Wenn du ihn nicht schlagen kannst, hole ihn in dein Team. Abt Sportsline gelang durch die Verpflichtung von Mirko Bortolotti der größte Transfer-Coup der jüngeren DTM-Historie. Schon seit der Ankündigung des Überlaufens zu Lamborghini im Herbst 2024 – und des damit verbundenen De-facto-Endes von Audi in der deutschen Meisterschaft – hielten sich die Gerüchte.
Der Austro-Italiener unterstreicht allerdings: "Die Gespräche haben gleich nach dem Finale der letzten Saison begonnen. Sie haben mir das Gefühl gegeben, mich unbedingt im Team haben zu wollen. Die Startnummer 1 auf meinem Auto zu sehen, ist etwas ganz Besonderes. Das gilt auch für die Rückkehr in die Red-Bull-Familie. Ich bin 2009 Teil des Red-Bull-Junior-Kaders geworden und habe Red Bull in meiner Karriere viel zu verdanken."
Die Allgäuer Traditionsmannschaft setzt dadurch ein klares Statement. Auch wenn der letzte Teamtitel im Jahr 2020 kein langes Scrollen in den Annalen verlangt, liegt der letzte Meisterpilot 16 Jahre zurück. 2009 triumphierte Timo Scheider in Abt-Material. Beide Wartezeiten sollen 2025 enden. "Für Abt Sportsline beginnt in der DTM eine ganz neue Zeitrechnung. Ich bin sehr stolz, dass wir mit Red Bull und Lamborghini zwei ikonische Marken zusammenbringen", bringt Firmenboss Hans-Jürgen Abt die Offensive auf den Punkt.
"FC Bayern der DTM" will Gipfel stürmen
Sein Motorsport-Direktor Martin Tomczyk betont ebenfalls die Tragweite: "Wir möchten mit unseren neuen Autos und Fahrern von Anfang an um Siege fahren und um den Titel kämpfen. Mirko Bortolotti bringt die Startnummer 1 mit auf sein Auto, das ist ein Ansporn, diese auch über das Jahr hinaus zu verteidigen. Jeder weiß, wie stark Mirko ist. Auf der Strecke macht er praktisch keine Fehler und auch menschlich passt er gut zu uns."
Obwohl Bortolotti natürlich für die größten Schlagzeilen sorgt, will er die zweite hochklassige Verpflichtung, Nicki Thiim, nicht als Randerwähnung durchgehen lassen. "Nicki hat in seiner ersten kompletten DTM-Saison nicht nur mit seinem Sieg auf dem Norisring gezeigt, welches Potenzial in ihm steckt." Der Sohn des 1986er-DTM-Champions Kurt Thiim, amtierende 24-Stunden-Spa-Sieger und Social-Media-Star weiß, wie er seiner neuen bayerischen Truppe schmeichelt.
"Mir wurde die DTM praktisch in die Wiege gelegt und mein Traum war schon als Kind, selbst DTM-Fahrer zu werden", erklärt der in Dubai lebende Däne. "Dieser Traum hat sich in der vergangenen Saison erfüllt. Ihn nun bei Abt Sportsline weiterleben zu dürfen, ist etwas ganz Besonderes für mich. Dort zu unterschreiben, ist so, als würde ich als Fußballspieler beim FC Bayern unterschreiben. Abt ist einfach das Team in der DTM."

Zwar treffen mit Thiim und Bortolotti zwei starke Egos aufeinander. In der vergangenen Saison ergänzten sich der Däne und der Italiener aber fantastisch.
Erfahrung am Lenkrad und Funk
Nach den Winterwechseln von Kelvin van der Linde zu BMW und Ricardo Feller zu Porsche melden sich die Alt-Meister stark zurück. Auch an den Kommandoständen bleibt weiterhin viel Können und Erfahrung gebündelt. Nicki Thiim bekommt einen Ingenieur zugeteilt, der bereits viel Zeit mit einem schnellen Dänen verbracht hat. Franco Chiocchetti war bei Abt in der DTM Renningenieur von Le-Mans-Rekordsieger Tom Kristensen.
Mirko Bortolottis Renningenieur wird Leon Wippersteg, der in den vergangenen zwei Saisons Kelvin van der Linde zu insgesamt vier DTM-Siegen und zur Vizemeisterschaft 2024 führte. Einer breiteren Öffentlichkeit präsentierte sich Wippersteg letztes Jahr durch die manchmal emotional angeheizten Zwiegespräche der Freunde.
Ob der ebenfalls für seinen markigen Charakter bekannte Bortolotti ähnliche Audio-Highlights erzeugen wird, bleibt eine Frage der Zukunft. Der 35-jährige Lamborghini-Werksfahrer resümierte im Rahmen des spektakulären Drift-Ausflugs am Fuße des berühmten Timmelsjoch: "Die letzten drei Jahre waren sehr intensiv mit Abt als extrem starkem Gegner. Ich denke, wir haben alle Zutaten, um gemeinsam erfolgreich zu sein."

Nach 25 Jahren voller Höhenflüge mit Audi beginnt nun auch in der DTM die Lamborghini-Ära. Durch ein Nordschleifen-Projekt sind die Kampfstiere allerdings bestens bekannt.
SSR Performance steht vor dem DTM-Aus
Der große Verlierer dieser Ankündigung ist auf dem Papier SSR Performance. Beide Fahrer gehen den Münchnern parallel verloren. Allerdings scheint die Lage noch viel trüber zu sein. Nach dem Ende des nun ausgelaufenen Dreijahresprogramms soll sich kein neuer Geldgeber aufgetan haben.
Die Lamborghini-Truppe wird der Szene zwar fehlen, aber Stand jetzt wächst das Feld trotzdem ordentlich. Beispielsweise bringt Porsche durch einen dritten Manthey-911 und das Allied-Team neuen Schwung. In Sachen große Namen lieferte die McLaren-Truppe von Dörr dank Timo Glock ordentlich ab, HRT holte mit Ford eine neue Marke auf das Grid.
So wie die bisherige Silly Season für Aufregung sorgte, könnte bis zum Saisonstart am 26./27. April in Oschersleben weiteres Spektakuläres auf uns zukommen. Nach eher schwierigen Jahren freut sich Deutschlands populärste Serie wieder über einen kleinen Boom.