In der 99-jährigen Geschichte des Pikes Peak wurde dieses Jahr eine Premiere gefeiert. Zum ersten Mal landete ein Elektro-Rennwagen beim traditionsreichen Bergrennen in Colorado ganz vorne in der Gesamtwertung. Rhys Millen, der normalerweise in der Global RallyCross Meisterschaft unterwegs ist, bezwang den Berg aller Berge mit seinem surrenden Eigenbau in 9:07.022 Minuten.
Der in Lettland entwickelte und gefertigte Prototyp mit dem etwas sperrigen Namen "eO PP03" gibt zwar kaum Geräusche von sich. Doch davon sollte man sich nicht täuschen lassen. Gleich 6 Elektromotoren - 3 an jeder Achse - gespeist von einer 50 kWh Litium-Ionen-Batterie sorgen auch auf steilen Rampen für ordentlichen Vortrieb. Insgesamt bringt es das skurrile Gefährt auf wahnsinnige 1.368 PS.
Elektro-Rennwagen am Pikes Peak im Vorteil
Der leichte Carbon-Renner, der in seiner Form etwas an einen Le Mans-Prototypen erinnert, ist mit großen Flügeln am Heck und an der Front ausgerüstet. In den engen Serpentinen der knapp 20 Kilometer langen Strecke muss vor allem die Vorderachse auf der Straße kleben. Bei PS-Zahlen im vierstelligen Bereich ist aber eigentlich überall Anpressdruck und Grip gefragt.
Im Vergleich zur Verbrenner-Konkurrenz hat die Elektro-Rakete einen entscheidenden Vorteil: Auf dem Gipfel in 4.300 Metern geht den Benzinern im wahrsten Sinne des Wortes die Luft aus. Mangels Sauerstoff verlieren die konventionell angetriebenen Rennautos mit jedem der 1.440 zu bewältigenden Höhenmeter an Leistung.
So ging auch der zweite Platz in diesem Jahr an ein Elektro-Auto: Nobuhiro "Monster" Tajima brachte ebenfalls einen Eigenbau mit mehr als 1.000 PS an den Start, verfehlte die Bestzeit allerdings um 20 Sekunden. Der mittlerweile 65-jährige Japaner hat durch seine zahlreichen Auftritte am Pikes Peak bei den Fans bereits Kultstatus erreicht. Schon seit 2012 tritt der Altmeister mit Elektrorennwagen beim wichtigsten Bergrennen der Welt an.
Rhys Millen trotz Elektro-Rekord nicht ganz happy
Die Rekordmarke von Sebastian Loeb aus dem Jahr 2013 wurde dieses Jahr übrigens (noch) nicht geknackt. Mit einer Zeit von 8:13.878 Minuten war der Franzose in seinem Peugeot damals 54 Sekunden schneller. Das klingt beruhigend, doch ewig wird der Bestwert wohl nicht stehen bleiben. Rhys Millen berichtete nach seiner Siegerfahrt, dass ihm durch einen Defekt auf dem Weg zum Gipfel fast die Hälfte der Elektro-Power verloren ging.
"Wir haben schon vor Halbzeit ein komplettes Motorpaket im Heck verloren. Das ist etwas enttäuschend. Solche Sachen lernt man erst, wenn man mal die ganze Strecke an einem Stück fährt. Eine Zeit von 8:38 Minuten sollte nach unseren Berechnungen locker drin sein. Wir haben zwar einen neuen Rekord für Elektro-Rennwagen geschafft, aber damit alleine bin ich nicht ganz glücklich", erklärte der Sieger später.
In unserer Bildergalerie zeigen wir Ihnen die Fotos von den Elektro-Raketen an der Spitze des Pikes Peak-Klassements und viele faszinierende Impressionen vom "Race to the clouds" 2015.