Pünktlich zur IAA, auf der Bentley den Bentayga als Weltpremiere enthüllt, lüftet die britische Luxusmarke für uns den Vorhang. Zum Vorschein kommt der derzeit zweifellos exklusivste SUV der Welt, wie man es von Bentley auch erwarten durfte - sofern man sich mit der Vorstellung abgefunden hat, dass überhaupt ein solches Fahrzeug die heiligen Hallen von Crewe verlässt.

Bentley Bentayga mit 608 PS
Obwohl sich der Bentley Bentayga (zum Fahrbericht Bentley Bentayga) auf der Technikseite viele Teile aus dem Konzernbaukasten ausleiht, ist er dennoch ausgesprochen eigenständig. Und wuchtig. 5,14 Meter von einem Ende bis zum anderen, die Waage bleibt bei 2,4 Tonnen Leergewicht stehen. Doch vor übertriebener Behäbigkeit brauchen sich die künftigen Bentayga-Besitzer nicht zu gruseln, dem Blechgebirge steht ein mindestens ebenso imposanter Antrieb zur Verfügung. Der W12-Zylinder mit 5.998 Kubikzentimeter Hubraum entfesselt 608 PS und lässt 900 Newtonmeter Drehmoment auf die Achtgang-Automatik von ZF los.
Diese Leistungsorgie mündet in spektakulären Zahlen: 4,1 Sekunden für den Nullhundert-Sprint und eine Höchstgeschwindigkeit von 301 km/h vermeldet das Datenblatt. Die versprochenen 12,8 Liter Durchschnittsverbrauch sind dabei dann nicht ganz so ernst zu nehmen. In jedem Fall macht der W12 den Bentley Bentayga zum derzeit schnellsten und stärksten Serien-SUV auf dem Planeten.
Das Bentayga-Gesicht mit Rundscheinwerfern und zwei kleineren Leuchtkränzen daneben ist unverwechselbar geraten, am Heck versucht ein ausgeprägter Bürzel und die chromgeränderten Rückleuchten, Exklusivität zu erzeugen. Viel wichtiger jedoch als die ehrfurchtgebietende Karosserieform ist der Innenraum, in den sich die Bentley-Besitzer künftig kuscheln dürfen.
Als Viersitzer mit ultimativem Komfort
Der Bentley Bentayga ist zwar als Fünfsitzer verfügbar, in der Viersitzer-Konfiguration jedoch exklusiver, um auch im Fonds höchsten Komfortlevel zu erlauben. Holz und Leder (15 Farbtöne sind wählbar) dominieren den Innenraum, untermalt von Chromumrandungen. An den Sitzwangen und den Türverkleidungen ist das Leder abgesteppt, glänzendes Wurzelholz zieht sich rund um die Passagiere.
Ein großes Achtzoll-Display für das Multimediasystem, das mit einem 60-GB-Laufwerk bestückt ist, zeigt eine Reminiszenz an die Neuzeit. Für die hinten reisenden Passagiere hält der Bentayga das neue Bentley Entertainment Tablet bereit, mit 10,2-Zoll-Bildschirm und Internet-Zugang. Drei verschiedene Soundsysteme mit bis zu 1.950 Watt Leistung sind verfügbar, die mit 18 Lautsprechern Schwung in die Frisur bringen.
Die Armaturenlinie mit den an beiden Seiten erhobenen Rundungen soll den klassischen "Bentley-Flügel" nachformen. Die Vordersitze sind 22-fach verstellbar, neben einer Sechsfach-Massagefunktion und Klimatisierung lässt sich auch die Polsterhärte individuell einpegeln. Hinten warten bei der Einzelsitz-Konfiguration 18-fach verstellbare Sitze mit ausfahrbarer Fußstütze und Massagefunktion auf die beiden Passagiere. Weil Bentley-Kunden eher selten in Bau- und Möbelmärkten einkaufen, teilt hinter den Rücksitzen eine solide Trennwand den Laderaum ab für den die Briten maßgeschneidertes Gepäck anbieten. Wichtig bei Pferderennen und sonstigen gesellschaftlichen Ereignissen im Freien ist die optionale, aus dem Laderaum klappbare Sitzbank.
Bentley Bentayga mit dem neuen Konzern-W12
Der neue W12-Motor ist laut Bentley 11,9 Prozent effizienter als der Vorgängermotor und wird mit einigen Tricks auf Diät gesetzt. In den höheren Gängen ab der fünften Stufe wird er im Schiebebetrieb vom Getriebe abgekoppelt, um den Bentayga "segeln" zu lassen. Das Start-Stopp-System stellt den Motor bereits bei niedrigem Tempo, etwa beim zurollen auf eine Ampel, vorzeitig aus. Wird nicht die ganze Kraft des W12 benötigt, können sechs Zylinder abgeschaltet werden – inklusive der Ventilsteuerung.
Für Kunden, die den Bentayga auch offroad einsetzen wollen – was zumindest im arabischen Raum gar nicht so unwahrscheinlich sein dürfte – hält Bentley ein Offroad-Paket bereit, mit dem zusätzliche Einstellungen für die Antriebs- und Traktionselektronik möglich sind. Eine Bergabfahrkontrolle lässt sich bis zu einem Tempo von maximal 30 km/h einpegeln, im Offroad-Modus zeigt das Info-Display Daten wie die Schräglage oder die Fahrwerksverschränkung. Das Luftfederfahrwerk lässt sich in vier Stufen in der Höhe verstellen. Zusätzlich kann mit einem Schalter im Laderaum nur das Heck abgesenkt werden, um den Zugang zum Gepäck zu erleichtern.
Zum Verkaufsstart mit Picknick-Option
Weil ein Bentley ein Bentley ist, kommt auch der Bentayga mit Individualisierungsmöglichkeiten bis zum abwinken. 90 verschiedene Farbtöne für die Lackierung sowie je 15 unterschiedliche Holz-, Leder- und Teppichvarianten können ausgesucht werden. Falls das noch nicht genügt, halten die Veredler von Mulliner weitere Optionen bereit. Mulliner steuert zur Markteinführung des Bentley Bentayga auch einen exquisiten Picknick-"Korb" mit Kühlschrank, Porzellangeschirr und Kristallgläsern bei, aus dem sich auch noch zwei Sitzmöbel zaubern lassen. Eine solche Option hatte Bentley bereits bei der Studie EXP 9 F vorgestellt.
Die Auslieferung des Bentley Bentayga soll Anfang 2016 starten, es gibt zum Marktstart noch eine Sonderedition auf 608 Exemplare limitiert. Preise wurden noch nicht genannt. Dafür wird in Medien bereits der erste Käufer des Bentayga kolportiert. Das erste Modell soll nach Angaben von Bentley USA-Boss Michael Winkler an die Queen gehen, die den SUV als Jagdwagen für ihre schottischen Liegenschaften nutzen möchte. Wir sind zwar nicht die Queen, dafür durften wir im Luxus-SUV bereits jetzt schon einmal Probesitzen.
SItzprobe Bentley Bentayga
Jetzt ist es soweit, jetzt darf keine Kontrollleuchte mehr brennen, wenn der W12-Motor säuselt, und die hübsch eingefassten Not-Aus-Schalter sind auch verschwunden: Zwischen dem letzten Treffen und heute verlor der Bentley Bentayga seinen Prototypen-Status. Die Tarnung ist weg, das Interieur auf dem Serienstand – und erstmals zu sehen. Dass der 608 PS starke SUV auf dem Audi Q7 basiert, wissen inzwischen die meisten. Falls nicht: An den Lenkstockhebel verrät der Bentley dann doch die Basis, wenngleich die Bedienelemente hübsch glänzen. Was soll’s, der Continental gibt ebenfalls an der einen oder anderen Stelle seine VW Phaeton-Basis Preis, dem Erfolg schadet das bis heute allerdings nichts. Und bezüglich des Bentayga macht Markenchef Wolfgang Dürheimer eine ganz eigene Rechnung auf: "Unsere Kunden besitzen durchschnittlich acht Fahrzeuge, zwei davon sind ein SUV – bislang natürlich kein Bentley. Wir haben rund 78.000 Bestandskunden, an die wollen wir nun zuerst ran“.
Bis zu 4.000 Fahrzeuge kann Bentley vom Bentayga pro Jahr produzieren – alle in Crewe, alle mit der markentypischen Detailverliebtheit, vor allem bei der Verarbeitung von Holz und Leder. Dazu prägen schwere, wie aus dem vollen gefräste Lüftungsdüsen und das klassische, flügelförmige Design das Cockpit, lassen keinerlei Gemeinsamkeiten mit anderen Modellen des Volkswagen-Konzerns erkennen. "Die Spalten sind bis zu 0,3 Millimeter schmal, und die Aluminium-Elemente, die beispielsweise die Bedienung der Klimaautomatik umrahmen gerade einmal 1,5 Millimeter dick“, erklärt Rolf Frech, Entwicklungschef von Bentley, stolz. Unterm Blech stecken übrigen 90 Steuergeräte, also doppelt so viel wie beim Continental, verrät Frech. Über wie viele Jahre hinweg die wohl alle fehlerfrei miteinander kommunizieren? Nun ja.
Das Cockpit jedenfalls wirkt wie für die Ewigkeit gemacht, die üppigen Einzelsitze im Fond ebenfalls. Dadurch, dass sie im Vergleich zum Q7 entlang den hinteren Radläufen etwas weiter nach hinten und dabei zusammenrückten, steht den Passagieren mehr Bewegungsfreiheit zur Verfügung – reichlich, um genau zu sein. Eine massive Trennwand dahinter sorgt für die räumliche und akustische Distanz zum Laderaum. Im Bentayga lässt es sich aushalten, egal ob im Fond oder in der ersten Reihe. Doch obwohl das Sechsliter-Triebwerk läuft – losfahren dürfen wir noch nicht.