Bisher war der CLA für Mercedes nicht gerade ein Kernmodell. Das ändert sich mit der neuen – dritten – Generation der Baureihe. Sie basiert als erstes Auto auf der neuen Plattform "Mercedes Modular Architecture" (MMA) für die kommende kompakte Mercedes-Generation, die jedoch eigentlich längst in die Mittelklasse entwachsen ist. Und die Schwaben sind sich der gestiegenen Bedeutung des CLA bewusst. Deshalb lautet das Motto bei der Elektroversion trotz Multi-Antriebs-Plattform: Keine halben Sachen!
Entsprechend herausragend erscheinen die technischen Daten des neuen Mercedes CLA. Mit besonders großen Reichweiten, schnellen Ladezeiten und cleveren Digitallösungen ernten die künftigen Kundinnen und Kunden das, was die Ingenieure zuvor mit ausgeklügelten Technologien gesät hatten. Wir haben sieben Technik-Features identifiziert, die den neuen CLA zur vorläufigen Elektro-Messlatte in seiner Klasse küren könnten. In diesem Artikel stellen wir sie im Detail vor.
1. Die 800-Volt-Technik
Eine 800-Volt-Architektur ist noch immer eine Seltenheit bei Elektroautos, speziell in einigermaßen bezahlbaren Segmenten. Hier stehen die E-Modelle von Hyundai und die neue Elektriker-Generation von BYD ziemlich allein auf weiter Flur. Mit dem CLA zieht Mercedes nach – mit dem vorrangigen Ziel, die Ladezeiten zu verkürzen. Auf dem Papier klappt das: In nur zehn Minuten sollen der CLA 250+ und der CLA 350 4-Matic (auf den sperrigen offiziellen Namenszusatz "mit EQ-Technologie" verzichten wir aus Gründen besserer Lesbarkeit) satte 325 Kilometer nachladen können. Das ist ein großer Schritt auf dem Weg zum Ziel, das Laden eines E-Autos auf die Zeit eines Tankvorgangs beim Verbrenner zu verkürzen.
Die Verdopplung der Spannung (hier sind die Vor- und Nachteile im Detail erklärt) verringert den Widerstand und damit den Wärmeverlust des Systems. Das bedeutet: Bei gleicher Kabeldicke kann ebenfalls die Ladeleistung verdoppelt werden; im Fall des neuen CLA beträgt sie beim Gleichstrom-Tanken maximal 320 kW. Wie andere E-Modelle mit 800-Volt-Technik zeigen, erlaubt die höhere Spannung beim Laden ein konstant hohes Niveau nahe am Maximum, was entscheidend bei der Verkürzung der Ladezeiten ist. Sie erlaubt dem Hersteller obendrein, dünnere Kabel einzusetzen, was Bauraum, Gewicht und Rohstoffe einspart.
2. Die Elektromotoren
Mercedes setzt beim neuen CLA auf permanenterregte Synchronmaschinen (PSM). Diese Bauart ist aktuell der Standard bei Elektroautos, wurde in der hauseigenen Entwicklungsabteilung jedoch optimiert. Nicht nur, dass der Einsatz von schweren Seltenen Erden laut Hersteller auf nahezu null Prozent minimiert werden konnte. Die Motoren – beim CLA 250+ sitzt einer an der Hinterachse, beim 350 4-Matic kommt ein zweiter an der Vorderachse hinzu – sollen zudem besonders leise agieren. Das liegt Mercedes zufolge daran, dass die Magnete im Rotor in Doppel-V-Form angeordnet sind sowie die Wicklung des Stators mit sogenannten gesehnten Spulen ausgeführt ist.
In Kombination führen alle Optimierungsmaßnahmen zu einem starken Wirkungsgrad von der Batterie bis zum Rad von 93 Prozent auf der Langstrecke. Doch nicht nur die Motoren agieren mit erstaunlich geringen Verlusten, auch die Peripherie ist auf maximale Energieeffizienz getrimmt. So arbeitet der Wechselrichter auf Siliziumkarbid (SiC)-Basis. Er ist zudem mit der Getriebesteuerung in einem Bauteil zusammengefasst.
3. Das Zweigang-Getriebe
Apropos Getriebe: Die meisten E-Autos kommen mit nur einem Gang aus. Mercedes setzt beim neuen CLA dagegen auf ein Getriebe mit zwei Fahrstufen. Der erste Gang ist mit 11:1 kurz übersetzt, der zweite ist mit einem Übersetzungsverhältnis von 5:1 für höhere Geschwindigkeiten (der Topspeed beträgt bei beiden elektrischen CLA-Varianten 210 km/h) und hohe Energieeffizienz ausgelegt. Letztere scheint die größte Stärke des neuen Mercedes CLA zu sein. Der CLA 250+ verbraucht nach WLTP-Norm lediglich 12,2 bis 14,1 Kilowattstunden pro 100 Kilometer. Der 350er steht trotz seines zweiten Motors kaum schlechter da.
Einer der Hauptgründe dafür ist das Zweigang-Getriebe, bei dem der Kraftschluss über Klauen (erster Gang) beziehungsweise Lamellen (zweiter Gang) erfolgt. Die Schaltpunkte hängen von der jeweiligen Fahrsituation und dem gewählten Fahrmodus ab. Zudem passt sie der CLA kontinuierlich an aktuelle Parameter wie beispielsweise den Batterie-Ladezustand, die abgerufene Leistung und die Fahreranforderung an.
4. Die windschlüpfige Aerodynamik
Die Karosserie des neuen Mercedes CLA weist einen hervorragenden Luftwiderstandsbeiwert von cw=0,21 auf. Der Hersteller ist seit Jahrzehnten bekannt für seine große Expertise in Sachen Luftführung rund um die Karosserie, doch bei ihrer neuen Prestige-Baureihe haben die Aerodynamikerinnen und Aerodynamiker besonders viel Feinschliff betrieben.
So finden sich rund um Kühlergrill und Scheinwerfer optimal platzierte und teils abgedichtete Fugen am neuen CLA. Gar keine Fugen weist die rohbaufest ausgeführte Hinterradabdeckung zu den umgebenden Bauteilen auf. Sie bewegt sich also nicht mit der Achse mit, wenn diese beispielsweise einfedert. Der Unterboden wurde noch konsequenter als beim EQS und EQE geglättet; die Federlenker und Zugstreben tragen Verkleidungen. Wird der CLA mit Anhängekupplung geordert, erhält er einen anderen Heckdiffusor als sein Pendant ohne das Bauteil. Die Radspoiler vor der Vorder- und Hinterachse wurden im Detail ebenfalls optimiert und führen die Luft so optimal um die 17 bis 19 Zoll großen Räder herum, die sich ihrerseits aerodynamisch optimiert zeigen und teils Blenden tragen.
5. Das "Mercedes-Benz Operating System" (MB.OS)
Der neue CLA ist das erste Mercedes-Modell, dessen Elektronik komplett auf dem unternehmensintern entwickelten "Mercedes‑Benz Operating System" (MB.OS) basiert. Dabei handelt es sich um das Gehirn des Autos. Es arbeitet nicht nur mit eingebauten Hochleistungs-Computern, sondern steht ständig mit einer Cloud in Kontakt. Auf diese Weise ist Mercedes dazu in der Lage, darüber nicht nur das Infotainment zu steuern, sondern auch noch Komfort-, Fahr- und Ladefunktionen sowie die elektronischen Assistenzsysteme. Trotz dieser Fülle an Aufgaben soll auch MB.OS besonders energieeffizient arbeiten.
6. Die umfassende KI-Integration
Der neue CLA ist der erste Mercedes, der die vierte MBUX-Generation einsetzt. Diese integriert gleich mehrere KI-Agenten ins Infotainment-System: Sie stammen von Microsoft sowie Google – ChatGPT ist mit der "4o"-Version ebenfalls an Bord. Jede Part kümmert sich um verschiedene Bereiche und stützt letztlich den "MBUX Virtual Assistant", der die geballte Künstliche Intelligenz bündelt und mit dem deshalb komplexe mehrteilige Dialoge möglich sein sollen. Diese "Stimme" des neuen Mercedes CLA verfügt zudem über ein "Kurzzeitgedächtnis" und kann somit unterbrochene Unterhaltungen fortsetzen.
7. Die Ladesäulen-Reservierungs-Funktion
Fahrerinnen und Fahrer eines E-Autos kennen diese Situation vor allem vom Reiseverkehr in der Haupturlaubszeit. Das Fahrzeug navigiert zur Schnellladesäule in Autobahnnähe, doch alle Ladepunkte sind belegt und davor bildet sich bereits ein veritabler Stau. Eine Weiterfahrt zur nächsten Lademöglichkeit lässt die Restkapazität des Akkus nicht zu. Also heißt es warten – und aus den theoretisch kurzen Ladezeiten wird ein unangenehm langer Zwischenstopp mit unentspannten Konkurrenten um die begehrten Ladeanschlüsse, quengelnden Kindern und schlechtem Essen für unerhört viel Geld.
Wer im neuen Mercedes CLA unterwegs ist, kann sich dieses unangenehme Szenario künftig ersparen. Dank der zunächst kostenlosen, doch später wohl zahlungspflichtigen Reservierungsfunktion für Ladestationen können sich Kundinnen und Kunden über den integrierten Ladedienst "MB.Charge Public" im Voraus einen Ladepunkt sichern. Das funktioniert jedoch nur an den unternehmenseigenen Mercedes-Benz-Ladeparks und vorerst nur in Deutschland sowie den USA. Bei aktiver Routenführung über die Navigation mit "Electric Intelligence" erfolgt die Reservierung automatisch durch das Fahrzeug 15 Minuten vor Erreichen der Ladestation. Das kann im Zweifel einen echten Komfortgewinn (siehe oben) bedeuten – und ja, auch ein wenig Neid bei den anderen auslösen.