Klein, flink, bezahlbar – so könnte die Beschreibung des Kia Picanto beginnen. "Ja, genau! Ein idealer Stadtflitzer zum günstigen Kurs", fügt Meister Wünsch hinzu – "so was ist ja mittlerweile auch eher selten geworden. Umso spannender wird es sein, dem Zwerg auf den Zahn zu fühlen. Nicht, dass es eine Mogelpackung ist."
Deswegen sind wir hier und heute im sächsischen Mittweida, mit einem Modell der ersten Generation des Baujahrs 2008. Die rundlichen Scheinwerfer kennzeichnen die Facelift-Version. Der Vorbesitzer hat die bessere der beiden Ausstattungen gewählt (EX). An Bord sind unter anderem: Radio, Klimaanlage, elektrische Fensterheber vorn und hinten sowie Zentralverriegelung mit Funkfernbedienung. Außerdem gibt’s Metalliclack und 15-Zoll-Aluräder dazu.

3.000 Euro? Das geht auch deutlich günstiger
Der Kilometerstand beträgt knapp 50.000 Kilometer, das Scheckheft wurde vorbildlich geführt. Knapp über 3.000 Euro soll dieser Picanto kosten. Angesichts der geringen Laufleistung und der Extras ein akzeptabler Preis – es geht aber auch günstiger. Wer die gängigen Auto- börsen im Internet durchforstet, findet Kia-Picanto-Angebote vor Facelift ab 750 Euro. Dann jedoch mit rund 100.000 Kilometern auf der Uhr und weniger üppiger Ausstattung. "Kommt halt ganz drauf an, was man braucht. Für kurze Wege in der Stadt tut’s sicher auch die ältere Version des Picanto. Zumal sich die Technik nicht verändert hat. Es gibt im Grunde nur einen Motor", erklärt Meister Wünsch und denkt dabei an den 1,1- Liter-Benziner. Ein Sauger, der zwar nur 65 PS leistet, aber mit dem leichten Picanto gut klarkommt. Kia bot kurzzeitig auch einen Dreizylinder-Dieselmotor an, der wurde jedoch nur selten bestellt. "Kein Wunder, passt ja auch nicht zu einem Stadtflitzer."
Während sich unser Checker die Karosserie des Picanto vornimmt, werfen wir einen Blick zurück ins Jahr 2004, als der kleine Kia erstmals bei uns durchstartete. In den Tests wurden damals vor allem sein Raumangebot und die vier serienmäßigen Türen gelobt. Auch beim Fahrwerk und den Bremsen gab’s keine große Kritik. Klar, wir reden hier von einem günstigen Kleinwagen, der weder wie eine S-Klasse federt, noch wie ein Sportwagen durch Kurven huscht. Der Kia macht sein Ding, unaufgeregt, still und leise. Bemängelt wurde jedoch die nicht zeitgemäße Sicherheitsausstattung. Zwar war die gängige Anzahl Airbags an Bord, an den Schleuderschutz ESP hatte Kia jedoch noch nicht gedacht. Das gab’s erst nach dem Facelift – gegen Aufpreis. Kein Wunder also, dass die meisten Gebrauchten nicht darüber verfügen. So wie auch unser diamantblaues Exemplar.

"Zum Glück gibt’s ja nicht nur einen gebrauchten Picanto da draußen", witzelt Meister Wünsch. "Ich würde nach einem Modell mit ESP suchen, Sicherheit geht vor." Mit dem Karosserie-Check ist er fertig – und hat nur ein paar kleine Kratzer gefunden. "Typische Kampfspuren eines Stadtflitzers."
Während der Kia auf die Hebebühne rollt, kramt Meister Wünsch in der Erinnerung: "Nach unseren Erfahrungen in der Werkstatt ist der Picanto ein solides Kerlchen. Mal ein Auspuff durchgerostet, mal eine Bremse an der Hinterachse fest (Standschaden), mal ein ABS-Ring gebrochen (Materialermüdung). Wenn der Zwerg erst nach vielen Versuchen anspringt, kann bei Modellen vor Facelift die Wegfahrsperre das Problem verursachen. Sie empfängt dann kein Signal und gibt weder Zündung noch Benzinzufuhr frei."
Diese zwei Rückrufe gab es beim Picanto I
Während Meister Wünsch die Bremsen des Picanto unter die Lupe nimmt, schauen wir uns seine Rückruf-Geschichte an. Der erste kam Mitte 2010: Tausch des Tankeinfüllrohrs, da das Material des ab Werk verbauten Teils spröde werden kann. Laut Kia waren davon aber nur rund 100 Fahrzeuge in Deutschland betroffen. Genauere Infos finden die Händler anhand der Fahrzeug-Identnummer heraus. Den zweiten Rückruf gab’s Anfang 2013, der Grund: Feuchtigkeit legte die hinteren Bremssättel lahm, wodurch diese sich nicht mehr richtig lösten. Getauscht wurden nach Sichtprüfung entweder die kompletten Bremssättel oder nur das Handbremsseil. Ob eine der Reparaturen durchgeführt wurde, steht im Serviceheft.

Zurück zu Meister Wünsch, der auf die linke vordere Bremsscheibe zeigt. "Die ist etwas eingelaufen, sollte in den kommenden 10.000 Kilometern gewechselt werden. Die restliche Bremsanlage ist in Ordnung, laut Bremsenprüfstand verzögert der Kia rechts und links stark und gleichmäßig." Auch beim Antrieb erkennt unser Checker keine Schwächen: "Alles trocken, keine Marderbissspuren. Bis auf die Achsträger kann ich auch keine Korrosion erkennen, nur etwas Flugrost." Das deckt sich mit den Erfahrungen in diversen Foren. Demnach stellt Rost am Unterboden des Picanto kein Problem dar. Eher schon an der Abgasanlage. "Das hat auch etwas mit der Qualität der Teile zu tun", wirft Meister Wünsch ein. "Bei so einem Kleinwagen werden oft nur die günstigsten Schalldämpfer bestellt – die halten natürlich auch nicht so lange."
Der Rest der Technik? Die Aufhängung ist nirgends ausgeschlagen, die Stoßdämpfer sind dicht, die Achsmanschetten nicht eingerissen, die Bremsleitungen weisen nur an einer Stelle leichten Flugrost auf, die Reifen haben noch für rund 20.000 Kilometer Profil.
"Alles in allem ein fitter Knirps, dieser Kia Picanto", resümiert Meister Wünsch. Mit etwas Pflege schnurrt er noch eine ganze Weile.