Ach, wie bequem ist es, einen Sündenbock zu haben. Schuld an stetig steigenden Emissionswerten haben natürlich die großen fetten SUV. Klar, oder? Naja – ganz so einfach ist es nicht. Rund um das Thema CO2 und Flottenverbrauch gibt es jede Menge Irrtümer, die sich hartnäckig halten. Zeit für uns, da ein bisschen klar Schiff zu machen.
Tatsache ist, dass 2005 in Europa der durchschnittliche CO2-Ausstoß – also alle zugelassenen Autos zusammengerechnet – pro Kilometer 161 Gramm betragen hat. Im Jahr 2016 waren es nur noch 118 Gramm, und das, obwohl der große SUV-Boom zu dieser Zeit längst in vollem Gange ist. Gemessen wurde hier zwar im NEFZ-Zyklus, doch dass Ausstoß und Verbräuche nach unten gegangen sind, zeigt sich dennoch. Und seither? Gingen die Werte wieder nach oben, aber sind hier wirklich SUV als Schuldige zu benennen? Wohl eher die Diesel-Krise, denn die hat dazu geführt, dass weniger effiziente Benziner vom Händler-Hof gerollt sind. Klar ist zwar auch, dass ein großer SUV wegen seines Gewichts und der vergleichsweise ungünstigen Aerodynamik gerade als Benziner mehr verbraucht. Doch es wäre falsch zu behaupten, dass das Fahrzeugsegment einzig und allein ausschlaggebend für einen höheren Durchschnittsverbrauch ist.

Leichtbau sonst Strafe?
Führt der von der EU beschlossene Flottenverbrauchs-Grenzwert von 95 Gramm CO2 pro Kilometer nun dazu, dass die Hersteller nur noch kleine und leichte Fahrzeuge bauen? Nein, denn diese Zahl greift nur dann, wenn die Autoflotte eines Herstellers im Schnitt pro Auto 1.372 Kilo wiegt. Das ist das durchschnittliche Gewicht der zwischen 2014 und 2016 in der EU verkauften Automobile. Sind die Fahrzeuge eines Herstellers im Schnitt schwerer, gibt es einen CO2-Bonus. Dafür wird die Differenz aus aktuellem Flottengewicht und durchschnittlichem Flottengewicht mit dem Faktor 0,0475 multipliziert. Ein Beispiel: Der Hersteller Jaguar Land Rover (JLR) muss nicht 95, sonder 130 Gramm als Grenzwert einhalten. Bei BMW und Mercedes sind es 102 Gramm.
Ohnehin sind 95 Gramm CO2 pro Kilometer eine drastische Ansage. Zur Erfüllung müssten die Benziner eines Herstellers auf einen Durchschnittsverbrauch von 4,1 Litern auf 100 Kilometer kommen, die Diesel auf 3,6 Liter. Allerdings muss zur Relativierung abermals angemerkt werden, dass es sich hier um NEFZ-Werte dreht, und keine Verbrauchswerte aus der echten Verkehrs-Welt.

Unfaires Strafmaß
Sind nun die Strafzahlungen angemessen? 95 Euro Strafe werden pro Auto und pro Extra-Gramm CO2 fällig. Damit steht JLR eine Rechnung in Höhe von 93 Millionen Euro ins Haus. Ein teurer Strafzettel, doch noch kein Vergleich zu dem, was VW erwartet, denn deren Flotte ist ungleich größer. Als Zielwert stehen 96 Gramm CO2 pro Kilometer auf dem Tableau. Analysten zufolge wird Volkswagen diese Grenze um 13 Prozent verfehlen, was mit einem "Bußgeld" von rund 4,5 Milliarden Euro geahndet wird. Für ein Auto kostet so eine Tonne Überschreitungs-CO2 also 475 Euro. Vor dem Hintergrund, dass im Zuge der geplanten CO2-Steuer pro Tonne CO2 Beträge zwischen 20 und 180 Euro kursieren, wirken die Strafen im Automobil-Sektor doch reichlich drakonisch. Zumal dort ja bereits beim Kauf des Treibstoffs CO2 besteuert wird.
Um Schadensbegrenzung zu betreiben, gibt es für die Hersteller noch ein paar Kniffe und Maßnahmen, um den Flottenverbrauch nach unten zu drücken. Welche das sind, und welche weiteren Irrtümer rund um CO2 durch die Weltgeschichte emittieren, erfahren Sie im Video.