Lust auf einen Kopfsprung ins kalte, tiefe Becken mit den harten Fakten über Plattform, Antriebstechnik, Ausstattungen und Baguette-Körbe? Gerne. Später.
Erste Test-Fahrt mit dem Renault R5 E-Tech (Jens Dralle)
Jetzt wird erst einmal eine Runde gefahren, wurde schließlich auch Zeit. Also verräumst du dich rasch hinterm sinnlos oben und unten abgeflachten Lenkrad, greifst dennoch gerne zu, denn Renault verspricht schließlich viel Agilität. Die erste Grundvoraussetzung dafür erfüllt der R5: Eine passende Sitzposition, nicht unbedingt selbstverständlich bei französischen Automobilen, vor allem denen aus der vermeintlich glorreichen Vergangenheit, die der R5 so gerne zitiert. Aber glücklicherweise nicht bei der Ergonomie. Alles so schön übersichtlich hier – und tatsächlich auch recht eingängig bedienbar.

Na dann: Startknopf zwischen den beiden Monitoren drücken, den etwas dürren Getriebewählhebel an der Lenksäule einmal nach unten drücken. Der Kleinwagen rollt leise los, sehr leise, zumindest antriebsseitig – das zählt selbst bei Elektrofahrzeugen nicht zu den Selbstverständlichkeiten. Leider bei Fahrpräsentationen sehr selbstverständlich: Dass der Hersteller zunächst nur das aktuelle Topmodell rausrückt. Im Fall des R5 also der 150 PS-Motor in Kombination mit dem 52 kWh-Akku. Dementsprechend flott beschleunigt der Kleinwagen auf das erlaubte Autobahntempo, das sich durch Windgeräusche im Bereich der A-Säule bemerkbar macht.
Das Fahrwerk macht sich ebenfalls bemerkbar, zumindest insofern, als dass es sich recht erfolgreich bemüht, Bodenwellen von den Insassen fernzuhalten. Am wenigsten gelingt das bei wechselseitigen Anregungen, was bei kleineren E-Fahrzeugen konzeptbedingt eher üblich ist, zumindest wenn die Handling-Eigenschaften nicht beeinträchtig werden sollen. Also stakst der R5 hier und dort über derartige Unebenheiten, kommt ansonsten mit langen wie kurzen Wellen gut zurecht. Zudem passen die Sitze, sowohl die Größe (Oberschenkelauflage!) als auch die Polsterung (noch auf der bequem-verträglichen Seite von "weich"). Und geradeaus fährt der Renault ebenfalls, die 18-Zoll-Räder mit 195er-Reifen ignorieren Spurrillen meist, die Lenkung bleibt trotz angepriesener, direkter Übersetzung entspannt.
Der R5 wuselt durch Kehren aller Art
Genug des faden Geradeausfahrens – wo sie doch gleich hinter Nizza die schönsten Passstraßen überhaupt in die Berge gezimmert haben. Der R5 nimmt sie gerne in Angriff, jetzt im Sportmodus mit wacherer Leistungsentfaltung. Doch Leistung ist sowieso nie das Thema, zumal das Leergewicht laut Hersteller unter 1,6 Tonnen bleibt. Immer noch reichlich, ja, doch selbst bergauf keine Spaßbremse. Die Traktion schon eher, die spart sich Renault womöglich für die Alpine-Variante auf. Jedenfalls pfeift das kurveninnere Vorderrad in den Spitzkehren häufig, hier und da spreizt sich schon mal sehr rigoros die Traktionskontrolle zwischen den rechten Fuß und den Vortrieb. Was tun? Zunächst das eigene Steuergerät zwischen den Ohren neu starten, das Ganze mit mehr Gefühl angehen.

Hilft vielleicht auch dabei, mehr Vertrauen in die Lenkung zu entwickeln. Deren Übersetzung, Handmoment und Rückmeldung gefallen durchaus, zunächst entsteht über das eigenwillig hohe Rückstellmoment ein arg synthetisches Lenkgefühl. Tatsächlich schießt du dich aber bald auf alles ein, das kurveninnere Vorderrad pfeift weniger, der R5 wuselt durch Kehren aller Art, bereitet viel Vergnügen. Ja, selbst die Sitze spielen auch hier mit, stützen ziemlich gut, glänzen also nicht nur durch ihre Optik, die an die Inneneinrichtung des dickbackigen R5 Turbo erinnern soll.

Die Inneneinrichtung soll an die des dickbackigen R5 Turbo erinnern.
Und die Reichweite? Steht der Kurven-Gaudi ebenfalls nicht im Weg, zumal hier in den Bergen die Rekuperation das Ganze unterstützt. Viel Auswahl steht dir dabei nicht zur Verfügung, lediglich die Fahrstufe B. Die aktiviert sich durch erneutes Runterdrücken des Wählhebels, ermöglicht jedoch kein One-Pedal-Fahren. Unabhängig, wie hier die persönlichen Vorlieben sind: Schön, dass beim R5 der Fahreindruck zur fröhlichen Optik passt. So, und jetzt: Köpper in die Plattform!
Plattform und Abmessungen
Renault hat mit der AmpR Small Plattform eine neue Grundlage für kleine und kompakte Elektroautos geschaffen. Der R5 E-Tech Electric mag bullig und massiv aussehen, misst in der Länge jedoch nur 3,92 Meter bei einem Radstand von 2,54 Meter ohne nennenswerte Überhänge. Das führt zu bequemen Platzverhältnissen in der ersten Reihe. Im Fond verbringen Menschen, die größer als 1,75 Meter sind, vermutlich weniger gern ihre Zeit. Während in aller Regel ein Design auf Basis einer Plattform entsteht, war es im vorliegenden Fall umgekehrt. Vermutlich auch wegen der vielfältig positiven Resonanz auf das Concept Car. Die Ingenieure entwickelten die Plattform nämlich für genau dieses Auto, das Sie in diesem Artikel sehen.
Drei Jahre hat es gedauert, bis die AmpR Small reif für das Auto war. Der elektrische R5 ist das erste B-Segment-Fahrzeug auf dieser Plattform. Renault verspricht allerdings eine umfangreiche Skalierbarkeit. Das Gewicht des retrofuturistischen Stromers liegt unter der 1,5-Tonnen-Marke. Die maximale Zuladung ist noch nicht bekannt. In den Kofferraum (mit hoher Ladekante) passen 326 Liter, die Anhängelast geben die Franzosen mit 500 Kilogramm an. Eine Reihe von Komponenten teilt sich die neue Architektur übrigens mit der bereits bekannten CMF-B-Plattform, die etwa Clio oder Captur trägt. Dazu zählt unter anderem die Vorderradaufhängung.

Sieht bullig aus, ist in Wahrheit aber sehr kompakt. In der Länge misst der neue R5 nur 3,92 Meter.
Antrieb und Akku
Fremderregte Synchronmotoren kennen wir bei Renault schon aus anderen Modellen wie der Zoe. Auch der neue R5 erhält diese Motoren-Bauart und zwar in drei Leistungsstufen, immer als Frontmotor, ergo mit angetriebenen Vorderrädern. Die kleinste Leistungsstufe liegt bei 70 kW (95 PS) mit einem maximalen Drehmoment von 215 Newtonmeter. Darüber rangiert eine Variante mit 90 kW (120 PS) und 225 Newtonmeter Drehmoment. Die Topversion, abgesehen vom kommenden Sport-Modell mit Alpine-Label, leistet 110 kW (150 PS) und schiebt mit maximal 245 Newtonmeter Drehmoment an. Damit geht es dann in weniger als acht Sekunden auf 100 km/h. Die Höchstgeschwindigkeit ist in jeder Leistungsstufe bei 150 km/h abgeregelt.
Der Motor basiert auf jenem aus Mégane und Scénic, ist jedoch modifiziert. Dazu zählen eine neue Leistungselektronik, ein um drei Zentimeter gekürzter Rotor und ein überarbeitetes Untersetzungsgetriebe. Aus diesen Anpassungen resultieren weniger Gewicht und geringere Größe. So ist das Aggregat rund 15 Kilogramm leichter als bei den großen Geschwistern und wiegt einschließlich Ladegerät insgesamt nur 105 Kilogramm.
Apropos Ladegerät: Per Onboard-Charger lassen sich alle Versionen mit 11 kW Wechselstrom laden. Die 90- und 110-kW-Ausführungen beherrschen diese Übung auch bidirektional. Vehicle-2-Grid lautet das Zauberwort. Dahinter verbirgt sich die Technik, dass der Akku nicht nur Strom aus dem Netz aufnimmt, sondern auch als Zwischenspeicher fungieren kann und bei Bedarf auch wieder zurück ins Netz eingespeist wird, das sogenannte bidirektionale Laden. Auf diese Weise kann das Stromnetz entlastet und tonnenweise CO₂ eingespart werden. Hierfür hat die Renault-Tochter Mobilize im Herbst 2022 eine eigens entwickelte Wallbox vorgestellt. Als Technologiepartner konnte Renault das deutsche Unternehmen The Mobility House gewinnen, das ein System entwickelt hat, mit dem E-Autofahrer durch das Bereitstellen ihres Akkus fürs Stromnetz sogar Geld verdienen können.
Zwei Akku-Größen bietet Renault an. Das seit dem Marktstart angebotene Topmodell mit 110 kW (150 PS) fährt mit einer 52-kWh-Batterie vor, die eine Reichweite von bis zu 410 Kilometern nach WLTP erlaubt. Die Varianten mit 70 und 90 kW (95 PS und 122 PS) ziehen ihre Kraft aus einem 40-kWh-Akku. Daraus ergeben sich Reichweiten-Angaben von 300 beziehungsweise 312 Kilometern nach WLTP. Am Schnelllader zapft die große Batterie mit bis zu 100 kW, der kleine Akku saugt mit maximal 80 kW. Das Einstiegsmodell mit 95 PS muss dem Schnelllader fernbleiben und sich mit Wechselstrom begnügen. Alle anderen brauchen rund 30 Minuten von 15 auf 80 Prozent SoC. Nettes Detail: Die leuchtende "5" auf der Motorhaube zeigt mit ihren Teil-Elementen den Ladestand des Akkus während einer Ladung an.
Beide Akku-Varianten nutzen eine NMC-Zellchemie und sind flüssigkeitsgekühlt. Die große Batterie besteht aus vier Modulen mit je 46 Zellen und spart durch diesen vereinfachten Aufbau rund 20 Kilogramm gegenüber dem Package in der Zoe. Jedes Modul im R5 E-Tech wiegt 55 Kilogramm. Der kleine Akku wiederum besteht aus drei Modulen mit je 31 etwas größeren Zellen. Gesamtgewicht: 240 Kilogramm.
Ausstattung und Linien
Analog zu den Motorisierungen gibt es den R5 E-Tech Electric auch in drei Ausstattungslinien, beginnend mit "Revolution". Darüber rangiert "Techno" und zum Marktstart wird es zunächst lediglich die Spitzen-Ausstattung "Iconic Five" geben. 18-Zöller tragen alle, das Basismodell jedoch in Gestalt von Stahlfelgen mit Zierblenden. Fünf Lackfarben legt Renault zum Start auf: Pop Yellow, Pop Green, Nachtblau, Perlmutt-Weiß und Schwarz. Zweifarbig wird es optional bei den beiden gehobenen Ausstattungslinien mit einem schwarz abgesetzten Dach. Die Nacht erhellen immer Voll-LED-Scheinwerfer.
Im Innenraum setzt Renault auf Recycling-Stoffe aus PET-Flaschen, die Armaturen, Türtafeln und Sitze bespannen. Mittig bestimmt ein 10-Zoll-Touchscreen das Bild im Cockpit (sieben Zoll im Einstiegsmodell). Das Open R Link Infotainmentsystem versieht Renault mit eingebauten Google-Funktionen (z.B. Lade-Planung auf Navi-Routen) und einem animierten Assistenten namens "Reno", der ein wenig an die legendäre Büroklammer aus Microsofts Word erinnert. Die digitalen Instrumente werden auf einem in allen Varianten 10 Zoll großen Display angezeigt, der sich individuell mit Informationen belegen lässt.

Die im Innenraum verwendeten Stoffe sind aus recycelten PET-Flaschen gefertigt.
Was die Assistenzsysteme angeht, so rüstet Renault den R5 E-Tech serienmäßig mit einem Rückfahr-Notbremsassistent, einem Notfall-Spurhalteassistent, einem Ausstiegsassistent und einem Müdigkeitswarner aus. Dazu kommen ein adaptiver Abstandstempomat, ein Fernlichtassistent und eine Einparkhilfe. Sitz- und Lenkradheizung erhält nur die Topversion Iconic Five serienmäßig. Zur Innenraumheizung und Batteriekonditionierung verbaut Renault eine Wärmepumpe.
Preis und Marktstart
Zum Bestellstart Ende Mai 2024 boten die Franzosen den neuen Renault 5 E-Tech Electric ausschließlich mit dem 52-kWh-Akku sowie in den Ausstattungslinien Techno und Iconic Five an. Hier lag der Basispreis bei 32.900 Euro; ausgeliefert wird seit Herbst. Ab November 2024 ist auch die 90-kW-Version bestellbar. Hier liegt der Grundpreis bei 27.900 Euro. Das echte Einstiegsmodell, die 70-kW-Version in Kombination mit der kleinen Batterie, startet im Frühjahr 2025 und senkt dann den Grundpreis des Renault 5 E-Tech auf 24.900 Euro.