F1 Vorschau GP Singapur 2011: Zweite WM-Party unter Flutlicht

F1 Vorschau GP Singapur 2011
Zweite WM-Party unter Flutlicht

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Eigentlich ist es unwahrscheinlich, dass Sebastian Vettel schon in Singapur Weltmeister wird. Selbst wenn der Red Bull-Pilot im Stadtstaat seinen neunten Grand Prix gewinnt, müsste Vorjahressieger Fernando Alonso das Podium schon komplett verpassen. Mark Webber und Jenson Button dürften zumindest nicht Zweiter werden. Diese Konstellation ist in dieser Saison erst zwei Mal aufgetreten (Melbourne und Barcelona).

Doch würden Sie momentan wirklich gegen Vettel wetten? Der Weltmeister hat einen Lauf wie kaum ein Fahrer zuvor. Mit insgesamt 284 WM-Punkten hat er sein Vorjahresergebnis bereits jetzt um 28 Zähler übertroffen. Sechs Rennen hat Vettel nun Zeit, die Rekordbücher neu zu schreiben. Will er Schumachers Bestmarke für Siege in einer Saison knacken, müsste er noch fünf Mal als Erster die Ziellinie kreuzen. Besser stehen die Chancen auf den Pole-Position-Rekord von Nigel Mansell. Hier fehlen noch vier Trainingsbestzeiten.

In Singapur hat Vettel allerdings noch nie gewonnen. Aber das galt zuvor auch schon für Spa und Monaco. An Flutlicht hat der Heppenheimer zudem gute Erinnerungen. Als zuletzt in Abu Dhabi die Sonne hinter dem Horizont verschwand, feierte Vettel 2010 seinen ersten Titel. Zehn Monate danach könnte es wieder eine WM-Feier bei künstlicher Beleuchtung geben. Weil das gesamte Fahrerlager im europäischen Zeit-Rhythmus bleibt, würde eine mögliche Meisterparty wohl erst weit nach Sonnenaufgang enden.

Die Strecke: Singapore Street Circuit

Der 5,073 Kilometer lange Kurs im Stadtteil Marina Bay führt die Piloten zu 70 Prozent über öffentliche Straßen. Entsprechend gering ist der Grip auf dem Asphalt. Der tägliche Regenguss verhindert, dass sich eine klebrige Gummischicht auf der Ideallinie bilden kann. Die vielen Bodenwellen machen den Ritt durch den Leitplankendschungel für die Piloten zur Tortur. Als wären Temperaturen von über 30°C und eine Luftfeuchtigkeit auf Sauna-Niveau nicht schon anstrengend genug.

Viele Stellen zum Ausruhen gibt es auf dem winkligen Stadtkurs mit seinen 23 Kurven nicht. Auch Überholmöglichkeiten sind Mangelware. Nur zwölf erfolgreiche Manöver zählten die Statistiker in den letzten beiden Jahren zusammen. Man darf gespannt sein, ob der bewegliche Heckflügel daran etwas ändert. Die Aktivierungszone liegt auf dem schnellsten Abschnitt der Strecke zwischen den Kurven fünf und sieben. Die Gefahr, dass ein Angriff schief geht, ist hoch. Auslaufzonen gibt es kaum. Ausrutscher enden zumeist in der Leitplanke. Bisher musste in allen Singapur GPs mindestens ein Mal das Safety-Car ausrücken.

Das Singapur-Setup:

Die Stop-and-Go-Charakteristik der Strecke führt in Verbindung mit den hohen Außentemperaturen zu einer hohen Bremsbelastung. Entsprechend groß müssen die Belüftungshutzen dimensioniert sein. Auch die Bremsbalance ist wichtig. Ein stabiles Auto in den Bremszonen bringt Vertrauen und Zehntel auf der Uhr.

Auch die Einstellungen des Flügelwerks ist in Singapur extrem. Maximaler Abtrieb wird verlangt. Top-Speed ist zweitranging. Das Fahrwerk muss weich und hoch eingestellt werden, um die Bodenwellen und die Kerbs abzufedern und ein Aufsetzen zu verhindern. Aus den langsamen Kurven ist zudem eine gute Traktion gefordert. Wegen des hohen Spritverbrauchs sind die Autos am Start vollgetankt und sehr schwer.

Die Updates:

In Singapur beginnt der Endspurt in der Saison. Sechs Überseerennen mit viel Reisestress stehen bis zur Winterpause auf dem Kalender. Wegen des engen Zeitplans setzen viele Teams in Singapur ihr letztes Update in dieser Saison ein. Fast alle Autos bekommen neue Teile verpasst. Wegen des hohen Abtriebs werden im Freien Training vor allem neue Unterböden und Diffusoren (Williams, Lotus, HRT) getestet. Die meisten Teams wollten allerdings noch nicht verraten, was genau geplant ist.

Die Favoriten für den GP Singapur

In diesem Jahr haben sich die Stärken und Schwächen der Teams etwas umgekehrt. Red Bull schien zuletzt Vorteile auf schnellen Strecken zu besitzen. Wenn mehr Abtrieb verlangt war, mussten Vettel & Co. um den Anschluss kämpfen. Bei den heißen Temperaturen und den sehr weichen Reifenmischungen (soft & super soft) dürfte Ferrari auf dem Papier die besten Karten besitzen. Allerdings ist Lewis Hamilton auf Stadtkursen immer besonders motiviert und nicht zu unterschätzen.

Hinter den drei Top-Teams hatte zuletzt Mercedes das schnellste Auto. Renault zeigte auf langsameren Strecken dagegen deutliche Schwächen. Das könnte die Chance für Force India sein, Punkte in der Teamwertung aufzuholen. Aber auch Toro Rosso war zuletzt ein beständiger Kandidat für Top Ten-Resultate. Sebastien Buemi und Jaime Alguersuari blasen nun zum Angriff auf Sauber.

Im Hinterfeld wird es spannend, wie gut sich das große Virgin-Update auf einer High-Downforce-Strecke wie Singapur bewährt. Die ersten Ergebnisse aus Monza waren vielversprechend. Insgeheim hofft Timo Glock auf ein Chaosrennen. Mit einem zwölften Platz könnte er den Spieß gegen HRT und Lotus noch umdrehen und Platz zehn im Konstrukteurspokal erobern.

Expertenmeinung: James Key (Technikchef Sauber)

"Nach Spa-Francorchamps und Monza, die beide für sich einzigartige Strecken sind, folgt in Singapur nun erneut eine spezielle Strecke. Es ist ein langer, kurvenreicher Straßenkurs, der zudem ziemlich holprig ist. Man benötigt guten mechanischen Grip. Die Traktion und die Bremsstabilität sind ebenfalls sehr wichtig. Der Kurs beansprucht die Bremsen sehr stark. Wir werden mit hohem Abtrieb fahren, und wir werden intensiv an der Optimierung der mechanischen Haftung arbeiten.

Pirelli wird die weichen und superweichen Reifen zur Verfügung stellen, die gleichen Mischungen, die wir in Ungarn hatten, und die uns besser liegen sollten als die Mischungen bei den vergangenen beiden Rennen. Bei der Abstimmung des Autos werden wir insbesondere darauf achten, dass Bodenwellen und Randsteine gut absorbiert werden. Wir haben in Monza erstmals neue Motorkennfelder getestet und werden diese jetzt für das kommende Rennen weiter optimieren. Trotz DRS wird das Überholen in Singapur schwierig, deshalb werden die Startpositionen und die Strategien besonders wichtig sein."

So lief das Rennen im Vorjahr - GP Singapur 2010:

Die Frage nach dem Sieger war 2010 schon in der ersten Kurve entschieden. Fernando Alonso erwischte im Kampf gegen Sebastian Vettel den besseren Start und blockte anschließend 61 Runden lang jeden Angriff des Deutschen ab. Mit 29 Hundertsteln Rückstand blieb Vettel nur Rang zwei. Dahinter sorgten verschiedene Reifenstrategien und zwei Safety-Car-Phasen für mehr Spannung. Mit einem riskanten frühen Stopp zog Mark Webber das große Los und sicherte sich am Ende Rang drei vor Jenson Button. McLaren-Teamkollege Lewis Hamilton schied nach einer Kollision mit Webber aus.

In unserer Fotogalerie haben wir noch einmal die besten Bilder aus dem Vorjahr.