Sind die Verbräuche des NEFZ wirklich erreichbar?
Auf der 280 Kilometer langen auto motor und sport-Verbrauchsrunde erreichen rund 80 Prozent aller getesteten Autos die versprochenen Niedrigverbräuche. Dafür müssen sie jedoch mit einem sehr sanften Gasfuß und von geschulten Piloten gefahren werden. Energieverbraucher wie die Klimaanlage sind dabei auch im Hochsommer ausgeschaltet. Die spürbar dynamischer gefahrenen auto motor und sport-Testverbräuche liegen dagegen 30 bis 60 Prozent höher.
Taugt der NEFZ zum fairen Effizienz-Vergleich?
Nein, das ist das große Problem des NEFZ (Neuer Europäischer Fahrzyklus): Er bevorteilt vor allem kleinvolumige Downsizing-Motoren oder Hybrid-Antriebe, die auf den Laborzyklus hin optimiert wurden. Großvolumige Motoren – insbesondere ohne Start-Stopp-System – erreichen sparsam gefahren zum Teil erheblich niedrigere Verbräuche als angegeben. Da die Klimaanlage ausgeschaltet sein muss, bleibt deren Einfluss auf den Verbrauch unberücksichtigt. Vor allem bei Kleinwagen sorgen einfach geregelte Klimaanlagen für deutlich höheren Mehrverbrauch.
Kann auf dem Prüfstand geschummelt werden?
Die Prüfbedingungen sind leider etwas lax definiert und geben den Herstellern Freiräume. So darf die Außentemperatur zwischen 20 und 30° Celsius schwanken – höhere Temperaturen verursachen geringere Verbräuche. Zudem können die Autos in unrealistisch mageren und damit leichten Ausstattungsvarianten getestet werden. Stark aufgepumpte Leichtlaufreifen, reibungsmindernde Spezialöle, optimierte Aerodynamik und das großzügige Ausnutzen der Toleranzen sorgen für weitere Verbrauchssenkungen. Vereinzelt wird auch von manipulierten Motorsteuerungen und dem Abklemmen der Lichtmaschine bei voller Batterie berichtet.
Wo liegen die größten Nachteile des NEFZ?
Der 1996 eingeführte NEFZ ist in seinem Aufbau veraltet. Er berücksichtigt einen zu hohen Stadtanteil mit zu häufigen Stoppphasen, die gewählten Beschleunigungen sind zu soft, und er vernachlässigt zügigere Autobahnfahrt. Ganze zehn Sekunden muss der zu prüfende Wagen 120 km/h fahren. Daher liegt das Durchschnittstempo des NEFZ mit 34 km/h unrealistisch niedrig (auto motor und sport-Verbrauchsrunde 70 km/h). Der schon ab 70 bis 80 km/h größte Fahrwiderstand der Luftreibung wird nur unzureichend berücksichtigt. Das hatte auch zur Folge, dass viele Hersteller seit den 1990ern den effektiven Luftwiderstand (cW x A) kaum noch verbessert haben. Vor allem die Stirnfläche (A) wuchs dramatisch.
Brauchen wir einen neuen Verbrauchszyklus?
Ja, wobei er weiterhin ein sparsam gefahrener Zyklus sein sollte, der das realistische Sparpotenzial des Autos aufzeigt. Dass mit zügigerer Fahrt der Verbrauch steigt, ist
eine Binsenweisheit, die auch ein neuer Zyklus nicht ändern wird und muss. Jedoch muss er für alle Motorisierungen ein fairer Vergleichsmaßstab sein und die im normalen Verkehr dominanten Fahrwiderstände und Gegebenheiten berücksichtigen. Regelmäßige Kontrolle der Werksangaben bei Serienautos sollte zudem ein Bestandteil der Prüfvorschriften sein. Dann müssen fairerweise auch die Emissionsvorschriften – besonders hinsichtlich des CO2-Ausstoßes – an die sich ändernden Werte angepasst werden.
Wann kommt ein neuer Verbrauchszyklus?
Für 2017 ist die Einführung des international gültigen WLTP (Worldwide Harmonized Light Duty Test Procedure) vorgesehen. Dieser teilt sich in drei verschiedene Prüfklassen und damit Prüfstrecken: Kleinere und schwächere Autos werden bei geringeren Geschwindigkeiten getestet als große und schwere. Insgesamt bildet er mit den gewählten höheren Durchschnittsgeschwindigkeiten, stärkeren Temposchwankungen und strikteren Prüfvorgaben den Verbrauch im realen Verkehr besser ab. Jedoch bleibt der WLTP ein Sparverbrauch, dessen Werte bei schwererem Gasfuß deutlich überboten werden können.