés voraus.
Die Japaner verstanden es auch, dem MX-5 1989 so schlichte und zugleich appetitliche Formen zu schenken, dass wir ihn ewig anhimmeln werden. Aktuell sind Familiengesichter in der Autowelt angesagt – weil sie den Marken eine hohe Wiedererkennung quer durch die Klassen bescheren. Mazda macht da einen guten Job, weil man vom Kleinwagen 2 bis zum SUV CX-5 allen Modellen die Herkunft ansieht. Ohne dass es plump wirkt. Und: Dank Kodo leidet kein Familienmitglied an optischem Übergewicht. Was erkennen eigentlich die Designer in der Formensprache?
Drei Punkte werden von ihnen immer wieder genannt: Geschwindigkeit, die die aktuellen Modelle schon im Stand in Bewegung versetzen. Spannung – und zwar in jeder Linie. Sie vermittelt Dynamik, gute Proportionen und zugleich Einfachheit. Und außerdem: Verführung. Wer von Kodo angetan ist, möchte einen der Mazda haben. Und mag die anderen Modelle auch.
Hohe Anerkennung
All diese Punkte sichern Mazda aktuell einen überaus gelungenen Auftritt, für den es Topnoten bei Meinungsbefragungen der auto motor und sport-Leser gibt. Gerade wurden zudem der MX-5, der CX-3 und der 2 für die besonders gelungene Verkörperung von Kodo mit dem Red Dot Design Award geehrt. Der 40-köpfigen Jury gefiel das innovative Design, Funktionalität und Ergonomie. Die Preisfrage bei einem allumfassenden Markendesign lautet: Wie gut lässt es sich weiterentwickeln, ohne zu langweilen? Die Mazda-Designskizzen in dieser Geschichte geben da eine klare Antwort. Hoffen wir, dass der Mut dazu bestehen bleibt. Und dass die Marke an ihrem eigenständigen Auftritt festhält.

Interview mit Mazdas Europa-Designchef Kevin Rice
Wann hat heute Morgen Ihr Wecker geklingelt?Rice: Ich bin nicht der Erste im Büro, eher der Letzte. Ich bevorzuge es, in Ruhe zu Hause Energie für den Tag zu tanken und den Moment meines Eintreffens im Designstudio vorzubereiten. Daher klingelt mein Wecker in der Regel um 6.30 Uhr, was mir genügend Zeit hierfür gibt.
Rice: Natürlich mit dem Auto.
Rice: Es ist etwas schwierig für mich zu sagen, wann genau es war, vermutlich 1974. Aber ich weiß noch ganz genau was es war: ein Formel-1-Wagen. Die Umschläge meiner Schulbücher waren voll davon, zum Leidwesen meiner Lehrer.
Rice: 1994 war ich für ein Jahr in Japan und traf dort Designer von Mazda. Mir gefiel ihre Art zu designen, und als ich nach Europa zurückkehrte, war es für mich irgendwie klar, im Mazda-Designstudio in Oberursel zu arbeiten.
Rice: Ein Auto sollte viel mehr sein als ein Stück gepresstes Blech. Kodo bringt Leben ins Auto und gibt ihm eine Seele. Kodo ist Ausdruck des Gefühls der Bewegung von Großwildkatzen oder Athleten und verleiht unseren Autos diese Energie.
Rice: Kodo ist sehr flexibel, weil es eine Philosophie ist und keine 1 : 1 übertragbare Designsprache. Man kann das sehr schön sehen, wenn man den CX-3 und den MX-5 vergleicht. Wegen dieser Flexibilität können wir Kodo sehr gut weiterentwickeln. Man wird denselben Geist sehen, aber dieser kann auch auf eine andere Art zum Ausdruck kommen.
Rice: Es geht ja nicht nur darum, Wiedererkennung zu schaffen, sondern die Philosophie einer Marke zu zeigen. Einige wenige Marken haben das geschafft, und auch Mazda hat seine heutige Identität seit den 90er-Jahren gepflegt. Heute fühlen wir uns mehr denn je in der Lage, unseren erfinderischen und dynamischen Geist durch den "Signature Wing", der die Scheinwerfer mit dem Frontgrill verbindet, zum Ausdruck zu bringen.
Rice: Die gesamte Industrie verändert sich sehr schnell heutzutage. Wir haben nicht mehr den Luxus, uns Zeit zu nehmen und zu überlegen, wie sich Design entwickeln sollte. Wir müssen schneller denken und gestalten als früher. Diese Herausforderung meistert man nur mit einer nahtlosen Verknüpfung unserer drei weltweiten Designstudios.
Rice: Es gibt Zeiten, da ist es besser, eine Designrichtung zu pflegen und nur geringfügige Änderungen vorzunehmen. Es gibt aber auch Zeiten, in denen umfangreiche Eingriffe notwendig sind. Man muss wissen, wie andere dein Design wahrnehmen, um zu erkennen, wann welche Änderungen nötig sind. In der Geschichte des Autodesigns sind große Veränderungen eigentlich immer durch technische Innovationen ausgelöst worden. Radikale Designveränderungen ohne gute Gründe wirken allzu oft unnatürlich und sind selten erfolgreich. Mazda hat in den letzten Jahren solch einen radikalen Wandel beim Design durchlebt, der in einem direkten Zusammenhang mit der Skyactiv-Technologie steht und uns ganz andere Proportionen ermöglicht hat.