Drei Rennen ist die neue Formel-1-Saison nun alt. So richtig schlau sind wir aber noch nicht, was das Kräfteverhältnis angeht. Ferrari konnte einen Sprintsieg feiern. McLaren und Red Bull hatten sonntags jeweils die Nase vorne. Mercedes liegt in der Punktewertung aussichtsreich auf Rang zwei. Es kommt immer auf die Tagesform an.
Auch die äußeren Bedingungen hatten Einfluss auf die Konkurrenzfähigkeit. In Melbourne, Shanghai und Suzuka lagen die Temperaturen am Rennsonntag teils deutlich unter der 20°C-Marke. Der Reifenverschleiß spielte keine Rolle. Das verfälscht natürlich das Bild. In Bahrain hoffen nun alle auf konstante Bedingungen, um ein repräsentatives Ergebnis zu bekommen.
Beim Blick auf den Wetterbericht scheint sich diese Hoffnung zu erfüllen. An allen drei Tagen sollen die Temperaturen in der Mittagssonne auf weit über 30°C klettern. Wenn abends das Flutlicht angeht, dürfte sich das Quecksilber stets über der 25°C-Marke halten. Weil Bahrain den ältesten Asphalt im Kalender hat, können die Ingenieure das Thema Reifenverschleiß dieses Mal nicht so einfach ignorieren.
Bei den Wintertests an gleicher Stelle hinterließ McLaren den stärksten Eindruck. Die Papaya-Renner gingen am schonendsten mit den Gummis um. Die meisten Experten haben Norris und Piastri deshalb auch für den Grand Prix auf der Favoritenliste ganz vorne. Die Frage lautet, ob Red Bull in Suzuka nur ein Glückstreffer gelungen ist, oder ob sich Verstappen nachhaltig mit seinem RB21 angefreundet hat.
In Bahrain werden wir auch noch ein paar neue Gesichter sehen. Im Freien Training dürfen gleich fünf Rookies ihr Talent zeigen. Dino Beganovich sitzt für Charles Leclerc im Ferrari, Ryo Hirakawa bekommt den Haas von Oliver Bearman, Luke Browning übernimmt den Williams von Carlos Sainz, Felipe Drugovich übt im Aston Martin von Fernando Alonso und Frederik Vesti gibt im Silberpfeil von George Russell Gas.

Das Qualifying und das Rennen finden in Bahrain unter Flutlicht statt.
Die Strecke: Bahrain International Circuit
Der Wüstenkurs in der Provinz Sakhir ist seit 2004 fast durchgängig im Rennkalender vertreten. Nur 2011 fiel der GP Bahrain politischen Unruhen zum Opfer. Ein Jahr zuvor hatte sich die Formel 1 an einer verlängerten Variante mit insgesamt 6,3 Kilometern probiert, kehrte danach aber wieder auf das alte Layout zurück. 2020 wählte man für den zweiten Teil eines Doppel-Events den nur 3,5 Kilometer kurzen "Outer Track".
Auf der 5,412 Kilometer langen normalen Variante zählen vor allem Traktion, Motorleistung und Bremsstabilität. 75 Prozent der Runde stehen die Fahrer voll auf dem Gas. Gleich vier Mal pro Runde beschleunigen sie auf über 300 km/h. Zwischen den langen Geraden bremsen viele langsame Kurven die Autos ein.
Beschleunigen, Bremsen: Das geht vor allem auf die Hinterreifen. Zumal die Streckenoberfläche eine der rauesten überhaupt ist. Wer ein reifenschonendes Chassis gebaut hat, ist hier im Vorteil. Die Piloten können ebenfalls dabei helfen, über die Fahrweise die Gummis zu schonen.
Das erste und dritte Training finden traditionell am Nachmittag bei Tageslicht statt. Dabei sind Luft- und Streckentemperatur noch relativ hoch. Die Bedingungen sind eigentlich nur im zweiten Freien Training repräsentativ für das Qualifying und das Rennen nach Sonnenuntergang. Hier leuchten 495 Flutlichter die Strecke aus. Mit den tieferen Temperaturen ändert sich das Aufwärm- und Abnutzungsverhalten der Reifen. Ingenieure und Fahrer müssen aufpassen, sich nicht mit dem Setup zu verzetteln.
Bahrain geht besonders auf das Material. Der hohe Vollgasanteil setzt den Motoren zu. Sieben Bremszonen, drei davon von den Ingenieuren als starke Verzögerungsstellen ausgewiesen, treiben auch die F1-Rennwagen an die Belastungsgrenze. Das Getriebe wird ebenfalls überdurchschnittlich hart rangenommen. 58 Mal schaltet der Fahrer pro Runde.
Der feine Sand stellt für die Autos keine größeren Schwierigkeiten dar. Die Strecke wird von der dünnen Schicht, die der Wind aufträgt, relativ schnell freigefahren. Neben der Ideallinie bleibt es aber stets etwas rutschig, was die Jagd nach der perfekten Runde im Qualifying und das Überholen erschwert. Die FIA schreibt wie schon im letzten Jahr drei DRS-Zonen aus.

Pirelli bringt wie in den vergangenen Jahren die Mischungen C1, C2 und C3 nach Bahrain. Es werden mindestens zwei Boxenstopps pro Fahrer erwartet.
Fast Facts zum GP Bahrain
- Streckenlänge: 5,412 km
- Rundenzahl: 57
- Renndistanz: 308,238 km
- Anzahl Kurven: 15 (6 links / 9 rechts)
- Rundenrekord im Rennen: 1:31.447 Min. (Pedro de la Rosa, 2005)
- Absoluter Rundenrekord: 1:27.264 Min. (Lewis Hamilton in Q3, 2020)
- Distanz Pole zur ersten Bremszone: 297 Meter
- Länge Boxengasse: 421 Meter (Zeitverlust bei 80 km/h: ca. 18,8 Sekunden)
- DRS-Zonen: zwischen T15-T1, T3-T4, T10-11
- Safety-Car-Wahrscheinlichkeit: 60 Prozent
- Reifen: C1/C2/C3

Bei den Testfahrten präsentierten sich die Autos relativ standfest.
Das Setup
In Bahrain ist bei der Abstimmung ein guter Kompromiss gefragt. Auf den langen Geraden sollte das Auto möglichst wenig Luftwiderstand aufbauen, was für kleine Flügel spricht. Doch in den 15 Kurven muss vor allem die Hinterachse auf dem Asphalt kleben – beim Anbremsen, Einlenken und Beschleunigen. Zu klein dürfen die Flügel also nicht gewählt sein. Ansonsten verliert man zu viel Zeit im technisch anspruchsvollen Mittelsektor, wo fast die Hälfte der Kurven steckt.
Früher mussten die Bremshutzen wegen der hohen Temperaturen etwas größer ausgelegt werden. Durch die Verlegung der Startzeit in den Abend hat sich die Hitzeproblematik aber deutlich entspannt. Der Asphalt ist zwar nicht mehr ganz so eben wie in den ersten Jahren. Doch im Vergleich zu anderen Strecken gibt es immer noch relativ wenige Bodenwellen.
Um die Traktion aus den langsamen Kurven zu verbessern und den Reifenverschleiß zu begrenzen, ist etwas Federweg auf der Hinterachse zu empfehlen. Mechanischer Grip entscheidet in Bahrain über die Rundenzeit, weil die wenigen schnellen Kurven ohnehin mit Vollgas durchfahren werden.
Da die Asphalttemperaturen vom Start bis zum Ziel um bis zu 20°C fallen können, sind Verschiebungen des Kräfteverhältnisses im Laufe des Rennens möglich, je nachdem, in welches Temperaturfenster das Setup besser passt. Die Ingenieure müssen im ersten und dritten Freien Training bei Tageslicht aufpassen, dass sie sich von den heißeren Temperaturen nicht in die Irre führen lassen. Mit mehr Gummi und weniger Sand verbessert sich der Grip auf der Ideallinie im Laufe des Wochenendes spürbar.
In unserer Galerie zeigen wir noch einmal die Highlights des GP Bahrain 2024.