Am Mittwoch (18.1.) geht es wieder los. In den französischen Seealpen beginnt mit der legendären Rallye Monte Carlo endlich die neue Saison. Insgesamt stehen in diesem Jahr 13 Veranstaltungen auf dem Programm. Spätestens bei der Rallye Catalunya Mitte November wird der neue Champion gekrönt. Loeb, Hirvonen, Solberg, Latvala oder doch Sordo? In unserer Vorschau sagen wir Ihnen, welche Piloten der drei Werksteams - Citroen, Ford und Mini - für den Titel in Frage kommen.
Citroen: Abonnement auf den Titel
Die Erfolgsserie ist einmalig - und dennoch herrschte 2011 oft Stunk bei Citroën. Acht Mal in Folge gewann Sébastien Loeb die Fahrer-WM. Citroën siegte vier Mal en suite in der Marken-WM, aber der Zwist zwischen den Top-Fahrern Loeb und Sébastien Ogier trübte die Stimmung. Abwechselnd beklagten sie eine vermeintliche Bevorzugung des anderen. Sportchef Olivier Quesnel mühte sich, salomonische Entscheidungen zu treffen, aber Loeb weinte sich beim Vorstand aus.
Der fünfmalige Saisonsieger Ogier flüchtete daraufhin trotz gültigem Vertrag zu VW. Den Platz an der Seite des scheinbar unbezwingbaren Loeb nimmt nun Mikko Hirvonen ein. Der Finne schnupperte 2009 und 2011 am Titel, hatte aber Pech. Vor zwei Jahren wurde er im Finale durch eine aufspringende Motorhaube zurückgeworfen, im letzten November musste er in Wales nach einem Dreher mit defektem Kühler aufgeben. Ist Hirvonen trotz 14 Siegen also der geborene Verlierer? Viele Szenekenner meinen: Ja. Um hinzuzufügen: Leider, denn der Finne gehört zu den Sympathischsten im Rallye-Zirkus.
Aber auch dem Citroën-Säulenheiligen Loeb sind Allüren fremd. Auf die Frage, wie lange er noch fährt, hält sich der Rekordmeister bedeckt. Aus seinem nächsten Umfeld ist aber zu hören: Seb weiß doch gar nicht, was er außer Rallyefahren sonst tun sollte. Auch der Umstand, dass Loeb neuerdings ein Porsche-Cup-Team besitzt, ändert daran offenbar nichts.
Ein WRC-Debütant ist der Dritte im Citroën-Bunde. Dank Budget aus seiner Heimat Katar bekommt Nasser Al-Attiyah, 2011 Sieger der Dakar-Rallye im VW Race-Touareg, einen DS3 WRC. Al-Attiyah schließt somit die Finanzlücke, die Formel 1-Rückkehrer Kimi Räikkönen hinterließ.
Al-Attiyah wird wohl einige Mühe haben, sich den Youngster im Team, den 23-jährigen Thierry Neuville, vom Leib zu halten. Der pfeilschnelle Belgier, der 2011 mit seinem Peugeot 207 S2000 zwei Läufe zur IRC (Intercontinental Rally Challenge) gewann, wird bei mindestens neun der 13 WM-Läufe starten.
Ford: Der ewige Herausforderer
Knapp daneben ist auch vorbei: Wohl dem, der sich davon nicht die Laune vermiesen lässt, auch wenn sich mal wieder ein möglich scheinender Titelgewinn als Fata Morgana erwiesen hat. Die Ford-Mannschaft in der Rallye-WM zeigte jahrelang das, was man im Königreich "stiff upper lip" nennt. Sehr frei übersetzt heißt dies: Augen zu und durch. Ford ist für die Rallye-WM das, was Ferrari für die Formel 1 ist - nämlich der treueste Teilnehmer. Seit fast 40 Jahren tritt das Team mit nur wenigen kurzen Unterbrechungen in der WM an, doch der Lohn dafür war eher gering.
2006 und 2007 triumphierte Ford in der Marken-WM, seither ist Citroën am Drücker. Deprimierend fällt die Bilanz in der Fahrer-WM aus: Der letzte Titelträger, der in einem Ford saß, war Ari Vatanen, im Jahr 1981. 2011 hatte Mikko Hirvonen bis zum Finale gute Titelchancen, doch dann klappte es wieder nicht. Der brave Finne, der 2009 nur einen einzigen Punkt weniger auf dem Konto hatte als Weltmeister Loeb, wechselte als Nummer-zwei-Fahrer zu Citroën.
Hirvonens Cockpit wird von Petter Solberg übernommen. Der fidele Norweger war in den letzten drei Jahren mit privat finanzierten Citroën-Modellen an den Start gegangen. Lange hegte Solberg Hoffnungen auf ein VW-Cockpit. Am Ende war er froh, bei Ford endlich wieder einen - obgleich vermutlich deutlich geringer dotierten Werksvertrag zu bekommen. Nun hat der Weltmeister von 2003 die Chance, im direkten Vergleich mit dem talentierten und schnellen Finnen Jari-Matti Latvala unter Beweis zu stellen, dass er noch ein Siegfahrer ist.
Solberg musste lange zittern, ob Ford überhaupt werksseitig weitermacht. Erst im Dezember gab die Ford Europa-Zentrale grünes Licht für 2012 und 2013. Zwei wichtige langjährige Sponsoren sagten Ende 2011 leise Servus: Das Fehlen der Spedition Stobart und des langjährigen Hauptsponsors Abu Dhabi reißt eine große Lücke ins Budget von Teamchef Malcolm Wilson.
Privatfahrer wie Henning Solberg oder der wohlhabende Ken Block sorgen für finanzielle Linderung. Der Amerikaner ist zwar nicht der schnellste, wohl aber der bekannteste Fahrer der Rallye-WM: Blocks irre Drift-Videos wurden seit 2008 auf YouTube sage und schreibe 150 Millionen Mal geklickt.
Mini: Sorgen beim Newcomer
David Richards hat im Motorsport schon einiges bewegt: 1981 war er als Copilot von Ari Vatanen Weltmeister, als Chef und Eigentümer der Rallyeauto-Schmiede Prodrive gewann er mit Subaru fünf WM-Titel. Zwischendurch wirkte der Brite auch als Formel 1-Teamchef, bei Benetton und BAR. Doch mit dem Mini Countryman WRC kommt Richards nicht recht aus den Startlöchern. Das Mini-Rallye-Projekt basiert auch auf dem Wohlwollen des Konzernvorstands Ian Robertson. Damit verbunden war eine - dem Vernehmen nach allerdings eher geringe - finanzielle Unterstützung durch die Konzernmutter BMW.
Der 300 PS starke Allradler hatte einen glanzvollen Einstand in der WM. Dani Sordo und Kris Meeke waren fast sofort konkurrenzfähig. In Deutschland holte der Spanier Rang drei, und fünf Wochen später wurde er in Frankreich sogar Zweiter, mit nur 6,3 Sekunden Rückstand auf Sieger Sébastien Ogier. Doch immer wieder kam das leidige Thema Geld aufs Tapet.
Mehrmals meldete Richards in München Nachbesserungs-Bedarf in Sachen Budget an. Und zwar dringend. Sonst komme das Projekt ins Stocken oder gar zum Erliegen, drohte er angeblich. Mehr Geld für die Rallye-WM? Ausgerechnet jetzt, wo das teure DTM-Comeback bevorsteht? Auf diesem Ohr war man bei BMW taub. Richards solle doch wie versprochen externe Sponsoren beschaffen, ließ man ausrichten, auch über die Medien.
Bislang aber konnte der 59-Jährige noch keinen durchschlagenden Erfolg kommunizieren. "Unser Ziel ist es, 2012 mehr als sechs WM-Rallyes zu fahren", sagte Richards im November 2011. Von einer kompletten WM-Saison, wie ursprünglich geplant und offiziell herausposaunt, war da schon längst nicht mehr die Rede. Folgerichtig ließ Mini auch den Nennschluss für die WM 2012 bei der FIA am 19. Dezember verstreichen. Ein Mittel, um den Druck auf BMW zu erhöhen?
Die FIA zeigte sich ungewohnt milde: Überraschend verlegte die Sportbehörde die Frist auf den 27. März. Zudem teilte sie mit, man verhandle mit Mini, wie man noch die WM-Teilnahme sichern könne. Für die Monte sind mit Dani Sordo und Pierre Campana immerhin zwei Autos gemeldet. Ein Verzicht wäre auch eine Blamage gewesen. Schließlich wurde dort vor fast vier Jahrzehnten der sportliche Ruhm der Marke begründet, mit Gesamtsiegen in den Jahren 1964, 1965 und 1967.
In unserer Fotogalerie stellen wir die neuen Autos in der Lackierung von 2012 genauer vor.