Vier Wochen ohne Renn-Action finden beim GP Niederlande (25.8.) endlich ihr Ende! Die Formel 1 startet in Zandvoort in die letzten zehn Rennen der Saison. Max Verstappen jagt bei seinem Heim-Grand-Prix den vierten Erfolg auf dem Dünenkurs in Serie. Seit der Wiederaufnahme in den Kalender gewann der Weltmeister die Ausgaben von 2021 bis 2023. Die Gegenwehr in diesem Jahr dürfte aber größer sein als in den Vorjahren. Verstappen wartet seit dem Spanien-GP auf einen Sieg. McLaren und Mercedes hatten vor der Sommerpause die schnelleren Autos.
Red Bull liegt in der Konstrukteurs-Wertung nur noch 42 Punkte vor McLaren. Die Formschwäche von Verstappens Teamkollegen Sergio Perez bringt Red Bull in Zandvoort unter Zugzwang. McLaren kann sich mit Lando Norris und Oscar Piastri auf seine beiden Fahrer verlassen. In der Fahrer-WM sieht es für Red Bull entspannter aus. Max Verstappen konnte trotz schwächelnder Performance des RB20 satte 78 Punkte Vorsprung auf Norris in die Sommerpause retten.
Trotz dies niederländischen Lieblings lief der Ticket-Verkauf für Zandvoort schleppend. Die hohen Preise schreckten auch die hartgesottenen Verstappen-Fans bisher davon ab, sich die Tribünenplätze an der Nordsee unter den Nagel zu reißen. Es könnte sein, dass viele Fans sich nur ein Ticket für den Rennsonntag kaufen werden. Ein ähnliches Phänomen war bereits dieses Jahr in Silverstone zu beobachten. Das Wetter könnte wie beim Klassiker in England das Zünglein an der Waage sein: An allen drei Tagen ist laut den Meteorologen Niederschlag angekündigt. Am nassesten soll der Qualifying-Samstag werden. Die Höchsttemperatur liegt bei maximal 21 Grad Celsius.
Die Strecke: Circuit Park Zandvoort
Vier Wochen nach dem Klassiker in Spa schlägt der F1-Zirkus nun 300 Kilometer nordwestlich seine Zelte auf. Der Circuit de Zandvoort, der 1948 eröffnet wurde, befindet sich nicht weit von der Hauptstadt Amsterdam entfernt. Mit dem Zug brauchen Besucher nur 30 Minuten in den Urlaubsort an der Nordseeküste.
Der 4,259 Kilometer lange Kurs liegt malerisch in die Dünen eingebettet und hat sich trotz der Modernisierungsarbeiten in den letzten Jahren den Charme einer Old-School-Rennstrecke erhalten. Enge Passagen wechseln sich mit schnellen Kurvenfolgen ab. Man könnte auch sagen: Zunächst geht es langsam los, dann steigert sich das Tempo mit einem schnellen Geschlängel im Mittelteil, hinten heraus wird es eher wieder langsamer.
Grobe Fehler dürfen sich die Piloten nicht erlauben. Die Auslaufzonen sind nicht sehr weiträumig – und sie sind größtenteils nicht geteert, sondern mit Kies oder Gras ausgelegt. Das trifft besonders auf die sehr schnelle Passage zwischen den Kurven 4 und 8 zu. Die Highspeed-Kombination wird mit Geschwindigkeiten weit jenseits der 200-km/h-Marke durchflogen.
Besonders markant ist die Tarzan-Kehre am Ende der Zielgeraden. Dabei handelt es sich um eine 180-Grad-Rechtskurve, die überhöht ist. Vor ihr befindet sich die beste Überholstelle, weil die Fahrer hier aus über 300 km/h abbremsen. Die Sensoren messen Verzögerungswerte von etwa 5 g. Ähnlich hart ist die Bremszone auch vor Kurve 11.
Eine Neigung zwischen 18 und 19 Grad weisen die Hugenholtzbocht (Kurve 3, etwa 110 km/h) und die Zielkurve namens Arie-Luyendijk-Bocht auf, die mit rund 260 km/h genommen wird. Das Gefälle ist dort also etwa doppelt so ausgeprägt wie im Oval von Indianapolis. Hier werden die Reifen extrem gefordert.

Fast Facts
- Streckenlänge: 4,259 Kilometer
- Rundenzahl: 72
- Renndistanz: 306,578 Kilometer
- Anzahl der Kurven: 14 (4 links, 10 rechts)
- Rundenrekord (Rennen): 1:11.097 Minuten (Hamilton, 2021)
- Absoluter Rundenrekord: 1:08.885 Minuten (Verstappen, Q3, 2021)
- Distanz Pole-Position bis zur ersten Bremszone: 164 Meter
- Länge Boxengasse: 236 Meter
- Zeit in der Boxengasse bei Speedlimit: 14 Sekunden
- Vollgas-Anteil (Rundendistanz): 56 Prozent (Rundenzeit: 66 Prozent)
- Top-Speed: 330 km/h
- DRS-Zonen: T10-11, T13-1
- Pirelli-Reifen: C1, C2, C3
- Safety-Car-Wahrscheinlichkeit: 67 Prozent (2/3)
Setup
Vor dem vierten Besuch in Zandvoort sollten die Ingenieure mittlerweile genug Daten gesammelt haben, um die Simulationen zu füttern. Was das Setup angeht, ist wie so oft ein guter Kompromiss gefragt. Mit seinem flüssigen Layout hat Zandvoort von allem etwas zu bieten. Es gibt technisch anspruchsvolle Sequenzen, die mechanischen Grip erfordern – wie etwa die Kurven 3, 11 und 12. Hier braucht es Traktion aus den langsamen Ecken. Die vielen schnellen Kurven verlangen vor allem Abtrieb.
Das spricht in Summe für ein mittleres bis hohes Abtriebs-Niveau. Die Autos müssen auf jeden Fall mit deutlich größeren Flügeln bestückt werden als zuletzt in Spa-Francorchamps. Zu tief dürfen die Autos für die Runden in den Dünen nicht eingestellt sein, weil der Asphalt nicht topfeben ist. Eine fiese Bodenwelle lauert beispielsweise im Bereich von Kurve 6 (Rob-Slotemaker-Bocht).
Was die Reifen angeht, bereiten die hohen Belastungen in den Steilkurven Pirelli etwas Sorgen. Die Gummis müssen relativ hart aufgepumpt werden – auf 25,0 psi vorne bzw. 22,5 psi hinten. Pirelli liefert wie schon im Vorjahr die härtesten Mischungen (C1-C2-C3). Reifenwechsel sind wegen der extrem engen Boxengasse in Zandvoort immer eine heikle Angelegenheit.
Technik-Updates
In der Sommerpause mussten die Fabriken für 14 Tage geschlossen werden. Die zehn Teams durften weder entwickeln noch neue Teile produzieren. Die Vergangenheit hat aber gezeigt, dass die Ingenieure nach der Zwangspause trotzdem regelmäßig größere Pakete an den Start bringen konnten.
Man darf gespannt sein, was uns in Zandvoort an der Technik-Front erwartet. Mit Ankündigungen haben sich die Teams im Vorfeld zurückgehalten. Red-Bull-Sportchef Helmut Marko hat immerhin gegenüber auto motor und sport bestätigt, dass die Truppe aus Milton Keynes beim darauffolgenden Grand Prix in Monza mit neuen Lösungen den RB20 verbessern will.

Max Verstappen siegte 2023 zum dritten Mal in Folge in Zandvoort.
Favoriten
Nimmt man die letzten Rennen als Grundlage, dürften McLaren und Mercedes die Favoriten in Zandvoort sein. McLaren feierte in Budapest einen Doppelsieg, während Mercedes drei der letzten vier Rennen gewann. Doch in den Niederlanden ist mit Max Verstappen und Red Bull immer zu rechnen. Der Weltmeister dürfte beim Heimspiel bis in die Haarspitzen motiviert sein.
Ferrari erwarten wir ein Stück dahinter. Die Italiener haben gegenüber ihrem starken Saisonstart etwas an Performance eingebüßt – beziehungsweise die Konkurrenz hat die Scuderia überholt. Ein Podestplatz sollte für Ferrari unter günstigen Umständen dennoch drin sein.
Nach den vier Top-Teams balgen sich wieder die üblichen Verdächtigen um die restlichen Punkte. Aston Martin und Toro Rosso kämpfen um den Titel "Best of the Rest". Haas hofft in Zandvoort das schlechte Wochenende aus Spa vergessen zu machen. Williams, Alpine und Sauber brauchen für einen Top-Ten-Platz Glück und ein perfektes Wochenende.
Zeitplan GP Niederlande
Der Grand Prix der Niederlande wird erneut im Free-TV bei RTL übertragen. Es ist das vierte von sieben Rennen des Jahres, das der Sender im Rahmen einer Kooperation mit dem Pay-TV-Kanal Sky zeigt. Im Vergleich zu den meisten anderen Europa-Rennen beginnen die Trainings am Freitag und die Sessions am Samstag etwas früher. Rennstart ist aber wie üblich am Sonntag um 15.00 Uhr.