Die Formel 1 verabschiedet sich in Monza traditionell von Europa. Nach dem Vollgas-Klassiker begibt sich der Grand-Prix-Zirkus nach Baku und anschließend auf große Übersee-Tournee. Im Gegensatz zum Vorjahr haben wir aktuell noch eine spannende Rest-Saison vor uns. Lando Norris (McLaren) konnte dank seines Zandvoort-Sieges den Rückstand auf Max Verstappen in der WM auf 70 Punkte verkürzen.
Der Weltmeister in Red-Bull-Diensten hatte bei seinem Heimrennen keine Chance, obwohl er nach dem Start in Führung lag. In der Konstrukteurs-Wertung ist der Vorsprung von Red Bull auf McLaren sogar nur noch auf 30 Zähler zusammengeschmolzen.
Der Highspeed-Tempel im königlichen Park hat seine ganz eigenen Gesetze. Wer ein gutes Auto auf anderen Strecken hat, muss nicht automatisch auch in Monza schnell sein. Der spezielle Charakter zeigt sich auch in der ungewöhnlich hohen Zahl an Überraschungssiegern. Viele werden sich noch gut an die erste Glanzstunde von Sebastian Vettel 2008 erinnern. Aus den letzten Jahren sind vor allem die Erfolge von Pierre Gasly im Alpha Tauri (2020) und Daniel Ricciardo im McLaren (2021) im Gedächtnis geblieben.
Auch das Wetter trägt regelmäßig dazu bei, dass Monza vom gewohnten Trott abweicht. Nach vielen Schauern in Spa-Francorchamps und Zandvoort sagen die letzten Prognosen trockene Bedingungen für das Europa-Finale voraus. Bei Temperaturen bis an die 30°C-Marke droht nun eher eine Hitze- als eine Regenschlacht.
Die Strecke: Autodromo Nazionale di Monza
Die 2024er-Ausgabe markiert das 74. F1-Rennen in der Geschichte in Monza. Auf keiner anderen Rennstrecke trug die Königsklasse des Motorsports so viele Grands Prix aus. 5,793 Kilometer lang, ein Vollgasanteil von rund 85 Prozent gemessen auf die Rundendistanz und Durchschnittsgeschwindigkeiten von über 260 km/h im Qualifying – Monza ist vor allem schnell.
Neben den rund 1.000 PS starken Motoren samt Hybridsystem werden auch die Bremsen stark belastet. Viermal geht es pro Runde aus mehr als 300 km/h in die Eisen. Das ungewöhnliche Layout, das eigentlich nur aus Geraden besteht, die durch drei Kurven und drei Schikanen unterbrochen werden, ist immer wieder ein Garant für Action.
Der Anlauf von der Pole-Position bis zum ersten Bremspunkt ist einer der längsten im Rennkalender. In der Schikane wird es deshalb am Start immer ganz eng. Unfälle sind hier die Regel und nicht die Ausnahme. Selbst nach der ersten Runde wird es in der Rechts-Links-Kombination meist brenzlig, wenn sich zwei Fahrer um die bessere Position streiten. So geschehen 2021, als Max Verstappen seinem Rivalen Lewis Hamilton übers Auto fuhr und beide im Kiesbett strandeten.
Die beiden DRS-Zonen befinden sich auf der Zielgeraden und dem Vollgasstück zwischen Lesmo 2 und der Ascari-Schikane. Die Fans können sich hier jedes Jahr auf heiße Windschattenschlachten freuen. Auch in der Qualifikation ist regelmäßig Teamwork zu beobachten. Wenn sich die eigenen Fahrer gegenseitig ziehen, kann das die entscheidenden Zehntelsekunden bringen.
Seitdem letzten Grand Prix gab es auch einige Umbauten auf dem Traditionskurs. So verpassten die Italiener der Strecke ein neues Asphaltband und frischten die Kerbs auf.

Pirelli bringt wie im Vorjahr die weichsten Reifen nach Monza.
Fast Facts
- Streckenlänge: 5,793 Kilometer
- Rundenzahl: 53
- Renndistanz: 306,720 Kilometer
- Anzahl Kurven: 11 (4 links, 7 rechts)
- Rundenrekord (Rennen): 1:21.046 min (Barrichello, 2004)
- Absoluter Rundenrekord: 1:18.887 (Hamilton, Q3, 2020)
- Distanz Pole-Position bis zur ersten Bremszone: 476 Meter
- Länge Boxengasse: 418 Meter
- Zeit in der Boxengasse bei Speedlimit: 19 Sekunden
- Vollgas-Anteil (Rundendistanz): 84 Prozent (Rundenzeit: 76 Prozent)
- Top-Speed: 341 km/h
- DRS-Zonen: 2 (T7-T8, T11-T1)
- Pirelli-Reifen: C3, C4, C5
- Safety-Car-Wahrscheinlichkeit: 60 Prozent (3/5)
Setup
In Monza zählt fast nur Topspeed. Also braucht es einen leistungsstarken Motor, der am Ende der Geraden anschiebt, und eine windschlüpfige Verkleidung. Die Autos werden mit ultraschmalen Flügeln bestückt, die möglichst wenig Luftwiderstand produzieren. Theoretisch könnten die Rennwagen auch ganz ohne Heckflügel fahren, sagen die Ingenieure. Der Unterboden generiert genügend Anpressdruck.
Ohne den gewohnten Grip wird es für die Piloten in den wenigen Kurven umso schwieriger, die Ideallinie zu treffen. Und in Monza lauern fast überall tiefe Kiesbetten neben der Piste. Neben dem kräftigen Motor zählen vor allem Traktion aus den Schikanen und Bremsstabilität aus hohen Geschwindigkeiten. Das Fahrwerk darf deshalb nicht ganz nach unten geschraubt werden. Ein Auge sollte man immer auch auf das Thema Bouncing werfen.
Wer schnelle Rundenzeiten erzielen will, muss die Randsteine mit in die Linie einbeziehen. Eine gute Fahrzeugbalance ist mitentscheidend, um das Auto in den Schikanen schnell umlegen zu können. Wichtig ist vor allem der Grip auf der Vorderachse. In den rechtwinkligen Kurven neigen die Autos sonst schnell zum Untersteuern. Pirelli bringt wie 2023 die weichste Reifengarnitur nach Monza.
Updates
Wir schreiben das 16. Rennen des Jahres. Die zehn Teams beginnen so langsam ihren Fokus auf die Entwicklung der 2025er-Autos zu verlagern. Allerdings erfordert der Highspeed-Tempel von Monza spezielle Anpassungen. Stichwort Heckflügel. Weil auch Las Vegas im November einen extrem flachen Flügel verlangt, könnten mehr Teams als sonst noch eine neue Low-Downforce-Variante nachlegen.
Red Bull kündigte bereits vor dem Rennen in Zandvoort an, für Monza etwas im Gepäck zu haben. Der RB20 soll wieder berechenbarer werden. In Monza startet ein Entwicklungsprogramm, bei dem das Team zum Teil auf alte Spezifikationen zurückgreifen wird. Speziell im Bereich des Unterbodens soll Hand angelegt werden.
Ein Upgrade gibt es auch an der Strecke. In den letzten Monaten wurde in Monza fleißig asphaltiert. Vor allem im Bereich der ersten Schikane wurde der Belag gewechselt. Man darf gespannt sein, wie die Piloten mit dem neuen Untergrund zurechtkommen und ob die wechselnden Gripverhältnisse auf verschiedenen Abschnitten zu Problemen führen.

In Monza packen die Teams immer die schmalsten Flügel aus, die sie im Sortiment haben.
Favoriten
In Zandvoort war viel Abtrieb gefragt, sieben Tage später werden wieder Mini-Flügel montiert. Wir sind gespannt, ob das etwas am Ergebnis ändert. McLaren will im Schwung bleiben. Das Traditionsteam verfügt über das konstanteste Auto im Feld. Red Bull darf man natürlich nie abschreiben. Gerade auf Strecken mit wenig Abtrieb überzeugte Max Verstappen in den vergangenen Jahren.
Ferrari erwarten wir knapp dahinter. Die Roten waren beim GP Niederlande besser als erwartet. Zudem dürfte der Highspeed-Kurs in Monza dem PS-starken SF-24 schmecken. Außerdem warten die stolzen Italiener seit 2019 auf einen Heimsieg im königlichen Park von Monza. Damals siegte Charles Leclerc.
Die Erfolgswelle von Mercedes brach in Zandvoort zusammen. Das Upgrade aus Spa verwendeten die Silberpfeile in den Niederlanden auch erstmals im Rennen. George Russell sowie Lewis Hamilton kämpften mit hohem Reifenverschleiß und landeten nur auf den Rängen sieben und acht. Wir sind gespannt, ob Zandvoort nur ein Ausrutscher war.
Mit Spannung schaut das Paddock auch auf Andrea Kimi Antonelli. Das Supertalent sitzt im ersten Training für George Russell im Mercedes. Der Italiener wurde erst am Sonntag (25.8.) 18 Jahre alt und hat die besten Karten für das zweite Mercedes-Cockpit in der Formel-1-Saison 2025 neben Russell.
Dahinter tummeln sich mit Aston Martin, Toro Rosso, Haas und Alpine die üblichen Verdächtigen im Kampf um die restlichen Punkte. Zwar konnte Alpine in Zandvoort mit Pierre Gasly punkten, doch die Highspeed-Strecke dürfte dem A524 weniger schmecken.
Williams war in den vergangenen Jahren auf Low-Downforce-Kursen schnell. Das in Zandvoort gebrachte Paket erhält in Monza seine nächste Bewährungschance. Keine Chance mehr erhält Logan Sargeant: Der US-Amerikaner wurde nach seinem heftigen Crash in Zandvoort vor die Tür gesetzt. Franco Colapinto sitzt ab Monza für den Rest der Saison im Williams. Sauber reist als Schlusslicht nach Italien. Punkte dürften nur dank chaotischer Umstände möglich sein.
Zeitplan
RTL überträgt den Grand Prix von Italien erneut im Free-TV. Es ist das fünfte von sieben Rennen in der Saison 2024, das der Sender im Rahmen der Sky-Kooperation ausstrahlen darf.