Die größte Begeisterung verursachen ja oft die kleinsten Details. Nie vergisst du, welches dein erstes Auto mit elektrischen Fensterhebern war. Welches das erste mit Zentralverriegelung oder gar Kurbel-Glasschiebehebedach, um dieses arg außer Mode geratene Wort mal wieder vorzukramen. Hier hätten wir nun an solchen Details anzubieten: eine Schlaufe, ein Fächlein mit Klappe und eine blinkende Leiste. Die gehören zu Ford Focus Turnier, Kia Ceed SW und Seat Leon ST, die hier als Turbobenziner um 150 PS mit Doppelkupplungsgetriebe antreten und außerdem einpacken können. Nämlich alles, was das echte Leben mit sich bringt. Auf geht’s.
Ford Focus Turnier: Der Hyper-Active

Bei Ford verzagen sie ein wenig an der eigenen Kundschaft. 98 Prozent der Turnier-Käufer, so informiert die Presseabteilung, wüssten gar nicht, wie viele clevere Variabilitätstricks die Entwickler dem Kombi von Beginn an einkonstruiert hätten. Daher habe man die Neuerungen in diesem Bereich nun durch Erklärhinweise kenntlich gemacht. So lässt sich das Gepäckraumrollo mittels einer Schlaufe einfach herausnehmen, um es anschließend unter dem Ladeboden zu versenken. Der lässt sich hochkant arretieren, was die Aufteilung des Gepäckabteils in zwei Bereiche ermöglicht – einer versehen mit einer wasserfesten, herausnehmbaren Wanne. Den ganzen Laderaum bis hin zu den fernentriegelbar klappenden Rücksitzlehnen, so Ford weiter, verkleide zudem ein Teppich von ausgeprägter Reinigungsfreundlichkeit.
Jedes dieser Details mag erst klein erscheinen im Vergleich zu dem nun optional angebotenen Matrix-LED-Licht oder dem neu aufgestellten Infotainment samt modernisierter Sprachbedienung und großem, gut strukturiertem Touchscreen, auf den auch die Klimaregelung ausgelagert ist. Doch im Alltag zählt die optimierte Variabilität zu den erheblichsten Verbesserungen am Focus.
Den schickt Ford zum ersten Test als hochgetakelten Active, der dem Fahrer neben einem Auftritt sachter Verwegenheit eine sieben Zentimeter höhere Sitzposition einbringt. Als weiteren Vorzug dieser Version mag man den bequemen Einstieg nennen. Der weitere Fahrmodus für rutschigen Untergrund reicht schon in den Bereich der Gaukelei. Und die Fahrwerksabstimmung des Active mit erhöhtem Schwerpunkt bringt den Focus weiterhin aus der Balance.

Ja, weiterhin, daran hat die Modellpflege nichts geändert. Noch immer kommt das komfortable Set-up selbst mit groben Unebenheiten bestens zurecht, aber nicht mit dem Tempo der Lenkung mit. Die ist präzise und rückmeldungseifrig wie in den tieferen Focus-Modellen, spricht aber auch ebenso spitz an, überstürzt gar. Das bringt den Active mit seinem weicheren Set-up und hochgerückten Schwerpunkt ins Straucheln. Mit deutlicher Seitenneigung kurvt er in Biegungen, gibt sich da dem Untersteuern hin. Womit alles noch halb so wild wäre. Doch auf Lastwechsel dreht er mit dem Heck ein. Was im strafferen Normal-Focus in sachterer Ausprägung selbst eine banale Landstraßentour zu einem Vergnügen steigert, kippt hier ins Unbehagliche. Das ESP greift schon bei zartem Tempo ein, da den Reifen der Grip ausgeht. Denen fehlt es auch beim Bremsen an Biss: Mit bis zu 6,4 m längeren Verzögerungswegen aus 130 km/h als beim Kia bremst der Ford sich beim Rennen um den Sieg selbst aus.
Umso schader (gibt es diesen Ausdruck? Wenn nicht, brauchen wir ihn jetzt), weil der Focus sonst so ein angenehmer Kombi ist. Zum guten Komfort tragen neben der beflissenen Federung das bequeme Sitzmobiliar vorn wie hinten, das weiträumige Platzangebot und das niedrige Geräuschniveau bei. Obwohl ein Dreizylinder und 999 Kubik klein, bringt der Motor neben 155 PS, 190 Nm und quirliger Drehfreude gute Manieren mit. Ford doppelverkuppelt den per integriertem Riemenstarter mildhybridisierten Turbobenziner mit einer Siebengangbox. Die schaltet weich und eilfertig in die höheren Übersetzungen, was meist passt. Wenn aber mal nicht, lässt sich das muntere Treiben des Getriebes weder durch eine manuelle Gasse noch durch Schaltpaddel beeinflussen, sondern einzig über einen sensiblen/entschlossenen Gasfuß oder die L-Stellung des Wählhebels. Von etwa 1982 an hatten wir nicht mehr an ein Wiedersehen mit der Low-Stufe zu hoffen gewagt, bis sie bei Ford in Puma und Mustang Mach-E unverhofft wieder auftauchte. Zwar kann der Motor trotz mildem Hybridboost den Focus nicht zum dringlichsten Temperament treiben, doch zur zweitbesten Effizienz – mit 7,1 l/100 km im Test und 5,2 l auf der Eco-Runde liegt er knapp über dem Leon mit noch komplexerer Antriebskombination. Knapp zurück liegt der Focus am Ende. Was nicht heißt, dass es nicht doch einen Überraschungssieger geben könnte.
Ceed gut aus für Kia

Das müsste ja dann, meinen Sie, der Ceed sein? Schauen wir mal. Bei der Modellpflege im letzten Jahr brachte Kia die Assistenz auf einen höheren Stand mit aktiver Spur- und Tempoführung, Spurwechselassistent mit Bremseingriff und Ausstiegswarner. Zwar reagieren diese Systeme mitunter etwas voreilig und sensibel. Doch gehen Hinterhertrödeln und Ignoranz ja auch nicht einher mit dem Sinn von Sicherheitsvorrichtungen.
Schließlich gibt es ein aufgemöbeltes Infotainment mit 10,25-Zoll-Splitscreen. Das lässt sich wie alles am Ceed leicht bedienen – mit eingängiger Tippstruktur da und so richtig richtigen Tasten dort. Das ist umso besser, reden Fahrer und Sprachassistenz doch öfter aneinander vorbei.
Nun ein paar Worte zur Variabilität: Es klappt die Rücksitzlehne dreiteilig und fernentriegelt. Für Laderollo und Trennnetz gibt es eigene Separees in Fächern unter dem Ladeboden. Auch gut: Der Ceed packt das meiste Gepäck weg. Nicht so gut: die geringe Zuladung. Eigentlich gut: das Platzangebot trotz des knapperen Fonds, aber immerhin schafft er das auf den kürzesten Außenmaßen.

Bemerkenswertere Ausmaße, damit biegen wir ab zu den Fahreigenschaften, nimmt das Handling des Ceed nicht an. Den Einschränkungen im Komfort, die das straffe Fahrwerk mit sich bringt, steht ein, tja, nettes Handling gegenüber. Klar kriegt er die Kurve, mit ordentlicher Präzision und unaufdringlicher Rückmeldung in der Lenkung. Bei zu viel Eile schubbert er in ein Untersteuern, aus dem er sich auch mit Lastwechseln nicht reißen lässt. So mag er nicht wie ein Hochleistungskombi fahren, aber – viel wichtiger – er bremst wie einer. Mit über 11 m/s² stoppt er auf dem Niveau eines Audi S6 Avant.
Dessen Eiligkeits-Niveau bleibt dem Kia mit dem 160 PS starken Turbobenziner versagt. Den unhybridisierten 1500er verbandelt Kia mit dem fugenlos, aber nicht übereifrig arbeitenden Siebengang-Doppelkuppler zu einer Kombination angemessenen Temperaments und akzeptabler Sparfertigkeit (7,4 l/100 km im Test).
So ist der Ceed selbst in Wertungen, in denen er nicht stark ist, bei Weitem nicht schwach, fällt – gibt er die Führung mal ab – nie weit zurück. Er gewinnt mit der besten Kostenbilanz. Was keinen mehr überrascht als einen Gewohnheitssieger.
Wird das für Seat Leon hart?

Damit Auftritt Leon ST – dem nun die Siegesgewissheit abgeht. Dass sich das erst am Ende und wegen der höheren Kosten und knapperen Garantien ergibt, macht es nicht besser, schließlich ist Seat eher im Preis-Leistungs- als im Premium-Betrieb tätig – und im Fall des Leon ja mit Erfolg. Der erklärt sich durch das Raumangebot, mit dessen Üppigkeit der Spanier den Ceed deutlich, den Focus erkennbar übertrifft. Dazu räumen sie ihn sorgsam ein, mit bequemen Sitzen, soliden Materialien und dem gut aufgelegten, allerdings nicht ganz so umfangreichen Assistenz-Ensemble. Der Star dabei: der Ausstiegswarner, bei dem die Lichtleiste in der Türverkleidung aufblinkt, öffnet man die Tür, wenn sich ein Auto von hinten nähert.
Doch in vielem haben die Rivalen nachgelegt und somit aufge- oder überholt. Vor allem organisieren Ceed/ Focus die Bedienung schon immer/nun viel besser, als es dem Leon über das VW-Konzernsystem gelingt. Das ist noch immer so vertrackt aufgebaut, dass man sich bald fragt, ob Unvermögen, Trotz oder Ignoranz der Grund ist, es nicht zu verbessern.
Allerbestens jedoch bleibt das Fahren selbst. Als FR kommt der Leon an sich mit Sportfahrwerk. Doch im Testwagen kümmert sich das Fahrwerk mit Adaptivdämpfern um beflissenen Komfort – dazu lässt sich im Individual-Menü die Dämpferkennlinie über die Pole "Sport" und "Comfort" hinaus noch härter und weicher konfigurieren. Im Comfort-Modus spricht der Leon herber auf Unebenheiten an als der Ford, federt lange Wellen aber ohne Nachschwingen aus und hat die Karosseriebewegungen stramm unter Kontrolle.
So muss man nicht mal in den harscheren Sport-Modus schalten für Vergnüglichkeit auf der Landstraße. Da steuert den Leon seine variabel übersetzte, nicht allzu rückmeldungspenible Progressivlenkung präzise durch Kurven, in denen er sich länger als die anderen das Untersteuern von den Vorderrädern hält. Und aus denen er mit der per Bremseingriff simulierten Quersperre trittfester herausbeschleunigt – mit der Kraft seines 1,5-Liter-Turbobenziners, dem ein 48-Volt-Mildhybridsystem assistiert. Das bringt dem Leon neben den eifrigsten Fahrleistungen und dem günstigsten Verbrauch (6,9 l/100 km) auch eine ziemliche Unruhe ein.

Denn all das muss erst mal passend orchestriert werden: die Abschaltung der Zylinder zwei und drei bei sachter Last oder gar des ganzen Motors, kurz nachdem das Siebenganggetriebe sich in den Leerlauf doppelverkuppelt hat. Wobei die Steuerung oft auch gleich wieder eine Möglichkeit zum Rekuperieren erkannt haben will – also wieder Gang rein und per Energie-Zurückgewinnung verzögern. Vor allem in der Stadt strengt das Hin und Her an, da man nie wissen kann, ob der Leon bergabwärts frei rollt oder motorbremst oder ihm der Sinn erst nach dem einen, dann nach dem anderen oder erst nach dem anderen, dann wieder nach dem einen steht. Etwas mehr Entschlossenheit könnten zudem die Bremsen aufbringen, die ja schon gut verzögern, aber eben nicht so hervorragend wie jene des Ceed.
Ein paar Meter, etwas Unruh’, eine Handvoll Euro – Kleinigkeiten kosten den Seat den Sieg und bringen ihn dem Kia ein. Aber der Ceed hat, worauf es ankommt: bis ins Detail.
Seat Leon ST 1.5 eTSI FR | Ford Focus Turnier Active 1.0 EcoBoost Hybrid Active X | Kia Ceed SW 1.5 T-GDI GT-Line | |
Grundpreis | 36.820 € | 38.800 € | 34.990 € |
Außenmaße | 4642 x 1799 x 1475 mm | 4693 x 1844 x 1536 mm | 4605 x 1800 x 1460 mm |
Kofferraumvolumen | 620 bis 1600 l | 635 bis 1653 l | 625 bis 1694 l |
Hubraum / Motor | 1498 cm³ / 4-Zylinder | 999 cm³ / 3-Zylinder | 1482 cm³ / 4-Zylinder |
Leistung | 110 kW / 150 PS bei 5000 U/min | 114 kW / 155 PS bei 6000 U/min | 103 kW / 140 PS bei 5500 U/min |
Höchstgeschwindigkeit | 218 km/h | 202 km/h | 197 km/h |
0-100 km/h | 8,9 s | 9,2 s | 9,0 s |
Verbrauch | 4,9 l/100 km | 5,4 l/100 km | 5,8 l/100 km |
Testverbrauch | 6,9 l/100 km | 7,1 l/100 km | 7,4 l/100 km |