Im Vorjahr stand kein Finne auf dem Podium bei der Rallye Finnland. Kein einmaliger Vorgang in der Geschichte der 40-jährigen WM-Geschichte der Rallye, aber ein äußerst seltener. Und so stehen VW-Pilot Jari-Matti Latvala und Mikko Hirvonen im M-Sport-Ford beim Heimspiel gehörig unter Druck.
Hirvonen, zweifacher Finnland-Sieger muss nach mauen Auftritten in Sardinien und Polen den Glauben seiner Landsleute an ihn wieder herstellen und ist sich seiner Aufgabe bewusst: "Wir alle wollen einen Finnen ganz oben auf dem Podium sehen, und ich fände es super, wenn ich dieser Finne wäre."
Nach einigen starken Auftritten 2014 lief es auch bei Jari-Matti Latvala nach Plattfuß in Italien und Aufhängungsschaden in Polen alles andere als rund. In der WM-Tabelle hat der 29-Jährige schon 50 Zähler Rückstand, umso mehr muss er in der Heimat das Ruder herumreißen: "Nachdem es im vorigen Jahr nicht gut gelaufen ist, will ich dieses Jahr natürlich wieder angreifen und im Idealfall auch meinen Teamkollegen Sebastien Ogier schlagen", verspricht der Tabellenzweite.
Vorjahressieger Ogier wieder Favorit
Doch Weltmeister und Tabellenführer Ogier war 2013 in den Wäldern rund um die mittelfinnische Metropole Jyväskylä so stark, dass er nicht nur die Rallye mühelos gewann, sondern auch noch mit einer neuen Rekordzeit auf der legendären Prüfung Ouninpohja das Allerheiligste raubte. Der Franzose hatte zwar bei den Testfahrten im VW Polo ein Aha-Erlebnis bei hohem Tempo, aber das dürfte seinem Selbstvertrauen kaum abträglich sein.
Der Vorjahreszweite dagegen wurde beim Testen etwas durchgerüttelt. Thierry Neuville, 2013 im Ford Fiesta auf dem Podium versenkte seinen Hyundai i20 im Unterholz. Doch auf den enorm talentierten Belgier muss die Heimmannschaft Suomis dennoch ein Auge haben.
Neuville wird auch für seine Teamkollegen die Messlatte sein. Youngster Haydon Paddon hat zwar in World Rally Cars noch nicht allzu viel Übung, verkündet aber: "Mit seinen schnellen Strecken ist Finnland für mich wie ein zweites Zuhause." Vor allem aber Juho Hänninen muss beim Tiefflug durch die Wälder zeigen, dass er zu Recht in einem Werksauto sitzt. Mit Bestzeiten und Führungskilometern für das junge Hyundai-Team kommt er immerhin mit guten Referenzen nach Hause.
Östberg gewinnt Finnland-Generalprobe
Kris Meeke fuhr im Citroën DS3 2013 stark, legte sich aber kurz vor dem Ziel zum Missfallen seines Teamchefs Yves Matton ab. 2014 hat der Nordire mehr Übung im schwer beherrschbaren Ex-Loeb-Auto. Mit ihm ist in den Top Fünf ebenso zu rechnen wie mit Teamkollege Mads Östberg, der ist zwar kein Finne, aber in seiner Heimat Norwegen geht es mitunter auch furchtbar schnell durch den Wald.
Zudem erzielte Östberg auf finnischem Territorium erst am Wochenende vor der Rallye einen Achtungserfolg. Er gewann eine Showveranstaltung gegen diverse frühere und aktuelle Rallyegrößen auf einem Stadtkurs in Helsinki.
Immer schneller wird auch VW-Junior Andreas Mikkelsen, der nicht nur den dritten Rang in der WM-Tabelle belegt, sondern im Weltmeister-Team auch zunehmend die Hackordnung in Frage stellt. Zuletzt studierte Ogier die Zeiten des Nachwuchses mit erhöhter Aufmerksamkeit, Latvala hat schon mal die Rückspiegel geputzt: "Ich denke, dass er ganz vorn dabei sein wird", sagt er anerkennend.
Mit etwas Sorge blickt man dagegen im M-Sport-Team auf den Nachwuchs. Während Elfyn Evans im Allgemeinen eher zurückhaltend an unbekanntes Terrain herangeht, nähert sich der frühere Formel-1-Mann Robert Kubica dem Limit eher von oben. Bereits zehn Mal ist der Polo in den sieben Rallyes der ersten Saisonhälfte von der Straße geflogen, beim Finnland-Test konnte er sich eine weitere Kerbe in den Bettpfosten schnitzen.
Rallye der 1.000 Sprungkuppen
Das Verlassen der Strecke ist in Finnland kein Spaß. Abgesehen von der Polen-Rallye ist der Lauf in Jyväskylä die schnellste Veranstaltung des Jahres. Keine Rallye weist mehr Sprungkuppen auf. Allein auf den rund 30 Kilometern von Ouninpohja heben die Autos mindestens 30 Mal richtig ab. Durchschnittsgeschwindigkeiten jenseits der 120 km/h sind eher die Regel, die ersten vier Gänge werden eigentlich nur bei wenigen, engen Abzweigen benötigt.
"Hier brauchst du eine Menge Vertrauen in dich und dein Auto", sagt der Vorjahressieger, der darauf hinweist, dass der Finnland-Sieg im Vorjahr ein besonderes Schmuckstück in seiner Statistik ist Und der Champion kündigt an: "Ein Finnland-Sieg reicht mir nicht, ich will mehr."
Ganz sicher leer wird der einzige deutsche Starter in der Nennliste ausgehen. Der deutsche Citroën-Fahrer Christian Riedemann meldet sich in der Junioren-WM krank ab. Der Sulinger leidet an einer Ellbogenentzündung und will diese erst auskurieren, um den Start beim Heimspiel in Deutschland Ende August und seine Meister-Prüfung in Kfz-Mechatronic nicht zu gefährden.
Die Rallye Finnland beginnt am Donnerstagnachmittag (31.7.2014), geht über 26 Wertungsprüfungen mit insgesamt 361 Kilometern und endet am Sonntagmittag. Für die Finnen zählt in Jyväskylä nur der Sieg. Der zweite mögliche Triumph beim Heimspiel wird ihnen 2014 durch den Veranstalter verwehrt. Ouninpohja wird nur zur Hälfte gefahren. Der Ogier-Rekord ist frühestens im kommenden Jahr wieder angreifbar.
In unserer Galerie zeigen wir Ihnen noch einmal die Finnland-Highlights aus dem Vorjahr.