Technik-Analyse: Wie gut sind die Austin-Upgrades?

Enger Vierkampf an der Spitze
Welches Upgrade funktioniert, welches nicht?

Acht von zehn Teams waren mit Technik-Upgrades nach Austin gereist. Nur Ferrari und Williams setzten auf bewährte Technik. Doch auch für sie war der Circuit of the Americas der ultimative Test, ob die neuen Teile, die bereits in Monza und Zandvoort Premiere feierten, auch auf einer Rennstrecke funktionieren, die alles aufbietet, was ein Rennauto können muss: Langsame Kurven, schnelle Kurven, Geraden, sechs Bremszonen und ebenso viele Stellen, an den die Traktion zählt.

Für Red Bull kann sich in Austin die WM entscheiden. Die erste normale Rennstrecke nach einer Serie von Stadtkursen gilt als Gradmesser dafür, ob die Ingenieure mit dem RB20 im Titelkampf mit McLaren noch einmal die Kurve kriegen. Ein neuer Unterboden und im Heckbereich niedrigere Seitenkästen sollten ein Schritt in die richtige Richtung sein. Max Verstappens erste Pole Position seit dem GP Österreich lässt den Titelverteidiger aufatmen.

Sportchef Helmut Marko ordnet die Rückkehr an die Spitze so ein: "Das Auto hat auf Setup-Veränderungen positiv reagiert und ist nicht wie vorher von einem Extrem ins andere gefallen. Max konnte heute wieder attackieren. Wir haben den Trend, der in Baku seinen Anfang nahm, fortgesetzt und einen weiteren guten Schritt in die richtige Richtung gemacht."

George Russell & Lewis Hamilton - Mercedes - GP USA 2024
Motorsport Images

Gelbe Flagge stoppt Hamilton

Trotzdem hätte Red Bull an diesem Tag seinen Meister gefunden. Wenn alles normal gelaufen wäre, dann wären zwei Mercedes aus der ersten Reihe in den Sprint gestartet. George Russell fehlten nur zwölf Tausendstel auf Verstappen, obwohl er im ersten Sektor einen bösen Quersteher hatte und allein dort zwei Zehntel auf den Red Bull verlor.

Lewis Hamilton hätte seinen Silberpfeil mit drei bis vier Zehnteln Vorsprung auf die Pole Position gestellt, wäre ihm in Kurve 12 nicht die gelbe Flagge dazwischengekommen. Sie wurde nach dem Dreher von Franco Colapinto geschwenkt. Hamilton ging vorzeitig vom Gas, und als plötzlich wieder Grün gezeigt wurde, wollte er den Verlust mit einem extraspäten Bremsmanöver kompensieren. Dabei rutschte er leicht neben die Spur.

Die Nummer kostete eine halbe Sekunde. Es reichte nur noch für den siebten Platz. Bitter für den fünffachen Austin-Sieger, dass Mercedes seine Fahrer extra früh auf die Strecke geschickt hatte, um genau solchen Zwischenfällen aus dem Weg zu gehen. Und ausgerechnet dann dreht sich der einzige Fahrer, der noch mit den beiden Mercedes-Piloten auf der Strecke war.

Mercedes - GP USA 2024
ams

Mercedes-Problem gelindert

Lewis Hamilton lobte trotz des Pechs das Upgrade. "Es sieht wirklich so aus, als wäre uns damit ein echter Schritt vorwärts gelungen." Seine Ingenieure waren etwas vorsichtiger. Der Mercedes wäre auf dieser Strecke vermutlich auch in der alten Konfiguration bei der Musik gewesen. "Unser Auto mag schnelle Kurven lieber als 90 Grad-Ecken. Da haben wir generell weniger das Problem, dass uns die Hinterreifen überhitzen", erklärte Chefingenieur Andrew Shovlin.

Und trotzdem haben die neuen Teile etwas bewirkt. Sie helfen den Fahrern in den langsamen Ecken, was Russells Zwischenzeiten in den Sektoren 2 und 3 zeigen. "Unser Problem vorher war, dass wir das Auto nicht richtig in die Kurven reingebracht haben. Die Fahrer mussten am Kurvenausgang mit dem Gaspedal nachhelfen. Das hat die Hinterreifen strapaziert", verrät Shovlin. Seine Hoffnung: "Die neuen Teile helfen uns das Problem zu lindern. Ganz werden wir es aber erst 2025 lösen können."

Max Verstappen - GP USA 2024
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Ferrari bestätigt gute Form

Für McLaren ging der Schuss vorerst nach hinten los, auch wenn die Piloten den Neuentwicklungen nicht die Schuld dafür gaben, dass sie sich mit Balanceproblemen herumschlagen mussten. Man könnte es als gutes Zeichen werten, dass Lando Norris trotzdem nur zwei Zehntel von der Pole Position entfernt lag.

Die bei den letzten Rennen gezeigte Leichtigkeit war dennoch verschwunden. Die neuen Teile sorgen offenbar auch dafür, dass die Ingenieure das Auto anders abstimmen müssen. Und da gibt es Nachholbedarf. Da reichte eine gestrichene Runde, dass Oscar Piastri über die Q1-Hürde stolperte.

Ferrari kennt seinen SF-24 in der aktuellen Konfiguration schon seit drei Rennen. Das könnte sich über das Wochenende als Vorteil herausstellen. Die roten Autos fuhren von Anfang an um die Bestzeit mit. Besonders auf den beiden härteren Pirelli-Mischungen.

"Auf den Soft-Reifen ging uns etwas verloren. Das Auto fühlte sich nicht mehr so gut an", berichtete der drittplatzierte Charles Leclerc. Teamchef Frédéric Vasseur glaubt, dass ein Fehler in Kurve 8 Leclerc die Pole Position gekostet hat. Der Fahrer zweifelt daran. "Die Runde war nicht perfekt. Aber es hätte wohl auch ohne die Fehler nicht gereicht."

Vasseur notierte dennoch zufrieden, dass Ferrari wieder im Geschäft ist: "Wir haben nicht nur auf unseren Paradestrecken gezeigt, dass wir vorne mitfahren können. In Zandvoort fehlten uns auf einer ähnlichen Strecke noch neun Zehntel auf die Pole Position. Hier waren es zwei. Die Sektor-Analyse zeigt, wo jeder seine Stärken und Schwächen hat, und am Ende hebt sich alles gegeneinander auf." Tatsächlich war Hamilton der König in Sektor 1, Russell und Norris in Sektor 2 und Leclerc und Hülkenberg im Schlussabschnitt.

Nico Hülkenberg - GP USA 2024
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Haas mit unterschiedlichen Versionen

Richtig gehört: Haas-Pilot Nico Hülkenberg markierte zeitgleich mit Leclerc die schnellste Sektor-3-Zeit. Insgesamt sprang für den langen Rheinländer der sechste Platz heraus, nur drei Zehntel über Verstappens Pole Position. Und das auch noch auf gebrauchten Soft-Reifen.

Hülkenberg schreibt das noch nicht dem letzten großen Upgrade des Haas VF-24 in dieser Saison zu. "Auf den Medium-Reifen habe ich mich nicht so wohl gefühlt. Da war Kevin mit der alten Version des Autos schneller. Erst als ich die Soft-Reifen drauf hatte, ist unser Auto zum Leben erwacht." Den großen Fortschritt habe er noch nicht gespürt, erzählte Hülkenberg, doch das war auch schon bei früheren Upgrades so. Viele haben erst mit ein bisschen Verspätung gezündet.

Der US-Rennstall bleibt ein ernsthafter Kandidat im Kampf um Platz 6. Aston Martin und Toro Rosso hatten die Haas-Piloten im Griff. Am nächsten kam ihnen noch Williams-Pilot Franco Colapinto. Toro Rosso-Teamchef Laurent Meckies meinte zerknirscht: "Wenn wir es nicht schaffen unser Auto schneller zu machen, haben wir im Kampf mit den Haas keine Chance." Der neue Unterboden brachte auf Anhieb noch nicht den entscheidenden Unterschied. Für Liam Lawson war das SQ2 Endstation. Yuki Tsunoda rutschte noch geradeso in die letzte K.O.-Runde. Ihm fehlten aber schon sieben Zehntel auf Hülkenberg.

Noch schlimmer erwischte es Aston Martin. Trotz neuem Frontflügel, Unterboden und Motorabdeckung blieben Fernando Alonso und Lance Stroll im SQ2 hängen. Nach Aussage der Ingenieure funktionieren die neuen Teile. Sie fanden nur das passende Setup nicht.