Die Consumer Electronic Show in Las Vegas ist nicht unbedingt bekannt dafür, dass sich dort Landwirte über die neuesten Entwicklungen bei Ackerbau und Viehzucht austauschen. Aber für einen der größten Landmaschinenhersteller weltweit, John Deere, war die Technikmesse in der Zockermetropole die passende Bühne. Nicht ohne Grund, denn die Weltpremiere von John Deere feiert eine Technik, die im Straßenverkehr noch in den Kinderschuhen steckt: Das vollautonome Fahren.
In der modernen Landwirtschaft ist Effizienz gefragt, um mit immer weniger zur Verfügung stehender Fläche eine wachsende Weltbevölkerung zu ernähren. Und weil die Natur keine Rücksicht auf moderne Arbeitszeitmodelle nimmt sowie der Mangel an qualifizierten Arbeitskräften ständig wächst, muss die Maschinentechnik immer ausgefeilter werden. Eine Lösung sieht (nicht nur) John Deere im automatisierten Ablauf von zeitintensiven Arbeiten über entsprechend selbständig operierende Arbeitsmaschinen.
Auf den Zentimeter genau
Auf der Basis der großen Schlepperreihe 8R von John Deere hat der US-Hersteller die entsprechende Lösung präsentiert. Der gezeigte John Deere 8R-410 verfügt über sechs Stereokamera-Paare, die eine 360-Grad-Hinderniserkennung und die Entfernungsmessung ermöglichen. Die von den Kameras aufgenommenen Bilder werden durch ein neuronales Netzwerk geleitet, das jedes Pixel in etwa 100 Millisekunden klassifiziert und entscheidet, ob die Maschine weiterfährt oder anhält, je nachdem, ob ein Hindernis erkannt wird. Der autonome Traktor überprüft außerdem ständig seine Position in Bezug auf einen sogenannten Geofence, um sicherzustellen, dass er dort arbeitet, wo er soll. Damit soll auch ausgeschlossen werden, dass der fahrerlose Schlepper einen Ausflug über öffentliche Straßen macht. Die über GPS und Mobilfunk sichergestellte Genauigkeit bei der Positionsberechnung liegt dabei im Bereich von rund zwei Zentimetern.
Um den autonomen Traktor zu nutzen, müssen die Landwirte die Maschine lediglich auf ein Feld bringen und für den autonomen Betrieb konfigurieren. Über eine Smartphone-App ("John Deere Operations Center Mobile") können sie die Maschine durch Wischen von links nach rechts starten. Während die Maschine arbeitet, kann der Landwirt das Feld verlassen und sich anderen Aufgaben widmen, während er den Status der Maschine von seinem mobilen Gerät aus überwacht.
John Deere Operations Center Mobile bietet Zugriff auf Live-Videos, Bilder, Daten und Messwerte und ermöglicht dem Landwirt die Anpassung von Geschwindigkeit, Arbeitstiefe und mehr. Bei Anomalien in der Arbeitsqualität oder bei Problemen mit dem Maschinenzustand werden die Landwirte aus der Ferne benachrichtigt und können Anpassungen vornehmen, um die Leistung der Maschine zu optimieren.
Beim Basisfahrzeug der 8R-Reihe handelt es sich um die zweitgrößte Baureihe der Marke, darüber rangieren nur noch die gewaltigen 9R-Schlepper, riesige Ungetüme mit bis zu 15 Liter Hubraum, wahlweise mit Knicklenkung und Raupenlaufwerk, für die man in Deutschland erst einmal ein ausreichend großes Feld finden muss. Aber auch der neue vollautonome 8R-410 ist nicht gerade ein Kleinwagen. 14 Tonnen Leergewicht bringt der Schlepper auf die Waage, der schon mit der kleinsten Bereifung 2,55 Meter Breite als Respektverstärker ins Feld bringt. 3,55 Meter hoch ist der Bolide und wird von einem 9,0-Liter-Biturbo-Diesel angetrieben, der mit 410 PS Nennleistung angegeben wird.
Einen Preis für die Aufrüstung des Schleppers zur autonomen Arbeitsmaschine hat John Deere noch nicht bekannt gegeben. Die Technik soll aber noch in diesem Jahr an Kunden in den USA ausgeliefert werden. Ein Fall für die Portokasse wird es jedoch sicher nicht, denn bereits das Basisfahrzeug 8R-410 steht in den USA mit rund 517.000 Dollar in der Preisliste.