Wer schon weiß, wie es zum Rauswurf von Daniel Abt bei Audi kam, kann die ersten beiden Absätze getrost überspringen. Für alle anderen nochmal die Kurz-Zusammenfassung: Abt fuhr beim fünften Lauf der "Formel E Race at Home Challenge" in Berlin (23. Mai) nicht selbst, sondern ließ Simracing-Profi Lorenz Hörzing unter seinem Namen antreten.
Mit durchschlagendem Erfolg: "Abt" fuhr um den Sieg und landete letztlich auf Platz drei, nachdem er in den vorangegangenen Rennen der virtuellen Formel E nicht in die Nähe der Top 10 gekommen war. Der Schwindel flog, nach Hinweisen der Konkurrenz auf Abts Konkurrenzfähigkeit sowie einem IP-Check, schnell auf. Abt wurde aus der Serie verbannt und musste 10.000 Euro für den guten Zweck spenden. Drei Tage später, am 26. Mai, wurde Werksfahrer Abt von Audi vor die Tür gesetzt.
Abt stark mitgenommen
In einem 15-minütigen Statement, das auf YouTube (Stand: 29.5.) schon rund 750.000 Aufrufe erzielt hat, wirkt der Kemptener, der in seiner Heimatstadt nun übrigens auch um seinen Platz im Stadtrat bangen muss, ehrlich niedergeschlagen. Kurz nach der Aufnahme flüchtete er nach Mallorca, um den Kopf freizubekommen. Man muss nicht einmal Abt-Fan sein, um zu verstehen, wie sehr es den 27-Jährigen mitnimmt, dass er vor vollendete Tatsachen gestellt wurde.
War der Abt-Rausschmiss richtig? Nachvollziehbar ist die Entscheidung sicherlich, aber so alternativlos, wie Audi sie darstellt, genauso sicherlich nicht. Abt gab sofort zu, dass er nicht selbst gefahren war. Ein Geheimnis war es auch nicht, denn in einem seiner Livestreams wurde bereits darüber gesprochen. Verschleiern wollte er die fremde Hilfe ebenso wenig. Die Geldstrafe von der Formel E beglich Abt noch am gleichen Tag, indem er die Spende direkt den "Allgäuer Werkstätten" in Kempten überbrachte.
Audi begründete den Rauswurf damit, dass Abt nicht einfach einen Fehler gemacht, sondern eine "bewusste Entscheidung, gegen die Regeln zu handeln" getroffen hätte. "Integrität, Transparenz und die konsequente Einhaltung geltender Regeln haben für uns bei Audi gerade im Hinblick auf die Vergangenheit oberste Priorität", liest sich das Statement weiter. Offensichtlich wollte man nach Geschichten wie dem Dieselskandal und "Timo, schieb‘ ihn raus" (DTM-Rennen Spielberg 2015) nicht mehr nur Bauernopfer wie bisher.

Saftige Disziplinarstrafe als Alternative
Abt, der maßgeblich zur Bekanntheit der Formel E in Deutschland beigetragen hat, bereut sein Handeln in seinem Statement zutiefst und bezeichnet es als "riesengroßen Fehler". Er habe die Aktion nie nutzen wollen, um selbst besser dazustehen, sondern wollte in der für ihn nicht so wichtigen, aber verpflichtenden virtuellen Formel E eine lustige Geschichte daraus machen.
Im Internet-Sprech nennt sich das "Prank" und verfolgt ein ähnliches Konzept wie die versteckte Kamera. Der große Unterschied: Bei dem TV-Format werden alle wichtigen Leute eingeweiht, damit die Situation nicht eskaliert. Hätte Abt sein Vorgehen mit Audi und der Formel E abgestimmt, am besten auch die Kommentatoren des Livestreams noch mit ins Boot genommen, hätte er ein ähnliches Echo wie jetzt mit deutlich positiverer Note bekommen.
Doch der eigentliche Verlierer ist nicht Abt, sondern Audi. Der Allgäuer wollte im Sommer seinen Helm ohnehin an den Nagel hängen, eine Vertragsverlängerung stand nicht im Raum, genauso wenig ein Wechsel zu einem anderen Formel-E-Team. Dass Audi ihm die Entscheidung über sein Karriereende abnimmt, lässt die Ingolstädter zu Buhmännern werden.
Auch interne Bedenken, dass es einen Shitstorm geben werde, wurden ignoriert. Der Versuch der Schadensbegrenzung endet für Audi nun in der PR-Katastrophe. Die Kommentarspalten überhäufen sich mit Kritik an den – Zitat – "Heuchlern" aus Ingolstadt. Die Alternative wäre gewesen, auch seitens Audi eine saftige Disziplinarstrafe auszusprechen: Spenden, Autos waschen, Sozialstunden – Abt aber zumindest selbst die Entscheidung über sein Karriereende zu überlassen.