In der Saison 2026 will Hyundai die großen Marken der Welt in der WEC herausfordern. Die Koreaner steigen auf den erfolgreichen Zug der neuen Hypercar-Klasse auf und sind bereits mittendrin in der Entwicklung eines eigenen Prototyps. Das Rennfahrzeug hört auf den Namen GMR-001 Hypercar, wobei "GMR" für Genesis Magma Racing steht. Damit sind 2026 mit Genesis, Ferrari, Toyota, Porsche, Peugeot, Alpine, BMW, Cadillac und Aston Martin gleich neun große Hersteller mit eigenen Fahrzeugen in Le Mans am Start. Ein Jahr später sollen auch noch Ford und McLaren folgen.
Mitte April haben die Koreaner die ersten Bilder vom Look des fertigen Rennwagens gezeigt. Die komplett in Orange und Rot lackierte Langstrecken-Flunder überzeugt auf den ersten Blick mit seiner athletischen Eleganz und Spannung. Das Team um Designchef Luc Donckerwolke nutzte die stilistischen Freiheiten des LMDh-Reglements geschickt aus, um die spezifische Design-DNA der Marke auf das Rennauto zu projizieren.
Dazu gehört zum Beispiel die doppelte horizontal ausgerichtete Lichtsignatur an der Front sowie im Heckbereich, außerdem nimmt die Seitenlinie das parabelförmige Stilmotiv der Genesis-Straßenmodelle auf. Die Formensprache ist insgesamt flüssig, aber trotzdem scharf und präzise, ohne Kompromisse bei der primär aerodynamischen Funktion der Bodykit-Oberflächen einzugehen.
Der flache Unterboden soll für Effizienz und hohe Top-Speeds sorgen, vor allem beim WEC-Saisonhöhepunkt in Le Mans. Elegant ins Design eingefügte Luftauslässe führen die Hitze des V8-Biturbo-Hybrid-Antriebs aus dem Carbonkleid nach außen ab. "Unser neues GMR-001 Hypercar steht wie die Magma-Sportmodelle für die Verbindung unserer traditionellen Design-DNA mit unseren Performance-Ansprüchen", erklärte Designchef Donckerwolke. "Oder einfach: Speed trifft auf Eleganz."

Fließende Linien und scharfe Kanten zeichnen das Design des Genesis Magma GMR-001 Hypercars aus.
WEC-Motor auf Basis des WRC-Triebwerks
Apropos V8-Biturbo: Der Designprozess für das Triebwerk begann im Juni 2024. Nach nur vier Monaten Entwicklung gaben die Ingenieure die Zeichnungen in die Produktion. Anfang 2025 wurde schließlich mit dem Zusammenbau begonnen, was fast einen Monat in Anspruch nahm. Am Dienstag (22.4.) teilte Hyundai offiziell mit, dass das komplette Aggregat erstmals im Motorsport-Entwicklungszentrum in Frankfurt gestartet wurde. Nach Angaben des Herstellers lief bei den ersten Prüfstandsläufen alles glatt. Nach und nach will man den Antriebsstrang bei den Testläufen um das Getriebe und die Hybrid-Komponenten erweitern und die Belastung erhöhen.
Die Architektur des neuen V8-Motors ist vom Vierzylinder-Reihenmotor aus dem Hyundai-Rallye-Programm abgeleitet worden. Es handelt sich quasi um zwei WRC-Aggregate, die in V-Form verbunden wurden und ihre Power auf eine gemeinsame Kurbelwelle wuchten. Entsprechend verdoppelte sich der Hubraum von 1,6 auf 3,2 Liter. Nach Angabe der Techniker teilen sich die Triebwerke 60 Prozent der Komponenten.
"Der Reihen-Vierzylinder ist ein ausgereiftes und effizientes Aggregat. Es handelt sich um einen waschechten Rennmotor, der eine gute Basis für den WEC-Antrieb liefert. Beim Rallyesport kommt es ja auch auf Standfestigkeit an. Es ist also ein guter Startpunkt für einen Motor, der in Le Mans 24 Stunden halten muss", erklärt Technikchef François-Xavier Demaison.
Die Ableitung aus einem bereits bestehenden Antrieb ist allerdings auch etwas aus der Not geboren worden, wie der Ingenieur zugibt: "Mit den engen Deadlines war klar, dass wir nicht genug Zeit haben, einen Motor von Grund auf neu zu entwickeln. Die Vorlaufzeiten für Design und Produktion sind sehr lang. Jedes Teil muss über viele Kilometer getestet werden. Das hat der WRC-Motor schon hinter sich. Also war es logisch, dass wir so viele Komponenten wie möglich übernehmen."

Die Hyundai-Ingenieure haben zwei WRC-Motoren mit 1,6 Liter Hubraum zu einem 3,2-Liter-V8 zusammengespannt.
Genesis Hypercar nach dem LMDh-Reglement
Das restliche Fahrzeug für die Top-Liga des globalen Langstreckensports wurde im engen Schulterschluss mit dem französischen Chassis-Spezialisten Oreca entwickelt. Jeder Hersteller in der LMDh-Klasse nach IMSA-Reglement kann aus vier LMP2-Monocoques auswählen. In der Szene herrscht Einigkeit darüber, dass Oreca über die größte Erfahrung verfügt und für höchste Qualität bürgt.
Die Hypercar-Topklasse erlaubt den Herstellern zwei Herangehensweisen: Entweder man baut das Monocoque samt Motor und Hybridsystem komplett selber, was teuer, zeitraubend und aufwendig ist – das ist der Hypercar-Ansatz (LMH) der Sportwagen-WM. Oder man verwendet eines von vier homologierten Monocoques, nutzt einen Einheitshybrid, verwendet einen seriennahen Motor und adaptiert die Designsprache seiner Marke auf das Bodykit, was günstiger ist und schneller geht – das ist der LMDh-Ansatz der amerikanischen IMSA-Serie.
Beide Untergruppen LMH und LMDh bilden zusammen die Hypercar-Topklasse, die sowohl in der IMSA wie auch in der Sportwagen-WM zugelassen ist. Dort sollen sie gegeneinander und gleichberechtigt um Siege und Titel fahren. Hyundai Motorsport unterstützt das Genesis-Programm bei der Entwicklung des LMDh-Renners mit seiner Expertise aus dem Rallye- und Tourenwagensport. Hyundai-Sportchef Cyril Abiteboul fungiert als Teamchef von Genesis Magma Racing, der Franzose Francois Xavier Demaison übernimmt die technische Gesamtleitung.

Gleich neun verschiedene Hersteller werden 2026 in Le Mans an den Start gehen.
Lotterer wechselt von Porsche zu Genesis
Das Team ist in der Nähe der südfranzösischen Rennstrecke Le Castellet stationiert. In der Saison 2025 spannt sich GMR bereits mit dem IDEC-LMP2-Team in der European Le Mans Serie zusammen, um Mechaniker und Ingenieure auszubilden. Das Piloten-Trio, bestehend aus der Britin Jamie Chadwick dem Franzose Mathys Jaubert und dem Spanier Daniel Juncadella, gehört natürlich auch zum Kreis der Kandidaten, die als mögliche Stammfahrer gehandelt werden.
Zwei Top-Piloten hat Genesis Magma Racing bereits für das Werksprogramm unter Vertrag genommen. Mit Luis Felipe Derani haben die Koreaner einen Spitzen-Fahrer aus der amerikanischen IMSA-Serie verpflichtet. "Für mich ist das die Erfüllung eines Traums, denn ich wollte schon immer in der Sportwagen-WM mit einer Top-Marke antreten. Und natürlich ist es sehr vorteilhaft, gleich von Beginn an Teil eines solchen Programmes zu sein, weil man so dem Team bei der technischen Entwicklung besser helfen kann", so Derani.
Eine kleine Sensation war die Verpflichtung des bisherigen Porsche-LMDh-Werkspiloten André Lotterer. Der 43-jährige Duisburger gewann in der abgelaufenen Saison mit seinen Porsche-Teamkollegen Kévin Estre und Laurens Vanthoor den Fahrertitel in der Sportwagen-WM. Sein Vertrag wurde trotz des Erfolges aber nicht verlängert. Jetzt hat Lotterer bei Hyundai und Genesis angedockt, und zwar nicht nur als Entwicklungs- und Simulator-Pilot, sondern auch als Einsatzfahrer für die Saison 2026.
Das GMR-Team wird 2026 in die Sportwagen-WM (WEC) einsteigen und dabei natürlich auch in Le Mans gegen die große Konkurrenz vieler Hersteller antreten. Ein Jahr später soll das Renndebüt in der amerikanischen IMSA-Meisterschaft erfolgen. Erste Testfahrten des GMR-001 sind ab Mitte 2025 geplant. Das passt übrigens zeitlich perfekt zum Launch der Genesis-Sportmarke Magma, die ebenfalls ab 2025 die ersten Modelle ausrollen will. Somit unterstützt und begleitet das Hypercar-Programm den Start der neuen sportlichen Submarke von Genesis.