Es ist das längste Rennen der Welt. Der Distanzrekord in Le Mans steht auf 5.410,7 Kilometern, aufgestellt 2010 vom Audi-Team Rockenfeller/Bernhard/Dumas. Diese Distanz muss ein Auto können. Plus Reserve. Bei Porsche gilt die eiserne Regel: Ein Kit muss in der Lage sein, 6.500 Kilometer zu überstehen.
Während der 24 Stunden Rennen darf alles getauscht werden außer dem Motor, dem Getriebegehäuse und dem Chassis. Alle anderen Teile liegen vorbereitet in der Garage. In zweifacher Ausführung. Doch welches Kit wann und wo zum Einsatz kommt, ist eine spannende Geschichte. Sie zeigt, wie komplex die Vorbereitung auf Le Mans ist.
Porsche 919-Rennteile beim Shakedown auf Bugatti-Kurs
Es beginnt mit dem Vortest. Da sind alle drei Porsche 919 Hybrid brandneu. Am Ende der Testfahrten zwei Wochen vor dem Rennen haben die Teile dann rund 800 Kilometer auf der Uhr. Am Montag danach werden sie ausgebaut und als Ersatz-Kit Nummer 1 vorbereitet. Im Wesentlichen geht es um die vier Ecken des Fahrzeugs, die Kühler und die Getriebeinnereien.
Am Dienstag nach dem Vortest waren die drei Porsche mit den Teilen bestückt, die später das Rennen bestreiten sollen. Sie wurden bei einem Shakedown auf dem Bugatti-Kurs von Le Mans eingefahren und danach gleich wieder ausgebaut. Für die beiden offiziellen Trainingstage am Mittwoch und Donnerstag wurde eine dritte Garnitur der großen Komponenten an die 919-Chassis mit dem V4-Turbo geschraubt. Nicht ganz neu. Die Komponenten hatten bei Rennen zuvor bereits 300 bis 400 Kilometer zurückgelegt. Während der beiden Trainingstage kommen noch einmal jeweils 1.000 Kilometer dazu.
Eineinhalb Minuten für eine Fahrzeugecke
Donnerstagnacht beginnt dann für die Porsche-Mechaniker der große Umbau. Das Renn-Kit vom Shakedown kommt wieder an die Autos. Und das Trainings-Set wird zum Ersatzteillager Nummer 2. Beim Aufbau der Rennautos wird jede Schraube zwei Mal angeschaut, jeder Handgriff doppelt und dreifach geprüft.
In der Garage stapeln sich die beiden Ersatz-Kits. Sie sind im Notfall in Windeseile ans Auto geschraubt. "Eine Ecke, also zum Beispiel die komplette rechte Vorderachse mit Antriebswellen, Radträgern und entlüfteten Bremsen schaffen wir in eineinhalb Minuten", verrät Einsatzleiter Urs Kuratle. Im letzten Jahr lag die Bestzeit noch bei 2.18 Minuten. Aber da war Porsche ja auch noch neu im LMP1-Geschäft.
Was sich wie ein gigantischer Aufwand anhört, ist tatsächlich relativ effizient. Wenn Le Mans ohne große Schäden vorbei ist, dann kann Porsche mit der Renngarnitur und den beiden Ersatz-Kits die komplette restliche Saison bestreiten. Weil die nicht gebrauchten Komponenten noch genügend Restlaufzeit haben. Bei den nachfolgenden Sechsstunden-Rennen werden nur 1.200 Kilometer abgespult.
Insofern wäre es ein finanzieller Irrsinn, wenn der ACO und die FIA ihr Vorhaben in die Tat umsetzen und Le Mans zum Saisonfinale erklären. Dann würden all die Teile lange vor Ende ihrer Lebensdauer ins Lager wandern.
Fahrer üben Reparaturen
Die Mechanikercrews für die drei Autos bestehen aus je sechs Leuten. Sie arbeiten während der 24 Stunden durch. Im Schichtbetrieb wird nur bei den Marathon-Tests im Winter gearbeitet. Jeder Handgriff ist tausendfach geübt. Doch es gibt immer noch Reparaturen, die ein Rennen kaputtmachen können. Der Wechsel der Batterie dauert eineinhalb Stunden. Weil sie gut versteckt tief im Inneren des Autos platziert ist.
Auch die Fahrer müssen manchmal Mechaniker sein. Wenn das Auto mit einem Defekt an der Strecke stehenbleibt, darf nur der Fahrer reparieren. Er wird über Funk instruiert. Dafür gibt es ein extralanges Kabel, damit der Fahrer auch außerhalb seines Autos mit der Box kommunizieren kann.
Das Werkzeug-Set wiegt ein knappes Kilogramm und ist rechts vom Fahrersitz verstaut. Darin enthalten sind Schraubenzieher, Gabelschlüssel und Spezialwerkzeug zum Abnehmen der Verkleidung. Die Fahrer müssen sich auf den Einsatz vorbereiten. Jeden Donnerstag vor dem Rennen wird im sogenannten "Cockpittraining" eine halbe Stunde lang mit jedem Fahrer für bestimmte Schadensfälle der Ernstfall exerziert.
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