Als die Fahrer am Donnerstagabend (23.10.) aus der ersten Prüfung in den Sonnenuntergang rollten, waren sich die meisten einig: Das war mal eine Superspecial. Seit über einem Jahrzehnt bemüht sich die Rallye-WM, die Veranstaltung näher zur lokalen Bevölkerung zu bringen, von Buenos Aires bis Athen bauten die Veranstalter Stadtprüfungen in Fußball-Stadien, Hafengeländen oder Gewerbegebieten auf. Doch gegen die Kulisse des Nationalen Kunstmuseums von Barcelona mit seinen Wasserkaskaden und von Menschenmassen gefüllten Treppen, sehen alle bisherigen Bemühungen, einen attraktive Stadtprüfung zu bauen, alt aus.
Mikkelsen legt stark los
Anstatt über Industriebrachen drifteten die Autos entlang des Pavillons, den einst Mies van der Rohe anlässlich der Weltausstellung 1929 entwarf. Auf Naturhängen und Wiesen standen Zehntausende Katalanen, um dem Spektakel beizuwohnen, auch wenn es mit 3,3 Kilometern Länge sportlich eher von nebenrangigem Wert war.
Mit dem größtmöglichen Ernst ging ausgerechnet der Mann an die Auftaktprüfung heran, für den es um nichts mehr geht. WM-Rang drei hat Andreas Mikkelsen nahezu sicher, der Titel liegt in weiter Ferne. Also versucht der Youngster im dritten Werks-Polo in Spanien trotz des voll entbrannten Titelkampfes seinen ersten WM-Sieg zu erobern. Schon im Shakedown am Morgen nahm der Norweger seine Schotterreifen hart ran, um die weichen Profilblöcke ordentlich abzuschrubben. Denn die Asphalt-Prüfung in der katalanischen Hauptstadt mussten die Piloten mit Schotter-Setup bestreiten, da die folgende erste Etappe am Freitag über sechs unbefestigte Strecken führt.
Mikkelsens Taktik ging vorerst auf. Bestzeit in 3:39,1 Minuten, 1,8 Sekunden schneller als Tabellenführer Sébastien Ogier auf Rang zwei. Thierry Neuville untermauerte im Hyundai schon als Schnellster im Shakedown, dass er gedenkt, keine Statistenrolle im VW-Schauspiel zu übernehmen. Der Belgier steuerte seinen i20 WRC mit 2,9 Sekunden Rückstand auf Rang drei.
Ford bleibt blass
WM-Verfolger Jari-Matti Latvala hatte sich schon im Shakedown vornehm zurückgehalten und begnügte sich mit Platz vier und 3,1 Sekunden Rückstand. Der Finne mag Superspecial-Prüfungen nicht besonders und spekuliert, am Freitag hinter Straßenfeger Ogier deutlich mehr Zeit zu gewinnen.
Den guten Hyundai-Auftritt zum Auftakt rundete Spaniens Hoffnung Dani Sordo mit Platz fünf ab, auch Team-Junior Hayden Paddon schaffte es in die Top Ten. Die auf Asphalt sonst so starken Citroën mussten sich mit den Rängen sechs (Kris Meeke) und sieben (Mads Östberg) begnügen.
Eher bescheiden fiel der Auftritt der Ford-Truppe aus. Mikko Hirvonen war als Achter mit 5,9 Sekunden noch der Schnellste vor Privatfahrer Martin Prokop. Robert Kubica war in seinem Fiesta lediglich Elfter vor Nachwuchshoffnung Elfyn Evans. Die vom englischen M-Sport-Team vorbereiteten Ford stellenüber alle Klassen ohnehin rund die Hälfte des Starterfeldes von 60 Autos. Insofern ist es rein statistisch keine Überraschung, dass es auch ein Ford war, der als Erstes auf Abwege geriet. Ausgerechnet Showman Ken Block rumpelte schon in Kurve eins in die Streckenbegrenzung. "Die Reifen waren kälter, als ich erwartet habe“, sagte der Amerikaner kleinlaut.