Interview Mick Schumacher: F1 bleibt Traum

Mick Schumacher vor WEC-Debüt
:
„Schiele mit einem Auge auf die Formel 1“

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Alpine-Neuling Mick Schumacher startet Anfang März zum ersten Mal in der Sportwagen-WM WEC. Im Interview spricht er über die Eingewöhnung mit dem LMDh-Renner A424 und erklärt, warum die Langstrecke seine Chancen auf die Formel 1 erhöht.

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Wie viele Testkilometer konnten Sie im Alpine A424 bereits sammeln?

Schumacher: Ich würde die Gesamtdistanz auf 2.000 bis 3.000 Kilometer schätzen.

Was fällt einem Formel-1-Fahrer als Erstes auf, wenn er in einen Prototyp umsteigt?

Schumacher: Man hat plötzlich eine Scheibe vor sich (lacht). Als Pilot merkt man natürlich das höhere Gewicht, das sich auch durch die Aerodynamik nicht kompensieren lässt. Das wird immer ein Teil des Autos und damit auch des Fahrgefühls sein. Das ist ein großer Punkt für mich. Das Fahrzeug fühlt sich sehr träge und sehr schwer an. Im Vergleich zu den anderen Autos im Feld ist es aber natürlich gleich schwer. Nur wenn man direkt von einem Formel-1-Fahrzeug umsteigt, denkt man sich schon: Was ist denn hier los? Erst nach der Eingewöhnungszeit fühlt es sich dann relativ gut an.

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Der Deutsche teilt sich den #36-Alpine mit Nicolas Lapierre und Matthieu Vaxivière – zwei ausgewiesene Langstrecken-Könner.

Parallel sind Sie Simulator- und Testfahrer von Mercedes. Wie schnell bekommen Sie die Umstellung hin?

Schumacher: Das ist gar kein Problem. Als Profi-Rennfahrer muss man wechseln können. Gewohnheit und das Muskelgedächtnis helfen dabei.

Helfen zusätzlich auch Ihre szeneerprobten Kollegen?

Schumacher: Auf jeden Fall. Ich lerne viel Neues dazu und freue mich, dass es bald losgeht in Katar. Dort werde ich mit mehr GT3-Autos und Hypercars auf der Strecke fahren. Das wird ein großer Unterschied sein. Es hilft sicher, dass ich Katar kenne. Da habe ich den Vorteil, dass ich mich etwas schneller wohlfühle.

Wird es die größte Herausforderung, schnell durch den Verkehr zu kommen?

Schumacher: Ja, da muss man die richtigen Entscheidungen treffen. Manchmal ist es besser, die langsameren Autos erst vorneweg fahren zu lassen und sie dann zu überholen, wenn es sicherer ist. Viele von den anderen Fahrern haben einen Amateurhintergrund – sind vereinfacht der Chirurg oder Zahnarzt von nebenan – und brauchen mehr Zeit für sich als die Profis.

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Rücksicht gilt es ebenso innerhalb des Teams zu nehmen. Wie stellen Sie sich auf Ihre Kollegen ein?

Schumacher: Ich glaube, das ist gar nicht so schwer, wie man es sich vorstellt. Im Endeffekt muss man seine Leistung bringen und auf sich selbst schauen. Ich will für mich den bestmöglichen Job abliefern. Außerhalb des Autos müssen wir mehr kommunizieren und uns helfen. Das ist eine ganz neue Herangehensweise für mich, die ich aber relativ positiv finde. Denn man lernt viele neue Tricks dazu und kann sie ausprobieren.

Wie sehr unterscheiden sich die Reifen?

Schumacher: Wir haben in der WEC keine Heizdecken. Das heißt, wir fahren mit eiskalten Reifen auf die Strecke raus. Der große Faktor wird in diesem Jahr sein, die Reifen zum Funktionieren zu bringen. Für mich ist das eine positive Erfahrung, weil ich dann – wenn es hoffentlich zurück in die Formel 1 geht – an das Fahren ohne Heizdecken gewöhnt sein werde.

Sind die Energiemanagements der beiden Hybridauto-Konzepte irgendwie vergleichbar?

Schumacher: Es sind andere Herangehensweisen. Im Hypercar ist der State-of-Charge kein so großes Thema. Wir kriegen eine gewisse Gesamtsumme an Energie, die wir verbrauchen können. Je mehr wir zurückhalten, desto länger können wir den Stint ziehen. Das verringert die Boxenstopps. In die Verteilung stecken wir viel Aufwand bei der Vorbereitung – speziell für Le Mans.

Mitte Juni steht Ihr Debüt in Le Mans an. Was erwarten Sie vom Saisonhöhepunkt?

Schumacher: Ich freue mich einfach! Bislang war ich noch nie vor Ort und habe es nur einmal über das Handy mitverfolgt. Grundsätzlich ist die Formel 1 immer das einzige Ziel für mich gewesen. Nun habe ich aber die Chance, es selbst als Fahrer zu erleben, und nachdem mir meine Teamkollegen erzählt haben, wie schön das Event ist, gehe ich mit einem offenen Mindset an das Wochenende ran.

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Sehen Sie Parallelen zum Le-Mans-Programm Ihres Vaters, das den Weg in die Formel 1 ebnete? Oder könnte die Langstrecke auch eine Perspektive werden?

Schumacher: Mir hat das Rennfahren gefehlt und die WEC war die bestmögliche Option dafür. Natürlich schiele ich mit einem Auge auf die Formel 1 und könnte mir vorstellen, dass sich beim aktuellen Chaos die eine oder andere Tür öffnet. An dem großen Traum wird sich nichts ändern.

Was bedeutet das Doppelprogramm für Ihre Reiseplanung?

Schumacher: Das sind ein paar mehr Rennwochenenden, als ich es gewohnt bin. Dazu gibt es ein recht großes Testprogramm mit dem Hypercar. Ich hoffe, dass ich trotz der sechs sich überschneidenden Termine das Beste herausholen kann. Ich freue mich auf die Challenge – das wird es auf jeden Fall eine werden.

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