Am 1. Juni 2020 endete beim britischen Luxusautobauer Bentley eine Motoren-Ära. Seit fast 61 Jahren wurde der V8-Motor mit 6,75 Litern Hubraum in vielzähligen Evolutionsstufen gebaut – immer von Hand. Jetzt ist der letzte dieser legendären V8 gefertigt worden. Insgesamt sieben Mitarbeiter mit zusammen 105 Jahren V8-Erfahrung waren am Bau dieses finalen Triebwerks beteiligt. Verbaut wird es im 30. Sondermodell des Mulsanne 6.75 Edition by Mulliner.
Wer jetzt denkt, die Briten verabschieden sich vom V8, liegt allerdings falsch. Nur den legendären 6 3/4 wird es nicht mehr geben. Künftig setzt Bentley auf eine Motorenfamilie, die aus dem bekannten W12, dem Vierliter-Biturbo-V8 und dem neuen V6-Hybrid-Antriebsstrang besteht.
Von 180 auf 530 PS
Seine Karriere startete der Bentley 6 3/4 im Jahr 1959 im Bentley S2. Als Sauger entwickelte er seinerzeit rund 180 PS – ausreichend Leistung, wie man bei Bentley meinte. Über die Jahrzehnte wurde der V8 immer wieder modifiziert. Es folgten Aufladungen mit einem und später zwei Turboladern, Einspritzung und variable Steuerzeiten. Leistung und Drehmoment legten kontinuierlich zu. Im aktuellen Sondermodell kommt der 6 3/4 auf 530 PS und 1.100 Nm. Die Emissionswerte sanken gegenüber dem Ur-Modell um sagenhafte 99 Prozent. Über die sechs Dekaden wurden insgesamt rund 36.000 Aggregate der L-Serie produziert. Zuletzt lag die Fertigungszeit pro Motor bei 15 Stunden.

Entwickelt wurde der V8 in den frühen 50er Jahren von Jack Phillips. Er sollte einen Nachfolger für den Sechszylinder aus den Modellen Bentley Mark VI, R-Type und S1 zeichnen, der rund 50 Prozent mehr Leistung liefern sollte, aber nicht größer und schwerer als dieser sein durfte. Seine Karriere startete der V8 zunächst mit 6,2 Litern Hubraum; erst 1971 wurde durch einen vergrößerten Hub der legendäre 6,75-Liter-Achtzylinder daraus.