Der Ferrari-Sieg im China-Sprint kann uns nicht täuschen. Am Sonntag zeigte McLaren in Shanghai ein weiteres Mal, wer Herr im Haus ist. Der Weg zum Sieg führt nur über die Papaya-Renner. Den Sprint haben sie nur verloren, weil sich beide Fahrer in der Qualifikation zum Mini-Grand Prix Fehler erlaubten und dann mit schlechten Startpositionen bezahlten. Einziger Trost bei der McLaren-Dominanz: Der MCL39 ist schwer zu fahren. Das provoziert Fehler.
Mercedes hat seine Kronprinzen-Rolle in Shanghai mit einem weiteren dritten Platz von George Russell und einer weiteren Punkteplatzierung von Andrea Kimi Antonelli bestätigt. Auf eine Runde ist der Mercedes ein Auto, mit dem man in die erste Startreihe fahren kann. Der ultimative Test wird sein, wenn man auf eine Rennstrecke kommt, die den Hinterreifen fordert.
Ferrari hat mit seinem Sieg im Sprint gezeigt, dass man nicht so schlecht ist, wie man es nach Melbourne vermuten musste. Die Disqualifikationen verspielten allerdings schon wieder einen Teil des Kredits. Red Bull ist weiter ein Team, das von Max Verstappens Fahrkünsten lebt.

Die Toro Rosso waren in Shanghai ein Mal zu oft an der Box.
Toro Rosso verschenkt Punkte
Das Wunder von Shanghai fand im Mittelfeld statt. Haas kam aus dem Nichts. Nach Melbourne musste man sich um den US-Rennstall schon ernste Sorgen machen. Esteban Ocon und Oliver Bearman fehlte mehr als eine halbe Sekunde zum Feld. Das holt man normalerweise nicht auf.
In Shanghai kamen beide Fahrer plötzlich aus eigener Kraft in den Punkterängen ins Ziel. Die Disqualifikationen schenkten Haas dann auch noch 14 Punkte. Die Wunderheilung ist nicht allein mit dem anderen Streckenprofil zu erklären. Haas muss in Melbourne mit dem Setup etwas grundfalsch gemacht haben, um so abzufallen. Das Problem beim Auftakt waren die schnellen Kurven. Die gibt es in Shanghai aber auch.
Das schnellste Auto im Mittelfeld war erneut der Toro Rosso. Und wieder vergeigte Red Bulls B-Team Punkte mit der falschen Strategie. Der zweite Reifenwechsel war unnötig. 15 Fahrer schafften es mit einem Stopp über die Distanz. Williams war nicht ganz so stark wie in Melbourne, aber solide. Aston Martin tat sich schwerer, wurde aber von den Disqualifikationen belohnt.
Sauber überraschte am Samstag mit dem zwölften Startplatz von Nico Hülkenberg, enttäuschte aber am Sonntag. Das Rennen war für beide Fahrer nach individuellen Fehlern praktisch nach einer Runde zu Ende. Alpine ist das einzige Team, das noch keine Punkte auf den Konto hat. Nach dem ordentlichen Einstand in Melbourne war das französische Nationalteam außer Form. Beide Fahrer kamen nicht über das Q1 hinaus.

1. McLaren
McLaren zementierte mit einem Doppelsieg seine Vormachtstellung. Die Plätze zwei und acht im Sprint waren ein Ausrutscher. Die Ingenieure fanden nicht schnell genug eine Lösung, um die Vorderreifen zu schützen. Das provozierte Fehler bei den Fahrern. Was Zak Browns Einschätzung unterstreicht, dass selbst McLaren ein perfektes Wochenende braucht, um am Ende zu gewinnen.

2. Mercedes
Mercedes ist nicht nur in der Punktetabelle die Nummer zwei. Russell hatte den Speed für die Pole Position. Auf eine Runde ist der neue W16 eine Bank. Im Rennen passte auch der Reifenverschleiß. Doch Vorsicht: Shanghai ist eine Strecke, die den Vorderreifen belastet. Das half Mercedes. Die Nagelprobe wartet auf die Silberpfeile dort, wo die Hinterreifen leiden.

3. Ferrari
Hamiltons Sieg im Sprint resultierte auch daraus, dass Ferrari schneller ein gutes Setup fand als die Konkurrenz. Im Rennen verlor Leclerc trotz Frontflügelschaden 23 Sekunden auf den Sieger. Da lag sicher mehr drin. Die Disqualifikationen dürfen Ferrari nicht passieren. Sie zeigen, wie nah am Limit mit dem Gewicht und der Bodenplatte operiert wird. Der Druck muss riesengroß sein.

4. Red Bull
Verstappen lässt den Red Bull glänzen, Lawson lässt ihn schlecht aussehen. Die Wahrheit liegt irgendwo in der Mitte. Der RB21 trägt die gleichen Schwächen in sich wie sein Vorgänger, wenn auch weniger ausgeprägt. Das hilft Red Bull aber nichts, weil sich die Konkurrenz deutlich verbessert hat. Das schmale Arbeitsfenster des RB21 ist auch der Anpassung an Verstappens Fahrstil geschuldet.

5. Toro Rosso
Toro Rosso hatte auf zwei unterschiedlichen Strecken das fünftschnellste Auto. Es ist gut ausbalanciert, kann alle Kurventypen. Viele behaupten, dass der VCARB02 der bessere Red Bull ist. Trotzdem steht Toro Rosso fast mit leeren Händen da. Zum zweiten Mal kostete ein Taktikfehler die Fahrer Punkte. Nur im Sprint bekam Tsunoda seinen Lohn. Da konnte man taktisch auch nicht viel falsch machen.

6. Haas
Von Zero zum Hero: Diese 180 Grad Wende gleicht einem Wunder. In Melbourne musste man für Haas noch das Schlimmste befürchten. Eine Wiederholung der Saison 2023. Eine Woche später fuhren Ocon und Bearman aus eigener Kraft in die Punkte. Das frontlastige Streckenlayout half, doch die Ingenieure haben auch die Fahrzeugabstimmung auf den Kopf gestellt und einen Volltreffer gelandet.

7. Williams
Der neue Williams ist ein Punktekandidat. Auch wenn die blauen Autos in Shanghai weniger glänzen konnten als in Melbourne, waren sie immer noch gut genug für die Top Ten. Albon fährt unter dem Druck von Sainz in der Form seines Lebens. Sainz hat noch Mühe, sich mit seinem Auto anzufreunden. Der Williams hat eine ganz andere DNA als sein letztjähriger Ferrari.

8. Aston Martin
Die zwei Punkte für Stroll waren ein Geschenk der Disqualifikationen. Aston Martin war in Shanghai nur ein Mitläufer. Beide Fahrer flogen im Q2 raus. Im Sprint landeten sie knapp außerhalb der Punkteränge. Weil letztes Jahr die Hinterreifen der wunde Punkt waren, haben sich die Ingenieure offenbar zu viel um diese Baustelle gekümmert. In Shanghai standen aber die Vorderreifen im Fokus.

9. Sauber
Das Rennen war für Sauber nach einer Runde quasi zu Ende. Beide Fahrer machten Bekanntschaft mit dem Kiesbett. Wegen Ersatzteilmangel trat Hülkenberg mit dem alten Frontflügel an. Die Unterböden sind mehrfach geflickt. Deshalb sah Sauber schlechter aus als es das Resultat vermuten lässt. Hülkenbergs zwölfter Startplatz zeigt jedoch, dass Potenzial in dem Auto steckt.

10. Alpine
Wo ist nur die gute Form von den Testfahrten hin? Selbst in Melbourne war Alpine noch passabel. Gasly schaffte es ins Q3 und fuhr bis kurz vor Schluss in den Punkterängen. In Shanghai ging gar nichts. In beiden Qualifikationen war im Q1 Endstation. Dann ging Alpine mit dem Gewicht ins Risiko. Der hohe Reifenverschleiß wegen der unerwarteten Einstopp-Taktik wurde zum Killer. Gaslys Auto war ein Kilogramm zu leicht.