Vorschau Rallye Frankreich: Matchball für VW-Pilot Ogier

Vorschau Rallye Frankreich
Matchball für VW-Pilot Ogier

Man muss sich die Sache irgendwie schön reden, und da kam Jari-Matti Latvala auf die Idee, das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden: Beim Versuch, den Teamkollegen Ogier auf der langen Zielgeraden der WM 2014 noch abzufangen, will der Finne etwas erreichen, was es seit 15 Jahren nicht mehr gegeben hat: den ersten Asphalt-Sieg eines Nordmannes seit dem San-Remo-Sieg von Tommi Mäkinen 1999. Fairerweise muss erwähnt werden, dass Statistiker den Monte-Carlo-Triumph von Marcus Grönholm nicht zählen, da die Rallye in Südfrankreich teilweise auf Schnee und Eis bestritten wird.

Wie auch immer, Latvala hat vermutlich gar keine andere Wahl, will er die vorzeitige Titelverteidigung seines Teamkollegen verhindern. Sechs Punkte fehlen Ogier, um wie im Vorjahr in Straßburg alles klar zu machen. Ein Ogier-Sieg und mindestens Rang zwei in der Powerstage würden Latvala selbst bei einem Powerstage-Gewinn jede Chance auf seinen ersten Titel verhageln. Sollte Latvala tatsächlich vor Ogier siegen und sieben Punkte für die Gesamtwertung gutmachen, müsste er dazu noch die Powerstage gewinnen um sicher zu stellen, dass sich der Rivale dort nicht Zähler zurückholt, die ihm zum Titelgewinn reichen.

Latvala mit hauchdünner Chance

Latvala geht die Aufgabe mit dem Mute der Verzweiflung an und gibt sich kämpferisch: "Ich habe mit den Asphalt-Rallyes noch eine Rechnung offen. Nachdem ich in Deutschland so nah dran war, bin ich jetzt fest entschlossen, meinen ersten Sieg auf Asphalt einzufahren. Latvala räumt aber ein, dass die Chancen minimal sind: "Da müsste bei Sébastien schon viel schief laufen“, gesteht er.

Nur allzu oft waren die beiden VW-Stars in dieser Saison dem kompletten Feld davon gefahren, wenn es Spannung gab, dann immer, wenn einer von ihnen patzte oder ein Problem hatte. Wohlwollend erinnert man sich im Hyundai-Team an die VW-Ausrutscher beim deutschen WM-Lauf, der den Weg für einen eigenen Doppelsieg frei machte. Auch in Straßburg tritt das koreanische Team mit bayerischem Stammsitz mit einer starken Fahrerriege an. Thierry Neuville ist auf Asphalt ein Ass, besonders, wenn herbstliches Wetter die Straßen schmierig macht. "Das kenne ich aus Belgien, da regnet es ja andauernd“, sagt der Sieger von Trier. Neuville wünscht sich gar nasse Straßen, um den Leistungsnachteil des i20 wettzumachen: "Bei schwierigen Bedingungen kann der Fahrer einen Unterschied machen.“ Dani Sordo schlug auf elsässischem Boden vor einigen Jahren um ein Haar den aufstrebenden Ogier. Bryan Bouffier machte mit Rang zwei in Monte Carlo von sich reden, kämpfte zwar in Deutschland mit einem falsch übersetzten Getriebe, doch Teilemangel wird den Franzosen beim Heimspiel dieses Mal kaum bremsen können.

Konkurrenten mit wenig Hoffnung

Apropos Heimspiel: Nach dem unscheinbaren Abgang des Sébastien Loeb im Vorjahr hat man bei Platzhirsch Citroën keine großen Ziele gesteckt. Immerhin war der Ire Kris Meeke bei den vergangenen Läufen schnellster Nicht-VW-Fahrer und hofft die Polos unter Druck setzen zu können. Noch motivierter dürfte Mads Östberg sein. Der Sessel des Norwegers ist seit den eher durchwachsenen Auftritten in Finnland, Deutschland und Australien in Gefahr. Junioren-WM-Sieger Sébastien Chardonnet hat in dieser Saison allenfalls auf Asphalt überzeugt, die starke, nachwachsende Junioren-Riege ist noch nicht so weit, im WRC mitzugeigen.

Noch ernster ist die Lage bei M-Sport-Ford: Teamchef Malcolm Wilson tendiert dazu, seinen 14fachen WM-Laufsieger Mikko Hirvonen nach einer abermals schwachen Saison in Frührente zu schicken. Der 34-jährige Finne ist aber wie Östberg kein Asphalt-Spezialist. Ganz anders Robert Kubica: Dem früheren Formel-1-Star sind die eher breiten und eher schnellen und mittelschnellen Kurven im Elsass wie auf den Leib geschneidert, aber allzu oft ging dem Polen in dieser Saison die Straße aus. Den klaren Auftrag, auf der Piste zu bleiben hat Elfyn Evans in einem weiteren M-Sport-Fiesta. Der Waliser gilt für 2015 als gesetzt und soll Erfahrung auf dem für ihn unbekannten Terrain sammeln.

VW zeigt sich entspannt

Im erfolgsverwöhnten VW-Team lehnt man sich angesichts des schon in Australien eingefahrenen Marken-Titels entspannt zurück, um das Duell der beiden Polo-Fahrer zu verfolgen. Anstatt sich Sorgen um ein Debakel wie beim Heimspiel in Trier zu machen, ist Sportchef Jost Capito in freudiger Erwartung: "Nach dem Gewinn der Hersteller-WM können wir uns ganz darauf konzentrieren, diesen wirklich außergewöhnlichen und für die Saison prägenden Zweikampf zu verfolgen. Die Rallye Frankreich verspricht, ein weiteres Highlight der WM-Saison zu werden. Beide haben das Zeug, den jeweils anderen zu schlagen.“

In der Junioren-WM ist der einzig deutsche Teilnehmer nicht mehr am Start. Nachdem er durch Getriebeprobleme den Sieg beim Heimspiel unglücklich verpasste, hat Christian Riedemann keine Chance mehr auf den Titel. Citroën Deutschland zog den Sulinger daraufhin vom Start in Straßburg zurück und lässt ihn stattdessen am gleichen Wochenende als Trostpreis bei der gar nicht allzu weit entfernten Rallye Baden-Württemberg antreten.

Mit 303 Kilometern ist der französische WM-Lauf einer der kürzesten im Kalender. Nach dem zeremoniellen Start am Donnerstag (2.10.) sind vom Freitag bis zum Sonntagmittag 18 Prüfungen zu absolvieren, bevor vor dem Sportzentrum Zenith in Straßburg-Eckbolsheim um 15 Uhr der Sieger und möglicherweise auch der Weltmeister gefeiert wird.

Beim Kampf um den Gesamtsieg dürften Francois Delecour und Romain Dumas keine Rolle spielen, aber der frühere Monte-Carlo-Sieger und der Le-Mans-Spezialist haben das Zeug zum Publikumsliebling. Beide treten auf Porsche an und versuchen das 911-Duell für sich zu entscheiden. Die auf dem Cup-Auto basierenden GT2 haben lediglich Heckantrieb. Sollte es regnen, dürfte es für die Piloten heikel und für die Zuschauer unterhaltsam werden.