"Die Formel 1 ist eine Leistungsgesellschaft", hatte Helmut Marko schon in China erklärt und damit ein deutliches Signal an Liam Lawson gesendet. Wer keine Resultate liefert, muss um seinen Platz bangen. Dass der Neuseeländer bei Red Bull aber schon nach zwei Rennen aussortiert wird, kam dann doch etwas überraschend. So schnell hatte vor Lawson noch kein Red-Bull-Pilot sein Cockpit verloren.
Am Donnerstag (27.3.) machten die Verantwortlichen der beiden Formel-1-Teams des Energy-Drink-Herstellers den Wechsel schließlich offiziell. Nach einem schwierigen Saisonstart habe Red Bull entschieden, dass Yuki Tsunoda ab dem Japan-Grand-Prix für Red Bull fahren wird und Liam Lawson für Toro Rosso, erklärten die beiden Rennställe in einem gemeinsamen Statement.
Red Bull bezeichnete die Degradierung Lawsons als "Fahrer-Rotation" innerhalb der vier Cockpits. In Wirklichkeit ist es das Eingeständnis einer Fehlplanung beim Cockpit-Personal, die schon in der vergangenen Saison begann. Den strauchelnden Sergio Perez hatte man ohne Not mit einem langen Vertrag ausgestattet, den man am Ende teuer ausbezahlen musste. Ein qualifizierter Ersatz stand allerdings nicht zur Verfügung.

Für Liam Lawson ist das Abenteuer an der Seite von Max Verstappen früher als geplant beendet.
Lawson mit Aufgabe überfordert
Die Wahl fiel schließlich auf Liam Lawson, der zuvor erst 11 Formel-1-Starts absolviert hatte. Wie sich herausstellte, war der junge Kiwi mit der großen Aufgabe überfordert. "Ich brauche einfach noch Zeit. Aber ich weiß, dass ich diese Zeit hier nicht habe", klagte der 23-Jährige zuletzt in Shanghai, wo er genau wie in Melbourne zuvor ohne Punkte blieb.
"Das war auch für uns schwer anzuschauen, wie Liam mit dem RB21 in den ersten beiden Rennen zu kämpfen hatte", erklärte Teamchef Christian Horner. "Als Ergebnis daraus haben wir gemeinsam die Entscheidung getroffen, einen frühen Wechsel vorzunehmen. Wir sind mit zwei Zielen in die Saison 2025 gegangen: Den Fahrer-Titel zu verteidigen und den Konstrukteurspokal zurückzuholen. Bei dem Wechsel handelt es sich um eine rein sportliche Entscheidung."
Die Frage lautet, ob es mit Yuki Tsunoda wirklich besser wird. Zuletzt scheiterten viele Piloten an der Aufgabe, neben Max Verstappen Leistung und WM-Punkte abzuliefern. Das lag nicht nur an den Fahrern selbst, sondern auch an der besonderen Konstellation. Verstappen besitzt einen extremen Fahrstil, der Schwächen des Autos kaschiert. So ging die technische Entwicklung lange Zeit in eine Richtung, mit der kaum ein anderer Pilot zurechtkommt.

Yuki Tsunoda saß schon beim Abu-Dhabi-Test 2024 im Red Bull.
Hilft Tsunoda die Erfahrung?
"Wir wissen, dass wir mit dem RB21 noch viel Arbeit vor uns haben", gab Horner zu. "Die Erfahrung von Yuki wird aber dabei helfen, das aktuelle Auto weiterzuentwickeln." Der Brite hofft, dass man auch Lawson mit dem Wechsel einen Gefallen tut: "Wir haben die Verantwortung, ihn zu schützen. Nach dem schwierigen Start war es wichtig, schnell zu handeln, damit Liam bei Toro Rosso, einem Team, das er gut kennt, weiter Erfahrung sammeln kann."
Nun sind natürlich alle Experten gespannt, wie sich die Situation beim anstehenden Triple-Header in Suzuka, Bahrain und Jeddah weiterentwickelt. Findet Lawson zu alter Stärke zurück, oder hat die kurze Red-Bull-Episode den Piloten komplett verunsichert? Und natürlich stellt sich die Frage, ob Yuki Tsunoda einigermaßen mit Verstappen mithalten kann. Bei Toro Rosso lag der Honda-Schützling stets auf einem ähnlichen Niveau wie Lawson.
Sein alter Teamchef Laurent Mekies zeigt sich optimistisch, dass der kleine Japaner der großen Aufgabe gewachsen ist: "Wir sind unglaublich stolz auf Yuki, der sich diesen Wechsel zu Red Bull absolut verdient hat. Seinen Fortschritt im letzten Jahr und zum Start in die aktuelle Saison kann man nur als sensationell bezeichnen. Es war für uns alle in Faenza und Milton Keynes ein Privileg, diesen Fortschritt aus der Nähe mitzuverfolgen."

Die vielen Probleme bei Red Bull dürften dem Selbstvertrauen von Liam Lawson einige Kratzer verschafft haben.
Findet Lawson zurück in die Spur?
Bei Lawson müssen die Toro-Rosso-Verantwortlichen nun erst einmal Aufbauarbeit leisten: "Wir freuen uns, wieder mit Liam zusammenzuarbeiten und ihm das bestmögliche Umfeld zu geben, um in unserem Auto zu glänzen", so Mekies. "Er hat letztes Jahr sehr gut bei uns reingepasst und wir können es kaum abwarten, uns selbst herauszufordern, um gemeinsam als Team zu wachsen. Mit dem starken Start von Isack (Hadjar) wissen wir, dass wir ein junges und starkes Fahrerduo haben."
Sollte auch Tsunoda an der Aufgabe scheitern und nicht für die erhofften Punkte sorgen, steht Red Bull ziemlich nackt da. Weitere Piloten mit Formel-1-Erfahrung befinden sich nicht im eigenen Kader. Um das Problem endgültig zu lösen, müsste man dann schon neues Personal von der Konkurrenz abwerben. Doch wer setzt sich schon freiwillig auf den Schleudersitz?