Kommentar zu Nissan in Le Mans: Öffentliche und offizielle Demütigung

Kommentar zu Nissan in Le Mans
Öffentliche und offizielle Demütigung

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Das Qualifying war vorüber, der Fisch war geputzt, alle lagen schon im Bett am Freitagmorgen um 2.36 Uhr. Zu dieser Zeit, gut zweieinhalb Stunden nach Ende der letzten Qualifikationssitzung für das 24h-Rennen in Le Mans, erschien die Entscheidung Nummer 28 der Sportkommissare. Darin wurden insgesamt sieben Fahrzeuge aufgelistet, deren Fahrer aus ganz unterschiedlichen Gründen nicht die rundenzeitenmäßigen Mindestanforderungen erfüllten, die im Sportlichen Reglement (Art. 68 B 2.8.2) festgelegt sind, um am Rennen teilzunehmen. Das passiert immer mal wieder, aber diesmal befanden sich unter den sieben Fahrzeugen auch alle Piloten der drei Werks-Nissan aus der LMP1-Klasse – eine öffentliche Demütigung.

Nissan GT-R LM Nismo erschreckend langsam

Die sogenannte 110-Prozent-Regel, auf der die Entscheidung der Sportkommissare basiert, gibt es eigentlich nur deshalb, um unfähige Fahrer auszufiltern und sie bei offenkundiger Nicht-Leistung aus dem Starterfeld auszusieben. Im Fall von Nissan liegt die Sache freilich völlig anders. An der Qualifikation der Fahrer wie Jann Mardenborough oder Michael Krumm besteht kein Zweifel. Vielmehr sind die Nissan-Wagen einfach so erschreckend langsam, dass ihre Fahrer die vom Reglement gesetzten Mindestanforderungen gar nicht erfüllen können.

Die Pole-Zeit von 3.16.887 Minuten (Porsche 919 Hybrid) liefert in der LMP1-Klasse die Referenzzeit für die Berechnung der 110-Prozent-Regel. Demnach hätten die Nissan eine Rundenzeit von 3.36,575 Minuten erreichen müssen, also knapp 20 Sekunden über der Pole-Zeit. Vom fünftgrößten Autohersteller der Welt (Renault-Nissan) hätte man erwarten sollen, nein müssen, dass er bei korrekter Vorbereitung diese Hürde auch mühelos meistert.

Nissan hält Versprechen nicht

Nissan hat nicht nur diese formale Hürde nicht übersprungen, sondern auch zahlreiche Versprechungen nicht gehalten, die noch in der Rennwoche vollmundig kundgetan wurden:

  • Nissan würde viel schneller fahren als die LMP2-Wagen – in Wahrheit war Nissan nur etwas mehr als eine Sekunde schneller;
  • man würde den privaten LMP1 des Kolles-Teams mühelos hinter sich lassen – in Wahrheit war sogar der schneller;
  • man würde mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die privaten Rebellion-LMP1-schlagen – in Wahrheit waren die volle 10 Sekunden schneller;
  • man würde im Zeittraining locker unter 3.30 Minuten bleiben – in Wahrheit war man meilenweit davon entfernt.

Zur öffentlichen Blamage der schlechten Rundenzeiten kommt jetzt für Nissan also noch die offizielle Demütigung durch den Veranstalter: Anstatt von den Qualifikationspositionen 12, 13 und 15 zu starten, wurde Nissan ans Ende des Prototypen-Starterfeldes verbannt, auf die Plätze 301, 31, und 32 – hinter die LMP2-Wagen, und weit weg vom Blickwinkel jeder Fernsehkamera. Härter ist in Le Mans noch kein Hersteller für seine Nicht-Performance abgestraft wrden.