Sollten Sie den Bolwell MkVIII Nagari nicht kennen, dann ist das keine Schande. Die zwischen 100 und 130 Exemplare (wie viele genau es waren, weiß keiner so genau), die in den frühen Siebzigerjahren in Australien entstanden sind, sind in dem 7,7 Millionen Quadratkilometer großen Land nicht gerade an jeder Ecke anzutreffen. Dennoch brachte es der Nagari mit Fiberglass-Karosserie in seiner Heimat zu einem beachtlichen Ruf. Schließlich traf da ein 290 PS starker, vorne installierter 5,7-Liter-Motor auf ein Leergewicht von nur 925 Kilogramm. Kein Wunder, dass der Sportwagen 1973 überlegen die Australian Sportscar Championship gewann.
Karosserie und Chassis aus Leichtbau-Materialien
Zum Jubiläum „50 Jahre Bolwell Nagari“ kehrt der Sportwagen, der seinerzeit von einem enthusiastischen Brüderpaar konstruiert und in einer kleinen Werkshalle gebaut wurde, auf Australiens Straßen zurück. Die Bolwell Corporation, die aus der kleinen Firma von damals hervorgegangen ist, kümmert sich heute um das das Design und die Herstellung von Verbundmaterialien aus Kunststoff. Und der neue Nagari 500 soll nach drei Jahren Entwicklungszeit zeigen, was die Australier können. Entsprechend viel Karbon und andere Leichtbau-Materialien kommen Karosserie- und Chassis-seitig zum Einsatz.

Wobei Bolwell am Design vielleicht noch mal feilen sollte. Es dürfte viele Betrachter geben, die den alten Nagari als schöner empfinden als den neuen. Der sieht dann doch ein wenig unharmonisch aus, schaut auch arg grimmig drein und präsentiert einige billig wirkende Details, die es bei den eher preisgünstigen Zubehör-Anbietern gibt (zum Beispiel die Heckleuchten). Sehr cool ist dagegen das offenherzige Heck, das zentral im Diffusor dem Getriebe und den vier Auspuffendrohren viel Platz zum Glänzen einräumt. Ein bisschen sieht das aus wie einst beim legendären Ferrari 288 GTO.
Früher Ford, heute General Motors
Die Auspuff-Anordnung erinnert dagegen an die Corvette C6, was sicher kein Zufall ist. Immerhin kam der 6,2-Liter-V8-Motor, Kennung LS3, früher einmal im US-Sportwagen zum Einsatz. Aber auch in einigen Modellen der GM-Marke Holden, weshalb der Einsatz des 507-PS-Kraftpakets ziemlich naheliegend ist. Und doch ein kleiner Verrat am früheren Bolwell Negari, der von einem Ford-V8 angetrieben wurde.
Ansonsten will der Nagari 500 ein Fahrspaß-Garant sein. Der Motor interagiert mit einem manuellen Sechsgang-Getriebe von Audi samt dessen Schalthebel und schickt seine Kraft Richtung Hinterräder. Das Leergewicht soll unter der 1.000 Kilogramm-Marke liegen, den Spurt von Null auf Hundert soll der Australier in weniger als drei Sekunden absolvieren und das eigene Geschwindigkeitslimit soll oberhalb von 300 km/h liegen. Die vorne 10 x19 und hinten 12 x 19 Zoll-Felgen (mit 265/35er und 305/30er Reifen) sind an doppelten Querlenkern aufgehängt, die adaptiven pneumatischen Stoßdämpfer lassen sich einstellen. Die Brembo-Bremsanlage arbeitet mit 355 Millimeter großen Scheiben.

Publikumspremiere in Melbourne
Auch innen lenkt kaum etwas vom Fahren ab. Hier trifft graues Plastik auf braunes Leder, ein Alpine-Touchscreen auf wenige Tasten und ein kleines Display mit Digitalinstrumenten auf ein Lenkrad, das gar nicht mal so Sportwagen-mäßig aussieht. Die beiden Insassen nehmen auf Sportsitzen aus dem Hause Recaro Platz.
Noch ist der Bolwell Nagari 500 ein Prototyp, der erst einmal weiteren Tests unterzogen werden soll, bevor er wirklich auf die Straße gelangt. Bei der Oldtimermesse Motorclassica in Melbourne feierte er jüngst seine Publikumspremiere. Klar ist jetzt schon, dass es ihn ebenso wie sein Vorbild nicht allzu oft geben wird. Sollte es zur Serienproduktion kommen, die 2020 starten könnte, werden sich höchstens vier oder fünf Bolwell-Mitarbeiter darum kümmern. Auch die Preise stehen noch nicht fest. Allerdings dürfte der Nagari 500 teuer werden: Der letzte, von einem Toyota-V6 angetriebene Bolwell-Sportwagen namens 300 kostete bereits 200.000 Australische Dollar (etwa 123.000 Euro).