Bei Traditionsmarken wie Mercedes ist es ja so, dass bei jedem Modellwechsel der gerade abgelöste Typ als der letzte echte verklärt wird und dem neuen Skepsis entgegenweht. Nicht so 2007 beim Erscheinen der C-Klasse vom Typ W204.
Karosserie: Rostfrei bis aufs Rückgrat
Hatte deren Vorgänger W203 doch bewiesen, dass die Stuttgarter aus den ab Mitte der 90er aufgetauchten Rostproblemen nichts gelernt und nach dem W202 den nächsten Schnellroster auf die Räder gestellt hatten. Deshalb wurde der 204er fast sehnsüchtig erwartet, und – so viel sei verraten – er enttäuschte die anspruchsvolle Kundschaft nicht. Zumindest, was sichtbare Roststellen betrifft. Die für W202, 203, 210 usw. typischen Sprühdosen-Ausbesserungen der Türunterkanten, Radlaufbögen und Kotflügelspitzen sind bis heute jedenfalls nicht zu beobachten.
Dafür birgt diese C-Klasse ein anderes, ganz erhebliches Rostrisiko, nicht im, sondern unter ihrem soliden Blechkleid! Der Träger der Hinterachse besteht aus gepressten Stahlblechprofilen, und ist von einer soliden Pulverbeschichtung überzogen. Die Krux: Zwischen Stahl und Schutzschicht kann Feuchtigkeit und Schmutz eindringen, und die Substanz bis zum völligen Verschwinden zerfressen. Unter der formstabilen Pulverbeschichtung (sieht aus wie eine dicke Lackschicht) geschieht das im Verborgenen. Mercedes ist sich der Ernstheit der Lage bewusst, und tauscht die Träger auf Kulanz. Hiermit wären wir beim ersten und wichtigsten Prüfpunkt beim Gebrauchtcheck.

Das Auto in diesem ist davon nicht betroffen, der Lack des C 200 CDI aus dem Autohus in Bockel ist makellos. Nur knapp 106.000 Kilometer hat die obsidianschwarze Limousine in knapp neun Jahren zurückgelegt; die Kombination des kleinen Diesels mit der sportlichen Avantgarde-Ausstattung und der Siebengangautomatik verrät eine gewisse Extravaganz des Erstbesitzers. Beim Fahren kommt immer noch Neuwagen-Feeling auf. 14.990 Euro soll die gepflegte Limousine kosten. Aber nur für Gewerbekunden, nicht für private Käufer.
Warum, erklärt Autohus-Verkäuferin Jette Kregel: "Das Auto ist leider zu alt; trotz des guten Zustands spielt unser Garantieversicherer da nicht mit." Schade. Kurz nach den Fotoaufnahmen war der 200er aber sowieso schon verkauft. Und weil sicher nicht alle C-Klassen derart gut erhalten sind, kann es nicht schaden, das Blech nach Steinschlägen und daraus resultierenden Roststellen abzusuchen. Zumal Mercedes selbst zwei Service-Aktionen inszenierte, weil vermutlich der für die Abdichtraupen zuständige Roboter streikte: einmal an den Kanten der Radlaufbögen, einmal am Kofferraumboden.
Innenraum: Großes im Kleinen
Im Format liegt die C-Klasse zwischen dem noch BMW-klassisch auf Taille geschnittenen 3er E90 und dem dem äußerst geräumigen Passat. Fahren also nur große mit, ist das Raumangebot ist ausreichend, aber nicht üppig. Ein normalgroßes Elternpaar mit zwei Kindern fühlt sich aber luftig und geräumig aufgehoben. Der Kofferraum fasst bei der Limousine 475 und beim T-Modell 485 bis 1.500 Liter.
Ähnlich wie die Außenhülle ist auch das Interieur der C-Klasse geprägt von Kanten. Vor der Modellpflege 2011 wirkte das zum Teil noch prägnanter, weil die serienmäßigen Farbbildschirme von Radio und Navi unter Klappdeckeln (bei Comand elektrisch) verborgen waren. Auch waren einige Materialien noch eher von alter Mercedes-Marnier, als dass sie an die piekfeinen Premiumoberflächen der neueren C-Generationen erinnerten. Klingt umständlich, fällt aber im Alltag nicht allzu sehr auf. Grundsätzlich bietet der W204 viel mehr als sein Vorgänger – und auch anders als seine Nachfolger – dieses heimelige Mercedes-Gefühl, welches sich mit jeder neuen Zahl in der Hunderttausenderstelle im Kilometerzähler nur verstärkt. Alles wirkt haltbar wie Granit.

Nach der Lobhudelei nun noch ein nachträglicher Rüffel: Schon die 203er C-Klasse aus dem Debütjahr 2000 besaß serienmäßig ein pixeliges, aber informatives Zentraldisplay im Tacho, welches im 4:3-Format über Bordcomputerwerte, Audioquelle, Navihinweise oder Einstellungsmenüs Aufschluss gab. Mit dem 204 beschränkte man sich anfangs serienmäßig auf eine einzelige Minianzeige, die bis auf Kilometer und Spritverbraucht nur wenig Aussagekraft besitzt. Zugegeben, das war bei BMW mindestens genauso lang der Fall, und optional gab es (wie im Fotoauto) den großen Bordcomputer – aber ein störender Rückschritt war es doch. Diese Exemplare sind übrigens an den zwei (statt vier) Tasten auf der linken oberen Lenkradspeiche und am merkwürdig leer aussehenden Kombiinstrument erkennbar.
Motoren: Teils empfindliche Benziner, dauerhaltbare Diesel
Berechtigte Kritik an den Motoren beginnt meist beim meistverkauften Motor, der schon aus dem Vorgänger bekannte Benziner M271. Er ist die Vierzylinder-Basismotorisierung des 204, üblicherweise mit 1,8 Litern Hubraum, selbst wenn am Heck C 200 steht – im C 180 BlueEfficiency aber auch als 1600er zu finden. Grob gesagt, plagen diesen Motor vier Problemzonen: Die einreihige Steuerkette ist nicht mit dem ewigen Leben gesegnet, reißt zudem noch die Zahnräder der Nockenwellen mit ins Verderben, wenn mit dem Wechsel zu lange gewartet wird. Das Problem: Wenn die Antriebskette verschleißt, bekommen die Kettenräder spitze Zähne. Das sieht man jedoch nicht. Oft bemerkt man diesen Verschleiß daher erst mit dem Aufleuchten der gelben Kontrolllampe.

Nächster Punkt sind die beiden Versteller der Nockenwellen. Die sitzen als runde Töpfe stirnseitig am Zylinderkopf und verschleißen mit der Zeit, erkennbar an unrundem Leerlauf und – im Endstadium – auch an der Motorlampe. Der Austausch ist simpel, im Zubehör kostet ein Verstellmagnet ab 40 Euro. Die nächste Baustelle ist dessen Steuerungskabel. Das kann im Originalzustand Motoröl durchlassen, das entlang der Adern bis ins Motorsteuergerät kriecht und dieses zerstört. Daher sollten an diesen Motoren unbedingt spezielle Ölstoppkabel nachgerüstet werden.
Etwas komplizierter ist die Prüfung des Kompressors. Der besitzt einen kleinen Ölvorrat zur Schmierung der beiden Zahnräder in seinem Innern. Mercedes spricht von einer Lebensdauerfüllung. Nur scheint sich diese zu verflüchtigen, denn Eigner, die nach mehr als 100.000 Kilometern den Ölstand prüfen wollten, fanden mitunter nur noch Reste vor. Es kann also nicht schaden, dort mal nachzusehen, sofern nicht schon fiepende Geräusche den baldigen Exitus ankündigen. Oder sich für ein Modell ab Ende 2009 zu entscheiden, da wurde auf Turbolader umgestellt.
Das klingt jedoch dramatischer, als es ist. Sofern die genannten Punkte beachtet werden, laufen die Vierzylinder unterm Strich nämlich weitgehend problemlos – erst recht, wenn die Schwachpunkte präventiv angegangen werden. Ist vielleicht ein Diesel die bessere Wahl? Jain, und das nicht nur wegen der Umweltzonen-Problematik. Denn die besten Selbstzünder im 204 sind auch die ältesten, der Oelmotor (OM) 646 kam nur bis Mitte 2009 zum Einsatz. Das war noch ein Mercedes-Diesel vom alten Schlag, unüberhörbar, beim Kaltstart müde wie ein Bär nach dem Winterschlaf, mit seiner Duplex-Steuerkette dafür unzerstörbar. Er wurde ab Ende 2008 häppchenweise abgelöst vom OM 651, bei dessen Entwicklung Verbrauch, Abgase und natürlich der Preis Priorität hatten. Die Steuerkette ist hier nur noch einreihig, verläuft außerdem an der Rückseite des Motors. Prompt meldeten sich die treuesten Dieselkunden, die Taxifahrer, weil die schmale Kette im Droschkeneinsatz mit seinen hohen Leerlaufanteilen zügig verschliss. Immerhin hat Mercedes vorgesorgt: Im Gegensatz zu BMW lässt sich die Kette bei eingebautem Motor wechseln, weil eine Zahnradkaskade die Drehung der Kurbelwelle bis auf halbe Motorhöhe überträgt. Erst ab da übernimmt die Kette, die überdies ein Schloss hat und daher nur durchgezogen wird. Die Zeitvorgabe für diese Reparatur liegt bei 2,8 Stunden. Sind allerdings beide Führungen verschlissen, muss das Getriebe abgesenkt werden, was ungefähr drei weitere Stunden in Anspruch nimmt.
Bliebe als Alternative der V6-Diesel OM642. Der stemmt ab 2011 in seiner letzten Ausbaustufe 620 Newtonmeter – und damit genauso viel wie der stärkste AMG-V8, ist aber auch ebenso rar. Probleme sind selten, typisch nur Undichtigkeiten in der Ladeluftstrecke, gelegentlich wird es dem Lader im heißen V auch zu warm. Ebenfalls im Zylindertal sitzt hier der Ölkühler, der bis 2012 einen Dichtring besitzt, der bei rund 200.000 Kilometern inkontinent wird. Das verrippte Zylindertal läuft voll Öl, welches erst beim ausschwappen für Flecken am Boden sorgt. Leider ist der kleine Doppel-O-Ring ein Pfennigartikel, dessen Tausch ins knapp Vierstellige geht, weil die ganze obere Motorperipherie demontiert werden muss.
Ebenso beliebt sind die Sechszylinder-Benziner. Bis zur Modellpflege 2011 war dies der M272 mit 2,5, 3,0 oder 3,5 Litern Hubraum. Der läuft weitgehend problemlos, frühere Probleme mit einem zu eilig verschleißenden Antriebsrad der Ausgleichswelle waren bis zum Anlauf des W204 bereits behoben. Mit der Modellpflege erfolgte die endgültige Umstellung auf den M276, der nur noch als 3,5-Liter mit 306 PS zum Einsatz kam; die schwächeren Varianten ersetzte ab 2009 ein stärker aufgeladener M 271 mit 204 PS.
Getriebe: Alles problemlos, mit 7G-Tronic etwas agiler
Bliebe noch zu klären, wie die Kraft an die Räder gelangt. Hinterradantrieb ist klar, Allrad gibt es nur in homöopathischen Dosen. Wer unbedingt will, findet sicher auch eine C-Klasse mit Handschaltung. Doch meistens übernimmt eine Automatik diese Tätigkeit. Die ältere hat fünf Gänge, kommt grob überschlagen bei den Vierzylindern bis zur Modellpflege zum Einsatz, wo die 7G-Tronic übernimmt, die bereits ab Modellstart mit den Sechszylindern verfügbar war. Probleme mit den Automaten sind selten, allerdings ist für den Fünfgang kein Ölwechsel vorgesehen. Keine gute Idee, wie man heute weiß, weshalb ein Getriebeölwechsel nach spätestens 100.000 Kilometern zu empfehlen ist. Dann läuft die C-Klasse der Baureihe 204 so rost- und reibungslos, wie es die Kunden zu Recht von ihrer Traditionsmarke erwarten.

Fahrwerk: C fährt wie E
Die Fahrwerkstechnik ist im positiven Sinne evolutionär. Die stammte anfangs weitgehend unverändert aus dem W 203, ist teilweise sogar rückwärtskompatibel. Beispiel Fahrwerk: An der Vorderachse des 203 verwendete Mercedes Zugstreben mit ölgefüllten Hydrolagern, die Vibrationen besonders gut absorbieren, aber leider eine arg begrenzte Lebensdauer besitzen. Im 204 stellte man die Streben auf simples Vollgummi um, die auch in das ältere Modell passen, allerdings ein etwas harscheres Abrollen bewirken. Im Vergleich mit einem gleich alten Dreier-BMW ist die C-Klasse aber immer noch eine Sänfte.

Andere Fahrwerkschwächen wurden vom Vorgänger übernommen. Wie die Gummilagerung des hinteren Achskörpers, die nach höheren Laufleistungen irgendwann aufgibt und diesen dann lautstark an der Karosserie anklopfen lässt. Mercedes-typisch sind auch nachgebende Motorlager, besonders bei den Dieseln. Im Endstadium erzeugen diese ein nervtötendes Dröhnen ab mittleren Drehzahlen; sensiblere Naturen registrieren schon lange vorher einen deutlichen Ruck beim Abstellen des Motors. Unser Tipp: Wenn die Motorlager erneuert werden, immer auch die Getriebeaufhängung sowie – zwecks Minimierung von Elektronikstörungen – das Massekabel in diesem Bereich ersetzen!
Mängel: Vieles ist Kleinkram
Zu den klassischen Mercedes-Mängeln gehören weiterhin defekte Hardyscheiben der Kardanwelle. Kleine Risse sind unbedenklich, doch bei Deformationen ist ein Tausch ratsam. Und bei der Gelegenheit sollte man auch mal am Mittellager der Kardanwelle wackeln. Das kann Spiel bekommen; zudem kann sich dessen Gummilagerung ebenfalls nach einigen Jahren in Wohlgefallen auflösen.

Das hört sich zwar alles gravierend an, muss aber auch in Relation gesetzt werden zu den oft sehr hohen Laufleistungen, die solche Fahrzeuge erreichen. Schließlich fiel das Debüt des W 204 in eine Zeit, als bei anderen, kaum preiswerteren Marken die aufwendig zu wechselnden Steuerketten des Motors nur etwa halb so lang hielten wie ein Satz Reifen.
Preise: Die Menge macht's
Der einstige Bestseller ist noch immer leicht zu finden. Legt man Wert auf einen Kilometerstand unter 200.000 und mindestens sechs Monate gültige HU, stehen in Deutschland rund 3300 Fahrzeuge zur Wahl. Diesel und Benziner halten sich etwa die Waage, allerdings erfüllen die Motoren bestenfalls Euro 5 – Umweltzonen sind für CDI also tabu!
Die C-Klasse der 204er-Baureihe hat vergleichsweise günstige Typklassen. Beim C-180-Kompressor sind das 16/18/18 (HP/TK/VK), selbst der starke C 350 kostet mit 16/20/20 nur wenig mehr.
Ordentliche Basis-Modelle vom C-180-Kompressor mit rund 100.000 km starten aktuell bei etwa 8500 Euro; gepflegte Ersthand-C-200-Kompressor nach Facelift mit weniger als 50.000 km gibt es aber kaum unter 15.000 Euro.
Mercedes C 220 CDI BlueEFFICIENCY | Mercedes C 200 BlueEFFICIENCY Avantgarde | |
Grundpreis | 38.526 € | 39.347 € |
Außenmaße | 4590 x 1770 x 1406 mm | 4591 x 1770 x 1444 mm |
Kofferraumvolumen | 450 l | 475 l |
Hubraum / Motor | 2143 cm³ / 4-Zylinder | 1796 cm³ / 4-Zylinder |
Leistung | 125 kW / 170 PS bei 3000 U/min | 135 kW / 184 PS bei 5250 U/min |
Höchstgeschwindigkeit | 232 km/h | 235 km/h |
Verbrauch | 4,4 l/100 km | 6,4 l/100 km |