Formel-1-Comeback: Toyota kooperiert mit Haas

Toyota wird Technik-Partner von Haas
Formel-1-Einstieg durch die Hintertür?

Für Haas läuft es gut in diesem Jahr. Mit 31 Punkten liegt der US-Rennstall derzeit auf Rang sieben der Konstrukteurs-WM. Der sechste Platz ist für den Rennstall, der vor einem Jahr noch Letzter war, in Sichtweite. Und es kommt noch besser: Haas verbündet sich ab sofort mit Toyota. Die Technik-Partnerschaft mit dem größten Automobilhersteller der Welt bedeutet für das jüngste Team der Königsklasse einen wichtigen Schritt hin zu mehr Unabhängigkeit.

Hochrangige Toyota-Vertreter und Haas-Teamchef Ayao Komatsu verkündeten in Fuji einen Pakt, der aus dem kleinsten Rennstall der Formel 1 in ein paar Jahren einen wichtigen Player machen könnte. Sichtbares Zeichen der Zusammenarbeit ist das Sponsoring auf den Autos. Haas wird schon in Austin mit Toyota-Logos unterwegs sein.

Es ist eine Partnerschaft, von der beide Parteien profitieren sollen. "Wir haben das gleiche Ziel und ergänzen uns in unseren Stärken und unseren Schwächen. Das geht nur mit gegenseitigem Vertrauen. Toyota hat die Ressourcen, die Werkzeuge und die Leute. Wir haben das Formel-1-Know-how", beschreibt Komatsu den Pakt von David und Goliath.

Die Gespräche liefen bereits seit Anfang des Jahres. Toyota-Gazoo-Projektleiter Kaji Masaya räumt ein, dass man auch mit anderen Teams gesprochen habe, dass Haas aber die beste Option war. Das gilt auch umgekehrt: "Der Effekt wird noch nicht morgen sichtbar sein, aber doch sehr viel schneller als wenn wir alles selbst gemacht hätten", sagt Komatsu.

Toyota Windkanal - Köln - TMG
Toyota

Start mit Toyota-Frontflügel

Das Joint Venture beginnt zunächst einmal ganz bescheiden, ist aber dynamisch und auf mehrere Jahre ausgelegt. Toyota Gazoo Racing mit seiner Motorsportfabrik in Köln wird unter anderem Teile für die Haas-Autos produzieren. Am Beginn steht eine Lehrphase. Das erste Testobjekt ist der Nachbau des neuen Frontflügels, der in Austin debütiert. An ihm wollen Haas und Toyota festmachen, wo man in Bezug auf Qualität und Produktionsgeschwindigkeit im Vergleich zu Dallara steht.

Der japanische Hersteller muss nach 15 Jahren Formel-1-Abstinenz auch erst wieder Erfahrung mit den technischen Anforderungen der Königsklasse sammeln. Gerade im Bereich biegsamer Flügel hat sich in den letzten Jahren viel getan. Stück für Stück sollen in Köln mehr Komponenten gefertigt werden. Idealerweise kommt Mitte 2025 der Großteil der Komponenten aus Köln. Der Bau des Chassis verbleibt bis auf Weiteres bei Dallara. Ein Transfer des größten Bauteils zu Toyota ist frühestens 2026 möglich. Haas will Dallara aber nicht aufs Abstellgleis schieben, wie der Teamchef erklärt: "Dallara war vom ersten Tag an Bord. Wir werden mit ihnen und Toyota absprechen, wer welche Teile baut."

Die Zusammenarbeit der beiden ungleichen Partner dehnt sich noch auf andere Bereiche aus. So soll Toyota Gazoo Racing auch Unterstützung beim Design und Simulationen bereitstellen. Haas kann in absehbarer Zeit CFD-Software, Prüfstände und den Simulator in Köln nutzen. Toyota profitiert dabei von der Formel-1-Expertise und den technischen Fähigkeiten seines neuen Partners.

Momentan hat Haas keinen eigenen Simulator. Den von Ferrari nutzen die Amerikaner nur zu Korrelationszwecken mit dem neuen Auto vor der Saison. Mit Hilfe von Toyota kann Haas ab dem nächsten Jahr auch Neuentwicklungen testen und Setup-Arbeit vor und während der GP-Wochenenden betreiben. "Es dauert mindestens eineinhalb Jahre, bis wir einen eigenen Simulator haben und kalibrieren. Dank Toyota können wir das abkürzen."

Auch bei Testfahrten mit zwei Jahre alten Formel-1-Modellen (TPC) öffnet sich für Haas eine Tür, die bis jetzt verschlossen war. Schon nächstes Jahr soll mit Unterstützung von Toyota ein Testteam aufgebaut werden. "Bei 300 Angestellten hast du gar nicht das Personal neben 24 Rennen auch noch zehn TPC-Testtage einzulegen. Mit Toyota können wir das." Für die Kölner Motorsportabteilung ist das eine willkommene Gelegenheit, Renningenieure, Mechaniker und eigene Fahrer auf Formel-1-Niveau zu heben. Toyota will auf diesem Weg seine Nachwuchsfahrer wie zum Beispiel Ryo Hirakawa für höhere Aufgaben ausbilden. Komatsu schließt nicht aus, dass der neue Reservefahrer für 2025 aus dem Toyota-Kader kommt.

Haas & Toyota - Kooperation - Fuji - 2024
Toyota

Teile zum Nulltarif

Parallel dazu plant Haas mittelfristig in eine neue Fabrik umzuziehen, in der mehr Leute Platz finden und Kleinteile für die Tests mit älteren Formel-1-Modellen gefertigt werden können. Die Zusammenarbeit mit Toyota nimmt etwas Druck von diesem Projekt, weil man jetzt einen starken Partner hat, die Zeit bis dahin zu überbrücken.

Für Haas bedeutet die Ehe mit Toyota nicht nur mehr Glaubwürdigkeit, sondern auch bares Geld. Toyota liefert sämtliche Teile und sein Know-how zum Nulltarif und wird so neben MoneyGram zu einem wichtigen Sponsor des Teams. Bei Dallara muss der US-Rennstall nach Listenpreis bezahlen. Beides geht zwar zu dem gleichen Nominalsatz in das Budget ein, doch der Toyota-Service entlastet die eigenen Ausgaben um 20 bis 30 Millionen Dollar, die anderweitig genutzt werden können. Haas hat noch Luft nach oben. Bis jetzt operiert der WM-Siebte noch unter dem Budgetdeckel.

Haas-Teamchef Ayao Komatsu fühlt sich, als hätte sein Team das große Los gezogen: "Ich bin extrem stolz darauf, dass Haas und Toyota Gazoo Racing zu dieser technischen Partnerschaft zusammengefunden haben. Den Weltmarktführer auf dem Automobilsektor an unserer Seite zu haben, wird für beide Parteien von Nutzen sein. Wir profitieren gegenseitig von unserer Expertise. Für uns ist das ein wichtiger Schritt, unser Team noch wettbewerbsfähiger zu machen."

Haas & Toyota - Kooperation - Fuji - 2024
Toyota

Motor bis 2028 von Ferrari

Komatsu bedankt sich auch bei Motorenlieferant Ferrari. Die Italiener hatten den Deal mit Toyota von Anfang an unterstützt. Haas verlängerte seinen Vertrag mit dem Partner aus Maranello erst kürzlich bis 2028. Der schließt den Motor, das Getriebe, die Hydraulik und vorerst auch die Konstruktion des Fahrwerks mit ein. Außerdem wird Haas zunächst weiter den Windkanal von Ferrari nutzen. Komatsu stellt klar. "Die Zusammenarbeit mit Ferrari ist das Fundament dieses Teams. Toyota soll Ferrari nicht ersetzen, sondern uns stärken."

Toyota-Rennchef Tomoya Takahashi verwies noch einmal auf das Win-Win-Geschäft: "Wir bedanken uns bei allen Beteiligten, die Zusammenarbeit unterstützt zu haben. In dieser Partnerschaft können wir Fahrer, Ingenieure und Mechaniker zum beiderseitigen Nutzen ausbilden."

Der Pakt mit Haas ist noch kein direkter Vorbote für einen Werkseinsatz von Toyota in der Formel 1, doch er bietet die Möglichkeit dazu, sich in Zukunft noch stärker zur Formel 1 zu bekennen. Die Japaner haben jetzt einmal den Fuß in der Tür und können das Geschäft von einem Logenplatz aus beobachten. Projektleiter Masaya bremst: "Im Moment gibt es keine Pläne, mit einem eigenen Team in die Formel 1 einzusteigen." Es ist aber auf jeden Fall ein besserer Einstieg als 2002, als Toyota von der grünen Wiese mit riesigem Aufwand ein eigenes Team auf die Beine stellte, das dann grandios scheiterte.

An einen eigenen Motor ist vorerst auch nicht gedacht. Toyota setzt in der Serienentwicklung auf die Energieträger Wasserstoff und Strom, beobachtet aber wie üblich den Markt, um flexibel zu bleiben. Die Formel 1 verschreibt sich ab 2026 den E-Fuels und einer noch stärkeren Hybridisierung des Antriebs.