Da ist McLaren am Donnerstag (13.2.) ein echter Coup gelungen. Kaum einer war darüber informiert, dass sich das Weltmeisterteam in Silverstone eingemietet hatte, um den Shakedown mit dem neuen Auto für die Saison 2025 zu absolvieren. Bei winterlichen Temperaturen und leichter Restfeuchte auf dem Asphalt wurde Lando Norris die Ehre der Jungfernfahrt zuteil.
Ein großes Geheimnis machte der Rennstall nicht aus dem Event. Wenige Minuten nach der ersten Ausfahrt wurden auch schon ein paar Bilder vom Neuwagen verschickt. Natürlich achteten die Ingenieure penibel darauf, dass die Fotos nicht schon früh alle neuen Ideen verraten. Seit dem WM-Titel im Vorjahr hat die Konkurrenz ein noch genaueres Auge auf die Papaya-Renner geworfen.
Mit viel Zoom und ein bisschen Bildbearbeitung konnte man den ersten Fotos dann aber immerhin ein paar Geheimnisse entlocken. So lag der Fokus der McLaren-Techniker vor allem auf den Aufhängungen. Es bleibt zwar weiter beim Grundkonzept aus Pullrod vorne und Pushrod hinten, aber die Anlenkpunkte der einzelnen Elemente haben sich zum Teil deutlich verschoben.
Mechanik-Upgrades dienen der Aerodynamik
Es scheint, als wurde die Vorderachse nun mehr in Richtung einer Anti-Dive-Charakteristik ausgelegt. Das wird vor allem durch den Anlenkpunkt des hinteren Arms des oberen Querlenkers deutlich, der ein gutes Stück nach unten gewandert ist. Damit sollte das Auto in der Theorie beim Bremsen nicht so tief eintauchen und aerodynamisch stabiler bleiben.
Apropos Aerodynamik: Was die äußere Form des Autos angeht, sind keine großen Revolutionen zu erwarten. Die größte Veränderung, die das Bildmaterial enthüllt, betrifft die Kühleinlässe in den Seitenkästen. Ähnlich wie bei Mercedes ragen sie jetzt innen weiter nach unten. Damit saugen Sie verwirbelte Luft an der äußeren Cockpitwand ab, die weiter hinten stören würde.
Auch beim Lufteinlass über dem Fahrer geht McLaren neue Wege. Die Airbox ist jetzt flacher und breiter als früher. Ein Upgrade ist auch bei den vorderen Bremsen zu erkennen. Hier sind die Hutzen etwas rundlicher gestaltet als beim Vorgängermodell. Um die Aerodynamik zu optimieren, wurde auch noch ein vertikales Leitblech neben dem Cockpit platziert, wie man es von anderen Teams schon in der Vorsaison kennt.

Die neu Aufhängung vorne geht mehr in Richtung Anti-Dive. Das hilft vor allem der Aerodynamik.
McLaren MCL39 komplett neu
Eigentlich sollte man davon ausgehen, dass McLaren in der letzten Saison des vierjährigen Reglementzyklus kein großes Risiko eingeht. Das Vorgängermodell präsentierte sich über weite Strecken des letzten Jahres als Maß der Dinge in der Formel 1. Die Gefahr, irgendwo falsch abzubiegen, scheint größer als die Möglichkeit, irgendwo noch einmal große Performance zu finden.
Doch laut Teamchef Andrea Stella ließ sich McLaren von den Gefahren nicht abschrecken. Der Italiener verriet, dass man praktisch jedes Teil neu entwickelt habe. Demnach ist der Entwurf mutiger, als es von außen erscheint. "Das ist ein innovatives Auto. Praktisch jedes grundlegende Element des Layouts wurde erneuert. Dabei ging es nicht nur um Performance-Gewinne, sondern auch um Möglichkeiten für die Weiterentwicklung."
Stella erwartet sowohl bei der Aerodynamik als auch beim mechanischen Grip Fortschritte vom neuen Auto. Der MCL39 soll deutlich effizienter sein und auch einen besseren Reifenverschleiß aufweisen. "Vom Frontflügel bis zum Getriebe und der hinteren Crashstruktur, wurde jedes Teil optimiert. Manchmal nur in kleinen Schritten, manchmal grundlegend."

Aero-Elemente direkt neben dem Cockpit kennen wir aus der Vorsaison schon von anderen Teams, zum Beispiel Ferrari.
Keine Probleme beim Shakedown
Die spannende Frage lautet, wie McLaren die Herausforderung angeht, in diesem Jahr an zwei Autos gleichzeitig zu arbeiten. Mit der großen Regelreform 2026 dürfen die Ingenieure den Absprung in Richtung Zukunft nicht verpassen. "In den ersten Rennen der neuen Saison wird es sicher noch Upgrades für den MCL39 geben", verspricht Stella. "Das läuft genauso, als würde uns der Reglement-Wechsel 2026 gar nicht bevorstehen."
Wie gut das neue Modell funktioniert, zeigen wohl erst die offiziellen Testfahrten in Bahrain. Nach den ersten Shakedown-Runden lässt sich noch nicht sagen, ob das neue Modell an die Erfolge des Vorgängers anknüpfen kann. Die kühlen Temperaturen und die harten Demo-Reifen, die bei den sogenannten Filmtagen vorgeschrieben sind, lassen noch keine genaueren Schlüsse zu. "Ich würde sagen, es hat sich normal angefühlt", erklärte Lando Norris nach den ersten Kilometern.
"Ich sehe das als gutes Zeichen. Wir haben einige innovative Ideen am Auto. Wir mussten einige Probleme in der Entwicklungsphase lösen. Aber die Jungs haben echt einen sehr guten Job abgeliefert, um neue Bereiche auszuforschen und ans Limit zu gehen. Natürlich ist man immer ein bisschen besorgt, dass auf der Strecke nicht alles perfekt funktioniert. Ich denke aber, dass alles so war, wie es sein sollte. Alles hat sich normal angefühlt."