Alfa Romeo Giulietta als Gebrauchtwagen im Check

Alfa Romeo Giulietta im Gebrauchtwagen-Check
Zickige Diva oder Traumfrau?

Alfa Romro Giulietta, Gebrauchtwagen-Check, asv1117
Foto: Dani Heyne

„Das ist ja mal eine willkommene Abwechslung“, ruft Meister Wünsch, als er den heutigen Gebrauchtwagen- Kandidaten entdeckt. Scusa, der Mann meint natürlich diese Bella Donna. Diese schöne und hierzulande seltene Lady aus dem Hause Alfa Romeo.

Wie lange die Giulietta bereits Dienst schiebt? Da muss selbst der Meister grübeln. Im Frühjahr 2010 war es – als Alfa sie auf dem Genfer Salon ins Rampenlicht schob. Und damit offiziell das Ende des 147 verkündete. Damals atmeten vermutlich nicht wenige TÜV-Prüfer erleichtert auf in der Hoffnung, der Nachfolger würde sich nicht so viele Schwächen leisten wie sein Vorgänger.

Tradition: Mehr als nur ein Kühlergrill

Zurück zu Meister Wünsch, der gerade vor der markanten Front in die Knie gegangen ist und ehrfürchtig das Scudetto tätschelt – die Rede ist vom markanten Alfa- Kühlergrill, der übersetzt „Schildchen“ heißt. „Ein zeitloses Schmuckstück“, resümiert der Meister, zückt die Taschenlampe und leuchtet durch die Wabenmaske die dahinter platzierten Kühler an. „Wollen wir doch mal sehen, wie es hinter der schmucken Nase aussieht.“ Damit ist er bereits voll in seinem Element, schließlich sind Steinschläge an Ladeluftkühlern keine Seltenheit. Aber ziemlich sicher eine teure Angelegenheit. Vor allem wenn Rollsplitt auf den Straßen landet, sterben die Kühler durch aufgewirbelte Steine.

Alfa Romro Giulietta, Gebrauchtwagen-Check, asv1117
Dani Heyne

„Hier ist alles dicht“, sagt Meister Wünsch nach genauer Prüfung, um sich danach die Spaltmaße zwischen der Motorhaube, den Kotflügeln und der vorderen Stoßstange vorzunehmen. Sind hier Unregelmäßigkeiten zu erkennen, liegt der Verdacht nahe, dass das Auto einen Unfallschaden hatte, der schlecht instand gesetzt wurde. Bei diesem ist das nicht der Fall. Auch die Scheinwerfer sind nicht von innen beschlagen – was ein Indiz für Undichtigkeiten wäre.

„Das Design kann sich echt noch sehen lassen“, lobt Meister Wünsch, als er den Alfa umrundet. „Dagegen wirken Golf, Astra und Focus von damals langweilig“, schiebt er nach, als er vor dem Heck der Giulietta steht.

Rost? An einem so jungen Alfa?

Am Emblem macht ihn etwas stutzig: „Seht ihr die rotbraune Kante hier, direkt am Alfa-Logo des Heckdeckels? Das ist der Vorbote von Rost, der sich unter dem Zeichen eingenistet hat.“ Dann drückt er den Fingernagel des Daumens vorsichtig am Alfa- Logo entlang und entfernt so den rotbraunen Schleier. „Noch ist es nicht schlimm, vermutlich fehlt an den Kanten des Ausschnittes etwas Farbe. Wenn man es neu versiegelt, kann sich die braune Pest nicht ausbreiten. Lässt man es so, wird sich der Rost über die Heckklappe hermachen.“

Das ist der einzige optische Mangel, den Meister Wünsch finden kann. Entsprechend wohlgelaunt rutscht er auf den Ledersitz und aktiviert den Heckscheibenwischer. Warum? „Wir hatten mal eine Giulietta in der Werkstatt, da waren die Kabel der Heckklappe gebrochen, Scheibenwischer und Heckschloss hatten daraufhin keine Funktion mehr. Ist an und für sich keine große Sache, dauert aber ein wenig, um die Kabel zu ersetzen. Und sollte längst kein Thema mehr sein.“

Alle Giulietta-Motoren haben einen Turbolader

Bei der Probefahrt summt Meister Wünsch vergnügt, was zum einen an der direkten Lenkung und dem straffen Fahrwerk des Alfa liegt – und zum anderen an dessen 1,4 Liter großem Turbobenziner mit 120 PS. Der Vierzylinder zieht ausreichend kräftig und hält sich akustisch zurück. Im Gegensatz zu den TSI-Motoren von VW besitzt er einen Zahnriemen, der alle 120.000 Kilometer oder sechs Jahre gewechselt werden muss. Probleme macht hin und wieder sein Turbolader, was eine teure Werkstattrechnung nach sich zieht.

Meister Wünsch musste noch keinen Turbo an einer Giulietta tauschen, auch die zickigen Start-Stopp-Systeme und störanfällige Radios kennt er nur von Kollegen – was mit der Seltenheit dieses Modells zu tun hat.

Entsprechend neugierig fährt er den Alfa auf den Bremsenprüfstand. „Wollen wir doch mal sehen, wie stark und gleichmäßig das System zupackt.“ Nach zwei Minuten schaut er zufrieden auf die Anzeige: „Die Bremsen arbeiten einwandfrei.“

Alfa Romro Giulietta, Gebrauchtwagen-Check, asv1117
Hans-Dieter Seufert

Als der Viertürer anschließend auf der Hebebühne nach oben schwebt, checkt Meister Wünsch zuerst die Radlager und Radaufhängungen, prüft dann die Dicke der Bremsbeläge, checkt die Federn auf Bruchstellen und steht am Ende mit der Taschenlampe unter dem Fahrzeugboden: „Rost kann ich nirgends entdecken. Die Achsmanschetten sind noch fit, alle Bremsleitungen in tadellosem Zustand. Seht ihr das flexible Stück hier am Auspuff ...“, er deutet auf ein geflochtenes Drahtrohr, „... auch das sieht aus wie neu.“

Als Letztes checkt Meister Wünsch die hinteren Achsfedern und den Endschalldämpfer – auch hier verdunkelt sich seine Miene nicht. „Optisch und vor allem technisch ist dieses drei Jahre alte Exemplar in gutem Zustand“, lautet sein Fazit.

Höchste Zeit für den Preis-Check

Wer sich im Internet auf die Suche nach einer gebrauchten Giulietta begibt, wird schnell fündig: In den gängigen Börsen parken aktuell über 2.000 dieser Baureihe. Werden die Filter „Turbobenziner mit bis zu 60.000 Kilometern Laufleistung“ und „Erstzulassung ab 2014“ aktiviert, bleiben nur noch rund 500 Fahrzeuge übrig, aus denen gewählt werden kann. Die Angebote starten bei rund 12.000 Euro.

Ob es dafür maximale Leidenschaft gibt? Die Zeichen stehen dafür jedenfalls deutlich besser als beim Vorgänger.

So ist die Marktlage

Aufgrund der übersichtlichen Verkaufszahlen stehen gebrauchte Giulietta nicht an jeder Ecke – aber so ist das ja auch mit Traumfrauen, sie sind eher schwer zu finden. Da das Alfa-Händlernetz nicht ganz so dicht gestrickt ist, hilft das Internet bei der Suche. Die bekannten Gebrauchtwagenbörsen wissen, wo die nächste Giulietta steht.