Am Anfang hielten es viele für einen Gag. Oder die Fortsetzung des Garage 56-Projekts, das Nissan mit seinem Deltawing in den letzten Jahren bereicherte. Doch der Nissan GT-R LM Nismo ist ein echter Teilnehmer und kein Versuchsprojekt. Trotzdem setzt er die Tradition des Hauses mit ungewöhnlicher Technik aufzufallen nahtlos fort.
Nissan wollte die Konkurrenz überlisten
Die Autos bringen ein Konzept in den Motorsport zurück, das im Formelsport seit 50 Jahren ausgestorben ist. Mitte der 60er Jahre wurden die letzten Frontmotor-Roadster in Indianapolis beerdigt. In der Formel 1 war mit dem Motor vor dem Fahrer schon Ende 1960 Schluss. Nissan wollte mit seinem Coup die Konkurrenz überlisten.
Doch der Versuch ist vorerst grandios gescheitert. Weil der Nissan Probleme mit den Bremsen, den Reifen und dem Antrieb bekam. Wo Hybrid draufsteht, ist nicht Hybrid drin. Die erhofften zwei Megajoule an der Hinterachse können nicht geboostet werden, da es Probleme mit dem Powermanagement gab. Jetzt müssen die 750 PS aus dem Dreiliter-V6-Biturbo reichen. Und die werden nur über die Vorderräder abgegeben. Die dementsprechend leiden.
Manchmal tut Innovation weh
Die schnellste Zeit wurde von dem Trio Simon Trummer, Michael Krumm und Harry Tinckwell am Donnerstag gefahren. Mit 3.36,995 Minuten war der beste Nissan 20 Sekunden langsamer als die Pole Position des Porsache 919. Und immerhin noch 10 Sekunden schlechter als die privaten LMP1 von Rebellion. Mit letzter Kraftanstrengung setzten sich die drei Nissan vor das schnellste LMP2-Auto, den Ligier-Nissan von Rusinov/Bird/Canal.
Teamchef Ben Bowlby lässt das kalt. Er schwört auf sein Konzept. "Wir hatten bei unserer Premiere eine riesige Aufgabe zu stemmen und haben sie glänzend gelöst. Hier sind drei brandneue Autos und drei neu zusammengestellte Teams. Wir haben in den zwei Tagen hier bewiesen, dass die Abläufe stimmen und dass die Autos laufen. Mit den Rundenzeiten sind wir noch nicht da, wo wir hinwollen. Doch das, was wir dieses Jahr zeigen, wird das Fundament für ein erfolgreiches Jahr 2016 werden. Manchmal tut Innovation weh. Aber sie wird sich auszahlen."
Nissan wird also an seiner ungewöhnlichen Fahrzeugphilosophie festhalten. Experten werfen den Japanern vor, sie würden nur Geld verbrennen für etwas, das nie funktionieren kann. Die Verantwortlichen des Teams sehen das anders: "Wir haben hier vier unterschiedliche Autos mit unterschiedlichen Motoren und Hybridkonzepten. Einer von uns hat den Motor an der falschen Stelle." Ben Bowlby glaubt, dass damit Porsche, Audi und Toyota gemeint sind.
Allrad soll alle Probleme lösen
Nissan klopft sich selbst auf die Schulter, die Testfahrten für sein Experiment vor Publikum auszutragen. Für diesen Mut sollte man bewundert und nicht abgestraft werden. "Wir sind offen, wir sind ehrlich. In Gegensatz zu anderen haben wir nie verschwiegen, dass wir den ersten Crashtrest nicht bestanden haben. Und wer zeigt schon alle technischen Details so ungeschminkt in der Öffentlichkeit?" wirbt Marketingchef Darren Cox für Sympathie.
Die Nissan haben bislang 4.000 Testkilometer abgespult. Was zu Beginn ein unlösbares Problem schien, beginnt nun langsam zu funktionieren. Nicht schnell, aber besser als es die größten Pessimisten voraussagten. Max Chilton ist einer von neun Fahrern, die sich mit den rasenden Zigarren mit ihrem Frontmotor anfreunden mussten: "Es läuft viel besser als am Anfang. Das Auto ist jetzt stabil auf der Bremse. Es hat massiv Abtrieb und ist superschnell auf der Geraden. Unsere Topspeeds zeigen, dass wir mit unserer Idee richtig liegen. Wenn erst einmal die Elektropower dazukommt, sind wir in der Disziplin unschlagbar."
Viele glauben, dass Nissan am Ende nur auf der Geraden punkten wird. In den langsamen Kurven zeigen sich die Probleme. Da dauert es eine Ewigkeit, bis die Nissan auf Speed kommen. "Im Moment fühlt es sich für uns ziemlich rutschig an. Wir haben aus den Ecken raus keinen Grip. Aber wir haben aber auch im Gegensatz zu den anderen noch keinen Allradantrieb. Der wird dieses Problem lösen", hofft Chilton.
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