Seat Leon III im Gebrauchtwagen-Check

Seat Leon III im Gebrauchtwagen-Check
Benziner bevorzugt

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Seat Leon III, Exterieur
Foto: Motorpresse

„Sagen wir es mal so“, beginnt Meister Wünsch diplomatisch, „der Seat Leon war zwar von Anfang an feuriger und optisch aufregender als sein Bruder, der VW Golf – aber leider nicht ganz so zuverlässig.“ Oha, das fängt heute ja gut an. Dabei strahlt der vier Jahre alte Leon so wunderbar gepflegt. „Moment“, schiebt der Meister nach, „ich muss da noch was ergänzen: Die erwähnten Problemchen des Leon bezogen sich vornehmlich auf die erste Generation, also auf die Modelle zwischen 1999 und 2005. Danach wurde es deutlich besser.“

Nach diesen Worten umrundet er den heutigen Testkandidaten mit langsamen Schritten, fährt hier und da mit den Fingern über die Bleche und Spaltmaße und sagt zufrieden: „Auf den ersten Blick steht dieses Exemplar gut da.“

Nutzen wir diesen Moment und werfen einen kurzen Blick auf die Karriere des Leon.

Enge Verwandtschaft zum VW Golf

Wie erwähnt, wurde der kompakte Seat Ende der 1990er-Jahre geboren – und zwar auf Basis des VW Golf (vierte Generation). Diese Beziehung besteht bis heute fort: So nutzt die aktuelle Generation (seit November 2012 auf dem Markt) den Modularen Querbaukasten des VW-Konzerns, auf dem unter anderem VW Golf VII, der Audi A3 und Skoda Octavia aufbauen. Natürlich stammen auch die Motoren und Getriebe sowie die meisten Extras aus dem Hochregal von Volkswagen.

Seat Leon III, Exterieur
Dino Eisele

Während der erste Leon noch etwas brav daherkam, legte der kompakte Fünftürer seit Erscheinen der zweiten Generation (ab 2005) an Profil zu. Neben einer eigenen Designsprache brachte das aktuelle Modell auch neue Varianten mit: Zweitürer (SC) und Kombi (ST). Für Gebrauchtwagenkäufer noch wichtiger: Bei der Hauptuntersuchung finden die Prüfer seit 2005 weniger Mängel am Leon als zuvor.

Das kann auch Meister Wünsch bestätigen, wobei er seine eigene Meinung zu diesem Baukastensystem hat: „Es ist grundsätzlich wunderbar und höchst effizient, auch in der Werkstatt. Da läuft es meistens unter dem Motto ‚Kennst du einen, kennst du alle‘ ab. Was am Ende ja auch den Kunden zugutekommt, denn so sind wir schneller bei der Fehlersuche. Die Kehrseite dieses Prinzips liegt jedoch auch auf der Hand: Sobald sich Fehler einschleichen – oder getrickst wird –, sind alle Modelle betroffen, die sich aus dem einen großen Regal bedienen.“

Der Meister spielt nicht nur auf den Dieselskandal an, sondern auch auf Probleme mit bestimmten TSI-Benzinern früher Baujahre, bei denen Steuerketten ausleiern konnten, was im schlimmsten Fall einen kapitalen Motorschaden zur Folge hatte. VW hat einige Jahre gebraucht, um die Qualität der betroffenen Teile in den Griff zu bekommen – ab den Baujahren 2012/2013 tritt es nur noch selten auf.

Meister Wünsch hat inzwischen routiniert alle Spaltmaße überprüft, die Frontscheibe und Scheinwerfer nach Steinschlägen abgesucht – und schaut nun zufrieden, was nur eins bedeuten kann: Er hat nix zu meckern.

Der 1,4-Liter-Benziner ist leise und kräftig

„Bereit für eine Probefahrt?“, ruft er vom Fahrersitz aus. Kurz darauf schubst der Anlasser den 1,4-Liter großen Vierzylinder in einen runden Leerlauf, der im Innenraum kaum hörbar ist. „Der läuft ja schön leise“, bemerkt der Meister und lässt die Kupplung langsam kommen. Kurz nach dem Ortsausgang hat der Turbobenziner bereits Betriebstemperatur, und aus dem Gebläse strömt warme Luft. „Heizung und Thermostat funktionieren“, murmelt Wünsch, drückt das Gaspedal kräftig durch – und staunt nicht schlecht, wie motiviert die 140 PS zur Sache kommen.

„Der Vorteil des Turbos: Er verhilft dem Motor zu deutlich mehr Drehmoment – wenn es gebraucht wird“, erklärt der Fachmann. Im konkreten Fall sind es maximal 250 Newtonmeter, die zwischen 1.500 und 3.000 Umdrehungen zur Verfügung stehen. „Also schon kurz über Standgas“, ergänzt der Meister und rollt mit dem Leon vor die Hebebühne.

„Genauso überzeugend war es damals bei den ersten TDI-Motoren, die den Diesel salonfähig gemacht haben“, erinnert sich der Meister und erzählt, wie er immer mehr davon in der Werkstatt hatte. Anfangs gingen noch ein paar Turbos kaputt, später wechselte seine Mannschaft hauptsächlich Öl und Filter. Heute verstopfen vor allem die Rußpartikelfilter. „All die Technik, um die Diesel sauber zu bekommen – da ist es mit so einem Benziner deutlich einfacher“, lautet sein pragmatisches Fazit.

Rost gibt’s an diesem Unterboden nicht

Dann widmet er sich wieder dem Leon, dessen Lenkung, Schaltung und Bremsen auf der Probefahrt tadellos funktioniert haben. „Schön knackig abgestimmt, dieser Seat“, resümiert er und lässt den Fünftürer auf der Hebebühne nach oben schweben. Auf halber Höhe wirft er wie immer einen Blick auf die Bremsbeläge, kontrolliert die Radlager und kann auch hier keinen Verschleiß entdecken.

Der Unterboden schaut wie geleckt aus, keine Spur von Rost oder vergammelten Bremsleitungen. Auch die Aufhängungen der Vorderachse sind einwandfrei in Schuss, die Fahrwerksfedern weder vorn noch hinten gebrochen. Die Bremssättel der Hinterachse beleuchtet Meister Wünsch ganz genau: Hier kann die Betätigung der Handbremse festgammeln, was die Funktion beeinträchtigt – das ist bei diesem Modell aber nicht der Fall.

Seat Leon III, Exterieur
Motorpresse

Nachdem der Meister auch Kat und Auspuff und alle dazugehörigen Aufhängungen inspiziert hat, zeigt er auf die Achsträger: „Schon erstaunlich, dass sich hier nach vier Jahren noch nicht einmal Flugrost gebildet hat. Normalerweise werden die Teile nur sehr dünn mit Lack geschützt. Daher braucht es nur ein paar Winter, bis sich das Streusalz durchgefressen hat und die Achsen rosten lässt. Bei diesem Modell ist das noch nicht passiert, vermutlich fuhr der Vorbesitzer im Winter nur selten“, sagt der Meister und kommt zu einem klaren Ergebnis: „Dieser Leon wird seinem neuen Besitzer viel Freude bereiten. Optisch und technisch hält der Wagen keine unangenehmen Überraschungen bereit. Bei dem Baujahr sollte auch die Steuerkette ein Autoleben lang halten.“ Klingt vielversprechend.

Während Meister Wünsch den Seat wieder auf die Erde holt, werfen wir noch einen Blick auf die Gebrauchtwagenpreise. Diesel sind gebraucht immer noch deutlich teurer. Wer die gängigen Börsen im Internet durchsucht, findet vier Jahre alte Leon mit 140 PS starken TSI- Motoren, guter Ausstattung und mit rund 60.000 Kilometern auf der Uhr ab 13.500 Euro, vom Händler, inklusive Garantie.

Gleich starke Dieselversionen aus dem Baujahr 2014 mit ähnlichen Laufleistungen kosten mindestens 2.000 Euro mehr. Angesichts der aktuellen Schadstoff- und Fahrverbotsdiskussion in Großstädten sollte der Kauf eines solchen Diesel jedoch gründlich überlegt sein – denn er lohnt sich meist nicht.