Höhergelegtes Fahrwerk, ein paar Planken und Schutzelemente an und unter der Karosserie sowie ein serienmäßiger Allradantrieb: Es bedarf nur geringer konstruktiver Maßnahmen, und ein Standard-Kombi mutiert zum Familientransporter mit Offroad-Anleihen, für den einige Kunden bereit sind, einen üppigen "Hauptsache-von-der-grauen-Masse-abheben"-Aufpreis zu bezahlen.

In Deutschland funktioniert das: Die Varianten, die je nach Hersteller Beinamen wie Cross-Country, Scout oder Stepway tragen, erzielen innerhalb ihrer Baureihen nicht selten zweistellige Anteile am Gesamtabsatz. Bei Audis Allroad-Varianten der Baureihen A4 und A6 sind es immerhin jeweils rund sechs Prozent. Das lohnt sich für die Hersteller doppelt: Mit geringen Entwicklungskosten erzielen sie höhere Renditen pro verkauftem Auto – das Geschäft mit den Offroad-Kombis ist ein lukratives.
Ein Offroad-Kombi-Vorreiter
Apropos Audi: Der bayerische Hersteller war einer der Vorreiter dieser Entwicklung. Bereits 2000 stellten die Ingolstädter mit dem Allroad Quattro eine unrasierte Variante des damaligen A6 Avant vor. Bis heute ist die beplankte Version ein fester Bestandteil des A6-Angebots. Und nicht nur das: Längst gibt es auch einen A4 Allroad (siehe Fotoshow oben im Artikel), der neue A3 bekommt ebenfalls bald einen entsprechend konfigurierten Ableger. Mit dem A1 Citycarver macht Audi sogar im Kleinwagen-Segment ein kernig gestyltes Angebot.
Doch nicht alle Märkte nehmen die Lifestyle-Kombis so gut an wie gewünscht. Beispiel Großbritannien: Auf dem nach Gesamt-Absatzvolumen zweit- oder drittgrößten Einzelmarkt Europas (Frankreich ist ähnlich groß) treffen diese Autos keinen Nerv bei der Kundschaft. Weshalb der dortige Audi-Importeur jetzt kompromisslose Konsequenzen zieht und die Allroad-Varianten des A4 und A6 im Vereinigten Königreich vom Markt nimmt. Auch der A1 Citycarver ist auf der Insel nicht mehr bestellbar. Wie das Fachmagazin "Autocar" berichtet, bleibt der neue A3 Allroad den britischen Kundinnen und Kunden ebenfalls verwehrt.
RS-Modelle deutlich beliebter
Beim Blick auf die Absatzzahlen der Allroad-Varianten ist die Entscheidung nachvollziehbar. 2021 hat Audi insgesamt 292 A4 Allroad in Großbritannien verkauft. Wie wenig das ist, zeigt der Vergleich mit dem sportlichen und teureren Bruder RS4 Avant, von dem im selben Jahr immerhin 446 Einheiten abgesetzt wurden. Noch größer ist der Unterschied beim A6: 256 Allroad-Exemplaren stehen mehr als doppelt so viele RS6-Verkäufe gegenüber. Der Allroad-Anteil am Gesamtabsatz des A6 im Vereinigten Königreich? 4,4 Prozent – und damit aus Sicht der UK-Dependance zu wenig, um den Import der Allroad-Modelle zu rechtfertigen.

Audi befindet sich mit seiner Exit-Strategie in guter Gesellschaft. Die Schwestermarke Volkswagen hat den Passat Alltrack in Großbritannien bereits vor mehr als einem Jahr vom Markt genommen. Mercedes bietet dort weder die C- noch die E-Klasse als All-Terrain-Variante an. Immerhin Volvos Cross-Country-Kombis auf V60- und V90-Basis sind bei den Briten noch erhältlich.
Keine generelle Entscheidung gegen Rechtslenker
Die Entscheidung des britischen Audi-Importeurs, den A4 und A6 Allroad auf der Insel nicht mehr anzubieten, führt bei Audi übrigens nicht zu Überlegungen, die Modellvarianten auf allen Rechtslenker-Märkten ersatzlos zu streichen. Zwar sind sie beispielsweise in Südafrika ebenfalls nicht erhältlich. Doch "für Australien planen wir die Allroad-Varianten für den A4 und A6 weiterhin anzubieten", heißt es auf auto-motor-und-sport.de-Nachfrage von Audi. Hier werde beispielhaft deutlich, dass solche Entscheidungen unabhängig von technischen Randbedingungen – wie beispielsweise Rechtslenker – getroffen würden.