ATS? Autokenner wissen, dass sich hinter diesem Kürzel ein renommierter Felgenhersteller verbirgt. Aber nur echte Experten kennen den gleichnamigen Sportwagenhersteller, der in den Sechzigerjahren zwei Modelle herstellte und sich kurzzeitig sogar in der Formel 1 engagierte (das Team, das zwischen 1977 und 1984 in der Königsklasse startete, war wiederum mit der Felgenfirma verbandelt). Seit 2012 existiert in Italien wieder ein Kleinserienhersteller namens ATS, der bisher einige exklusive Straßenautos präsentiert und sich nun auch wieder auf die Rennstrecke traut. Mit dem neuen RR Turbo, der zumindest optisch mit dem Straßensportler ATS GT verwandt ist.
Honda-Zweiliter-Turbo mit 600 PS
Der Bolide entspricht den ACI Sport- und FIA-Normen und kann international in den gängigen Challenge- und GT-Meisterschaften – inklusive VLN – eingesetzt werden. Es handelt sich um einen waschechten Mittelmotor-Racer, dessen Zweiliter-Turbomotor von Honda stammt. Allerdings hat ATS Corsa dem Vierzylinder eine intensive Sonderbehandlung gegönnt. Neu und maßgeschneidert sind die geschmiedeten Kolben, der Zylinderkopf, Ansaug- und Abgaskrümmer, der Garrett-Lader und die Motorelektronik.

So entwickelt der Motor mit Trockensumpfschmierung bis zu 600 PS bei 8.500 Umdrehungen und maximal 530 Newtonmeter zwischen 4.000 und 7.000 Touren. Die Kraft wird über ein elektrohydraulisches, sequenzielles Sechs-Gang-Getriebe samt Wippenschaltung auf die Hinterräder übertragen, während ein Sperrdifferenzial und eine Traktionskontrolle dafür sorgen, dass möglichst wenig davon verlorengeht. Motor und Getriebe sind übrigens in einem gemeinsamen Gehäuse untergebracht, von dem sich auch die Radaufhängungen, Dämpfer, die Aufnahmen für den Heckflügel und die Edelstahl-Auspuffrohre abzweigen.
Ungewöhnliche technische Lösungen
Die serienmäßige Brembo-Bremsanlage mit Vierkolben-Sätteln und Stahlscheiben (335 Millimeter vorne, 305 Millimeter hinten) kann gegen Aufpreis durch eine Karbon-Keramik-Alternative von Sicom ersetzt werden. Die Scheiben haben dann rundum einen Durchmesser von 350 Millimetern und die Vierkolben-Sättel sind in Monoblock-Bauweise ausgeführt. Die Räder hängen an doppelten Querlenkern mit Pushrod-Fahrwerk, das mit einstellbaren Dämpfern arbeitet. Optional installiert ATS elektronische Dämpfer, die sich vom Cockpit aus verstellen lassen. Die vorne 9,5 x 18 und hinten 10,5 x 18 Zoll großen Aluminiumfelgen sind mit Michelin-Reifen ummantelt.

Ungewöhnlich ist auch das Chassis des ATS Corsa RR Turbo. Dabei handelt es sich aus einem Spaceframe aus Chrom-Molybdän-Rohren, die im Zentrum zu einem Wannenkern verschweißt sind und dadurch eine Art Monocoque darstellen. Die ganze Konstruktion wiegt dem Hersteller zufolge nur 40 Kilogramm. Hinzu kommt ein Überrollkäfig mit FIA-Zulassung. Die Leichtbau-Verbundwerkstoff-Karosserie mit Lufthutze auf dem Dach ist auch aus reinem Karbon erhältlich. Der Unterboden besteht grundsätzlich aus Kohlefaser-Waben. So gelingt es, den 4,70 Meter langen, 1,90 Meter breiten und 1,03 Meter hohen RR Turbo bei einem Trockengewicht von 780 Kilogramm zu halten. Den XXL-Heckflügel bietet ATS serienmäßig in einer einteiligen Aluminium-Ausführung oder als Karbon-Variante mit zwei oder drei Elementen an.
Ab Frühjahr 2020 für 110.000 Euro netto erhältlich
Im Innenraum sollen auch große Rennfahrer genug Platz vorfinden. Hier herrschen natürlich ebenfalls die aktuellen FIA-Standards: Sitz, Gurt und Feuerlöscher sind vom Rennsport-Weltverband homologiert. Außerdem gibt es einen zentral angeordneten Touchscreen mit Data-Logging-System und Telemetrie-Verarbeitung. Außerdem lassen sich mit Kameras Rennstreckenfahrten aufzeichnen und auch live übertragen. Das Nardi-Lenkrad mit Schnellverschluss sitzt auf einer Aluminium-Lenkstange.
Angesichts des Gebotenen scheint der Grundpreis von 110.000 Euro zuzüglich länderspezifischer Steuern sehr fair angesetzt zu sein. Ab Frühjahr 2020 sollen die ersten Exemplare ausgeliefert werden.