Dass es emotionalere Autos gibt als einen CR-V mit Hybridantrieb, dürften sie bei Honda nur zu gut wissen. Über fünf Modellgenerationen hinweg haben die Japaner das klaglos hingenommen. Doch nun scheinen sie fest entschlossen zu sein, dem Graubrot-Image entgegenzuwirken. Weshalb Honda Performance Development (HPD), die Werkstuning- und Motorsportabteilung der nordamerikanischen Honda-Dependance, bald einen Motorsport-Ableger auf die Strecke bringt.
Nachdem Honda mit einem 30-sekündigen Teaservideo vor einigen Tagen einen Vorgeschmack geliefert hatte, präsentierte der Hersteller am 28. Februar 2023 den Hybrid-Renner in voller Pracht. Den in Rot und Blau gefärbten CR-V lässt Honda im Rahmen des Saisonauftakts der IndyCar-Serie am 3. bis zum 5. März erstmals öffentlich los. Über das ganze Jahr verteilt soll das Projektauto an den Rennwochenenden der US-amerikanischen Formel-Meisterschaft mit Demofahrten für sich werben und Interesse wecken.
Biturbo-V6 im Honda
Unter der Haube steckt ein doppelt aufgeladener V6-Motor aus der IndyCar. Wie viel der Honda-Antrieb im SUV leistet, ist unbekannt. Grundsätzlich dürfte er aber um die 700 PS verfügen. Der Hubraum beträgt 2,2 Liter. Das Sechsganggetriebe stammt von Xtrac, die Turbolader von Borg Warner und McLaren Applied Technologies liefert das Motorsteuergerät. Der Rennkraftstoff kommt vom Mineralöl-Giganten Shell und ist zu 100 Prozent erneuerbar.
Im Gegensatz zur Formel-Serie verfügt der CR-V bereits über einen Elektro-Anteil. Die IndyCar-Autos hingegen fahren ab der Saison 2024 mit Hybrid-Technologie. Sowohl der SUV als auch die Rennserie setzen auf einen Superkondensator, der die elektrische Leistung sofort zuschießt und damit boostet. Der Superkondensator stammt im CR-V vom Unternehmen Skeleton, während die IndyCar einen von Mahle verwenden wird.
Kaum Serienteile am Hybrid Racer
Klar ist: Vom Serien-CR-V übernimmt der Hybrid Racer wenig bis gar nichts. Das Rohrrahmen-Chassis trägt ein mächtiges Carbon-Bodykit, das die Karosserie sowohl verlängert als auch enorm verbreitert. Die Frontschürze präsentiert einen riesigen Kühlerschlund und geht nahtlos in die Seitenteile über, in deren Radlaufverbreiterungen sich Entlüftungskiemen befinden. An der Front geben sich obendrein ein Splitter mit seitlichen Luftleitblechen und eine Motorhaube mit großem Luftauslass zu erkennen.
Die Vorderradaufhängung stammt vom Acura NSX GT3 Evo22, den HPD entwickelte. Hersteller Brembo liefert die Bremsen für den Hybrid Racer. An der Vorderachse sind die Bremsscheiben 380 Millimeter und hinten 350 Millimeter groß. Dort passt sie HPD an die Hinterradaufhängung an, die vom IndyCar-Chassis adaptiert ist, das der italienische Einheitslieferant Dallara baut.
Im Bereich der weit nach oben gezogenen Schweller geht es im voluminösen Stil weiter. In der Formel 1 würde man die seitlichen Aerodynamikhilfen wohl "Barge Boards" nennen. Darüber zeigt sich ein großer Lufteinlass, was unterstreicht, dass der (Verbrennungs-)Motor von der Front- in die Mittelposition wanderte. Die Abgasanlage tritt in Form eines großen und kleinen Endrohrs seitlich vor den Hinterrädern aus dem Auto heraus.
Flügel und Diffusor im Jumbo-Format
Hinten erscheint der Honda CR-V Hybrid Racer noch breiter als vorne. Eine klassische Heckschürze fehlt; zwischen dem unteren Ende der Heckklappe und dem XXL-Diffusor präsentiert er sich derart offenherzig, dass viel Technik zu erkennen ist. Im oberen Bereich krönt ein Flügel im Jumbo-Format das CR-V-Heck. Allem Anschein nach dient das, was aussieht wie eine Dachreling, als Luftleitelement, um den Flügel optimal anzuströmen.

Weitere Auffälligkeiten: Die Räder tragen Semi-Slicks von Firestone. Die Fahrertür öffnet nach vorne und etwas nach oben, während sich das Hinterteil ab der B-Säule komplett nach hinten klappen lässt – aus Gründen des Mittelmotor-Layouts. Innen geht es motorsporttypisch karg zu – mit einem Überrollkäfig und einem Lenkrad mit zahlreichen Verstellmöglichkeiten.
Wo setzt Honda den Hybrid Racer ein?
Offen bleibt zudem die Frage, ob der CR-V Hybrid Racer neben Demorunden auch in Wettbewerben eingesetzt wird. Denkbar sind Auftritte bei Bergrennen wie etwa dem Pikes Peak Hill Climb, der in diesem Jahr am 25. Juni stattfindet. Hier gibt es Klassen mit technisch sehr freien Reglements, in die ein solches Auto gut passen könnte. Vielleicht geht es für den Hybrid Racer aber auch auf den Drag Strip und vielleicht auch mal zum Driften?