Ford Granada als Traumwagen: Das Auto meiner Jugend

Traumwagen Ford Granada
Das Auto meiner Jugend

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Grundsätzlich gibt es im Wesentlichen zwei Gründe, sich einen bestimmten Klassiker in die heimische Garage zu stellen: Entweder, um sich einen lang gehegten Traum oder Jugendtraum zu erfüllen - dann reden wir zumeist von den üblichen Ikonen wie E-Type oder Elfer. Oder man möchte das Auto wieder, mit dem man als Heranwachsender mehr oder minder aufregende Dinge erlebt hat - und hofft, sich damit ein Stück Jugend zurückzukaufen.

Mit einem Ford Granada in die Vergangenheit fahren

Einen Elfer habe ich schon, womit das Thema Traumwagen/Ikone bestens bedient wäre. Nun wäre es schön, mit einem Ford Granada ein wenig in die eigene Vergangenheit zu fahren. Ein im Grunde baugleicher Consul war als Schüler mein erstes Auto, lackiert in einem luftigen Blaumetallic, wovon vermutlich meine heimliche Vorliebe für blaue Autos herrührt, da muss ich mal meinen Therapeuten fragen. Unter der tischtennisplattengroßen Motorhaube grummelte ein 1,7-Liter-V4, der eher trotzig 75 PS bereitstellte und die rund 1,3 Tonnen Stahl auf immerhin knapp 150 km/h wuchtete.

Dem Ford Consul folgten bald mehrere Granada, manche gab es geschenkt und brauchten ein wenig Arbeit, der teuerste kostete 500 Mark und besaß noch eineinhalb Jahre TÜV. Bis Studienbeginn hatte ich so ziemlich alle Motorvarianten durchprobiert, nur einen brauchbaren 2.8i habe ich nie gefunden, der war damals schon selten. Die meisten Exemplare jedenfalls wurden von dem Zweiliter-V6 mit 90 PS angetrieben, der eigentlich gar kein V-Motor ist, sondern ein Boxermotor mit 60 Grad Zylinderwinkel, weil jedes Pleuel seinen eigenen Hubzapfen besitzt.

So groß war sonst kein Schülerauto

Dieser Graugussklotz im Ford Granada war zwar kein Sportler, doch mit 90 PS war man einigermaßen gelassen unterwegs, außerdem zeigten sich die Dinger fast unkaputtbar und im Zweifel einfach zu reparieren, was für die gesamte damalige Ford-Technik gilt. Spritverbrauch? Zehn bis zwölf Liter, gar nicht so dramatisch. Ich habe nie verstanden, warum meine Mitschüler irgendwelchen windigen Fähnchenhändlern Unsummen in den Rachen warfen für anfängertaugliche, sparsame kleine Kisten, die dauernd kaputt waren und nach spätestens zwei Jahren auf dem Schrott landeten.

Ein Ford Granada war zudem nicht nur robust und günstig, sondern vor allem groß, sehr groß: Nirgendwo sonst hatten fünf Leute mehr Platz, und auf Fahrten quer durch halb Europa oder nach Konzerten konnte man problemlos in der Kiste pennen. Ein großartiges Auto. Irgendwann aber begann der Nachschub zu versiegen - damit endete meine Granada-Phase. Den 1977 eingeführten, kantigen Nachfolger Ford Granada II mochte ich nie.

Ein Vierteljahrhundert später, mit Mitte 40, würde ich gerne wieder mit einem Ford Granada fahren, doch die großen Schiffe sind längst ausgestorben. Der Versuch, einen privaten Wagen für eine Probefahrt aufzutreiben, schlägt fehl, zum Glück hat Wolfgang Laufer von Ford Classic Cars ein Exemplar in seinem Bestand.

Blick über die unendlich lange Motorhaube

Ich bin ziemlich aufgeregt, viel mehr als vor dem Track-Test mit einem unersetzlichen Rennwagen: Kann man wirklich in die eigene Jugend zurückfahren?  Man kann, zumindest ein bisschen. Der V6 des Ford Granada startet wie gewohnt mit wenig Gas und klingt immer noch samtig, nach wenigen Metern sind die alten Bewegungsmuster wieder da: Weich Kuppeln und Schalten, weil sonst das Spiel im Antriebsstrang Lärm macht; mit der gefühllosen Lenkung kräftig einlenken und mit Gas ums Eck, weil das Ding sonst furchtbar untersteuert. Es ist herrlich, und die 90 PS genügen vollauf im heutigen, stark reglementierten und überwachten Verkehr. Die Bremsen hatte ich gar nicht so gut in Erinnerung, das Vierganggetriebe schaltet gewohnt präzise.

Das Beste aber ist im Ford Granada wie damals der Blick über diese unendlich große Haube, die ich damals am liebsten nach Südfrankreich richtete. Vielleicht sollte ich jetzt einfach über die Route Nationale 86 entlang der Rhône nach Süden steuern, zum perfekten Glück würden mir allerdings ein Schiebedach, ein Drehzahlmesser und ein wenig Musik fehlen. Doch wer heute einen Ford Granada I will, darf nicht allzu wählerisch sein, es gibt eben kaum noch Überlebende. Im Keller habe ich kürzlich einen längst vergessenen Satz passender Felgen entdeckt - das wäre doch schon mal ein Anfang.

Technische Daten
Ford Granada 2.0 L
Außenmaße4572 x 1791 x 1416 mm
Hubraum / Motor1988 cm³ / 6-Zylinder
Höchstgeschwindigkeit158 km/h